0576 - Der ewige Feind
muß. Wenn es mir gelingt, Boddhyr mit einfacheren Mitteln aus dem Verkehr zu ziehen, würde ich das natürlich vorziehen. Aber ich fürchte, er gibt mir diese Chance nicht. Er trumpft inzwischen zu groß auf. Er will mich vernichten und…«
»Und Sie wollen ihn vernichten«, führte Ted weiter aus. »Nehmen Sie's mir nicht übel, aber Sie gehören beide in psychiatrische Behandlung. Und nun nehme ich Ihr Versprechen wahr, daß ich ungehindert gehen darf, wenn ich will.«
»Was werden Sie jetzt tun? Die Polizei oder das Militär darüber in Kenntnis setzen, daß ich mich hier aufhalte?«
Ted hatte sich erhoben. Er sah Sir John Norton nachdenklich an und nickte ganz bedächtig. »Ja«, sagte er leise. »Ich glaube, das sollte ich tun. Damit dieser Spuk ein Ende findet!«
Auch Norton erhob sich jetzt.
»Sie haben da ein treffendes Wort benutzt«, sagte er. »Spuk… Auch ich wünsche mir, daß dieser Spuk beendet wird. Aber ich fürchte, das liegt nicht bei mir. Mann, was würde ich darum geben, wenn endlich alles vorbei wäre, wenn ich ruhig sterben könnte in der Gewißheit, daß es nicht mehr weitergeht !«
Er sah Ted aus großen, fast flehenden Augen an, in denen ein zugleich kämpferischer wie auch verzweifelter Blick lag.
»Ewigk, es ist schon viel zu lange immer weitergegangen. Es muß ein Ende haben. Und…« Er verstummte jäh.
In seinen Augen blitzte es auf. Von einem Moment zum anderen schnellte er sich empor. Noch vor Ted war er an der Tür des Zimmers und versperrte den Ausgang mit seinem Körper.
Es war verrückt, aber für den Bruchteil einer Sekunde hatte Ted den Eindruck, vor sich einen Mann zu sehen, der einen Ausweg aus seinem ganz persönlichen Dilemma gefunden hatte.
Sir John Norton hielt plötzlich eine Pistole in der Hand, richtete sie auf den Reporter.
»Tut mir leid, Ewigk, aber ich kann mein Versprechen nicht halten und Sie gehen lassen. Wenn Sie diesen Raum verlassen wollen, müssen Sie mich schon - töten!«
***
»Du bist ein Aus erwählter«, sagte Boddhyr. »Du kennst die Unsterblichkeit - ihr kennt sie beide. Ich spüre sie auch in der Frau. Ihr seid Merlins Vasallen, ihr kennt die Macht der Magie. Vielleicht wird es euch deshalb nicht schwerfallen, zu akzeptieren, daß ich seit Jahrtausenden lebe - nicht durchgehend jedoch, ich werde getötet und wiedergeboren, in einem endlosen Rhythmus. Es begann alles im Lande der Uruqui. Ich weiß selbst nicht mehr, wie lange das schon zurückliegt, und auch der Mann, der jetzt John Norton heißt und einst Noron, der Stadtkönig, war, wird es nicht mehr wissen. Seit damals aber sind wir Todfeinde. Wir glaubten, uns gegenseitig besiegt zu haben, aber mein Fluch, den ich über ihn sprach… Niemals hätte ich bedacht, daß er mich selbst so unendlich lange treffen würde. Die Schamanen gaben Noron einst die Unsterblichkeit, aber sie nahmen sie ihm nicht wieder, und auch später ist es mir nie gelungen, noch etwas daran zu ändern. So zwang mich der Fluch, so oft wiedergeboren zu werden, wie auch Noron wiedergeboren wurde, und jedesmal standen wir uns eines Tages als Todfeinde gegenüber. Jetzt wieder… Aber ich will es nicht mehr. Schon lange nicht mehr!«
»Was war der Grund?« fragte Zamorra leise.
Boddhyr lachte.
»Der älteste Grund überhaupt: Macht! Religiöse und magische Macht gegen die weltliche! Er war der König, ich der Schamane. Später veränderten sich die Rollen, aber immer war die Magie auf meiner Seite, nur einmal nicht, als ich bewußt auf ihren Einsatz verzichtete, weil ich glaubte, so dem Teufelskreis zu entfliehen, den ich selbst geschaffen hatte. Doch nicht mal das half. Es geht immer weiter, bis in alle Ewigkeit. Oder bis das Ende der Welt kommt. So will es der Wortlaut des Fluchs.«
»Das Ende der Welt?« stieß Zamorra hervor. »Ist das der Grund, weshalb Sie Menschen unter Ihre Para-Kontrolle nehmen und zum Kampf aufhetzen? Ist das der Grund, aus dem Ihr Widersacher Norton seine Privatarmee aufbaut? Sie wollen die Welt vernichten?«
»Es ist die einzige Chance, die ich noch sehe«, sagte Boddhyr leise. »Wenn die Welt endet, endet auch der ewige Kreislauf der Verdammnis. Vor einem halben Jahrhundert hatte ich Hoffnung. Die Welt brannte in einem gigantischen Krieg. Eine alleszerstörende Waffe wurde entwickelt - die Atombombe! Aber der Krieg endete, und die Atombombe wurde nur zweimal eingesetzt und dann nie wieder. Die Angst der Menschen -oder vielleicht auch ihre Vernunft - ist meine Tragik. Oh, wenn es
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