0577 - Ein Mutant wird gejagt
ihre Wohnung zu verlassen und sich in das Labor zu begeben, wo sie seit einiger Zeit arbeitete, als ihr Videophon summte. Sie fragte sich, wer sie um diese Zeit zu sprechen wünschte. Halb entschlossen, den Anruf zu ignorieren, blieb sie an der Tür stehen. Darin jedoch kehrte sie um und schaltete ihr Gerät auf Empfang.
Zu ihrer Überraschung zeichnete sich das Gesicht des Großadministrators auf dem Bildschirm ab.
„Perry!" rief sie.
„Wie ich sehe, wollen Sie gerade aufbrechen." Er zögerte. „Ich halte Sie von Ihrer Arbeit ab."
„Ich freue mich, daß Sie sich melden", sagte sie und ließ sich vor der Anlage nieder. „Schließlich habe ich im Labor ein gutes Alibi, wenn ich auf dieses Gespräch verweisen kann."
Sie spürte, daß ihn etwas bedrückte.
„Was ist geschehen?" erkundigte sie sich. „Haben die Suchkommandos inzwischen Erfolg gehabt?"
Auf seiner Stirn erschien eine steile Falte.
„Wir hätten Corello erwischen können, doch Tschubai und Lloyd haben eigenmächtig gehandelt." Er schüttelte den Kopf.
„Ich kann ihnen deshalb keinen Vorwurf machen. Ein Kind war in Gefahr, deshalb haben sie eingegriffen. Doch Corello ist uns abermals entkommen. Wir nehmen an, daß er schwer verletzt ist.
Außerdem hat er keinen Tragroboter mehr. Wir hoffen, daß wir ihn in den nächsten Stunden finden."
„Diese Situation belastet Sie!" stellte sie fest. Mit weiblicher Intuition stellte sie fest, was mit Rhodan nicht in Ordnung war.
„Die Unsicherheit ist schlimmer für Sie als alles andere."
„Mein Gefühl hat mich noch nie getrogen", erwiderte er. „Ich spüre, daß etwas Bedeutendes geschieht, aber ich habe keinerlei Anhaltspunkte, was es sein könnte."
„Sie fürchten um die Sicherheit der Menschen auf der Erde!"
Er nickte.
Rhodan war nicht der Mann, den man mit banalen Worten beruhigen konnte.
Deshalb sagte Orana nur: „Ich kann Sie verstehen."
Er lächelte plötzlich. Die harten Linien in seinem Gesicht verschwanden für einen Augenblick.
„Sie sollten ein paar Stunden ausruhen", schlug sie vor.
„Ich bleibe in Imperium-Alpha. Wahrscheinlich gibt es bald neue Nachrichten."
„Ich bin froh, wenn diese Menschenjagd vorbei ist", gestand sie.
„Obwohl ich sie nur am Rande erlebe, kann ich mir vorstellen, wie es bei Ihnen in der Zentrale zugeht."
„Eigentlich ist es hier ziemlich ruhig."
„Eine trügerische Ruhe, nehme ich an."
„Ja", bestätigte Rhodan. „Ich muß jetzt Schluß machen."
„Sie können mich auch im Labor anrufen", sagte sie schnell.
„Danke!" Sein Abbild verblaßte.
Orana Sestore blieb noch ein paar Sekunden sitzen. Sie dachte über ihr Verhältnis zu diesem Mann nach. Sie glaubte ihn zu lieben, aber sie war sich nicht sicher. Vielleicht war sie nur von seiner starken Persönlichkeit beeindruckt.
Konnte eine normale Frau - eine Sterbliche - überhaupt mit diesem Mann leben?
Gab es zwischen ihr und Rhodan nicht eine unüberwindliche Kluft?
Sie verdrängte diese Gedanken, sah aber voraus, daß sie bei der Arbeit unkonzentriert sein würde. Daß er sie angerufen hatte, bewies doch, daß sie ihm nicht gleichgültig war. Aber was bedeutete diesem Mann, der seit über fünfzehnhundert Jahren lebte, eine sterbliche Frau?
Orana ahnte, daß sie auf diese Frage eine Antwort finden mußte, bevor sie sich über ihre Gefühle klar werden konnte.
6. Der Gejagte Du hast einen Fehler begangen, der dich fast dein Leben gekostet und die Verwirklichung unserer Pläne kompliziert hätte, Ribald Corello. Deine Unvorsichtigkeit zwingt uns, dich noch stärker zu kontrollieren. Aber es gibt jetzt ein schwerwiegendes Problem. Dein Tragroboter wurde vernichtet. Außerdem bist du verletzt. Wir wissen nicht, ob wir dir zumuten können, weitere Teleportationen durchzuführen.
Bevor wir nicht sicher sein können, daß du dir einen neuen Tragroboter beschaffen kannst, müssen wir nach einer Notlösung suchen. Wir haben bereits bestimmte Vorstellungen.
Du bist körperlich jetzt völlig hilflos.
Du bedauerst, daß du bei dem Angriff auf den Roboter nicht ums Leben gekommen bist?
Wie dumm von dir!
Was versprichst du dir von deinem Tod, Ribald?
Denkst du wirklich daran, deine Probleme auf diese Weise zu lösen?
Unsere Verfolger wissen, daß du verletzt bist und keinen Roboter hast. Entsprechend energischer werden ihre Anstrengungen sein. Sie glauben sicher, daß sie jetzt gewonnen haben.
Doch da täuschen sie sich.
Nicht wahr, Ribald?
Mit uns im Hintergrund bist du
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