058 - Das Monster
einer jener wunderbar diskreten Clubs, in deren geschmackvoll eingerichteten Räumen dienstbeflissene Kellner in blütenweißen Jacken den Gästen Hüte und Mäntel abnahmen, ihnen die Tageszeitungen reichten und sie zu bequemen Ledersesseln geleiteten. Davenport nahm Platz und begann aufmerksam seinen Guardian zu lesen. Nach einer Weile ließ er sich einen Brandy-Soda bringen. Es herrschte absolute Stille im Raum; niemand sprach.
Nach ungefähr einer Stunde war er mit dem Zeitungslesen fertig. Er faltete den Guardian sauber und methodisch zusammen. In diesem Augenblick öffnete sich lautlos die Tür, und er erblickte zu seiner Freude ein bekanntes Gesicht, das er seit geraumer Zeit nicht gesehen hatte.
„Wie geht’s?“ Der neue Gast war ein großer, athletisch gebauter Mann.
„Danke, gut. Wollen Sie sich nicht zu mir setzen?“
„Mit Vergnügen!“
Clive Walters war eine auffallende Erscheinung. Er strahlte eine enorme Vitalität aus, wirkte dabei aber nicht im mindesten aufgeblasen oder angeberisch.
„Was haben Sie getrieben, seit wir uns das letzte mal trafen?“ Davenport sprach mit gedämpfter Stimme.
„Das Übliche.“
„Noch immer beim Geheimdienst?“
Walters nickte. „Hm. Und Sie sind natürlich auch noch beim Tierschutz?“
„Ja, ganz richtig.“
„Soso.“
„Wollen Sie einen Augenblick mit hinüberkommen? Wir könnten uns einen Kaffee und ein Sandwich bestellen. Ich möchte etwas mit Ihnen besprechen. Möglicherweise sind Sie genau der richtige Mann dafür.“
Sie gingen hinüber in einen kleinen Raum. Es gab deren mehrere bei Bellamy’s, wo sie vorzugsweise für vertrauliche Unterredungen benutzt wurden. „Sandwichs und Kaffee“, bestellte Davenport bei dem Kellner, der ihnen die Tür öffnete.
„Sofort, Sir.“
„Nun, was kann ich für Sie tun?“ Davenport und Walters nahmen in den ledernen Clubsesseln Platz. In dem annähernd schalldichten Raum konnten sie wieder mit normaler Lautstärke sprechen.
„Wir haben da einen Inspektor unten in Kent.“ Davenport nannte den Namen des Dorfes.
„O ja, eine schöne Gegend. Der Mann hat Glück. Ich würde gern mit ihm tauschen.“ Walters lächelte.
„Harry Bolton unterhält dort ein Versuchslabor“, fuhr Davenport fort.
„Der Harry Bolton?“ Clive Walters schien plötzlich interessiert.
„Ich will nicht vom Thema abkommen, aber mir scheint, Sie sind an Bolton interessiert?“
„Das sind wir“, bestätigte Walters.
„Und das ist vermutlich noch untertrieben?“ Davenport grinste.
„Ich verrate kein Staatsgeheimnis“, sagte Walters, „wenn ich Ihnen sage, daß Leute wie Bolton uns immer interessieren. Wissen Sie, wenn jemand soviel Geld hat, verwandelt das Geld sich in Macht. Und in einer demokratischen Gesellschaft ist es nicht gut, wenn zu viel Macht in den Händen einiger weniger konzentriert ist, falls Sie verstehen, was ich meine. Am besten ist es, wenn die Macht gleichmäßig verteilt ist.“
Arthur Davenport nickte zustimmend.
„Kollektivverantwortung, hm?“ Er schwieg nachdenklich.
Der Kellner brachte Kaffee und Sandwichs.
„Darf ich einschenken?“
„Ja, bitte.“ Er bediente die beiden rasch und geräuschlos. Dann zog er sich zurück, wobei er die Tür hinter sich schloß.
„Bolton unterhält dort unten in Kent so eine Art privates Forschungslabor“, fuhr Davenport fort, während Clive Walters nachdenklich an einem Sandwich knabberte. „Wenn mich nicht alles täuscht, sucht Bolton nach einem Mittel zur Verlängerung des Lebens. Wenn man sein Geld hat, kann man da schon einiges investieren.“
„Scheint mir auch so“, antwortete Walters.
„Unser Mann dort unten hat entdeckt, daß sie in einem Inkubator einen Embryo aufgezogen haben.“
„Was Sie nicht sagen! Nicht menschlich?“
„O nein, nein!“ antwortete Davenport schnell. Schon der Gedanke daran machte ihn frösteln. „Irgendeine Affenart, soviel ich weiß. Unser Mann wußte es selbst nicht so genau. Aber es war ihm klar, daß er es hier mit einer Ausnahmesituation zu tun hatte.“
„Das würde ich auch sagen.“
„Das Tier entwickelte sich mit beängstigender Geschwindigkeit. Es hat sich aus dem Inkubator befreit und wächst immer noch unglaublich schnell. Dann hat es einen Ausbruchsversuch gemacht, woraufhin Durger und sein Assistent, ein Medizinstudent namens Quentin, es auf einen Tisch gefesselt haben. Wir sind darüber natürlich nicht besonders erfreut.“
„Ich verstehe Ihr Problem bezüglich der
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