058 - Das Monster
meinen Rat, junger Mann. Seien Sie sehr vorsichtig, wenn Sie zu Dr. Durger gehen. Er ist ein sonderbarer Kauz. Ich versichere Ihnen, niemand hier kann ihn leiden.“ Er zögerte. „Nun, ich will nicht zuviel sagen, aber seien Sie auf der Hut. Er ist sehr schwierig.“
„Oh“, meinte Quentin unsicher, „können Sie mir nicht mehr darüber sagen?“
„Es gibt da ein Gesetz in Bezug auf üble Nachrede“, sagte der Polizist gewichtig. „Es steht einem Mann in meiner Position nicht zu, irgendwelche Dinge über Ihren zukünftigen Arbeitgeber zu erzählen, gleichgültig, ob sie nun wahr sind, oder nicht. Wenn Sie für immer hier bleiben wollten, wäre es vielleicht meine Pflicht, Sie zu warnen. Da ich aber von meinem Neffen weiß, wie knapp das Geld während des Studiums ist, arbeiten Sie in Gottes Namen ein paar Wochen hier. Aber wenn ich einen Sohn hätte, ich würde es ihm nicht erlauben.“
„Was ist es denn, das Sie so stört?“
„Experimente“, antwortete der Polizist geheimnisvoll. „Unheilvolle Experimente!“
„Was für Experimente?“
„Es werden eine Menge Tiere in das Haus gebracht, aber es kommen sehr selten welche heraus.“
„Nun, die medizinische Forschung benötigt viele Tiere zu experimentellen Zwecken. Ich glaube fast, der Doktor führt hier so eine Art Versuchsstation, oder?“
„Hören Sie, medizinische Forschung als solche ist in Ordnung, aber das, was Durger hier treibt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Einige Frauen aus dem Ort haben früher dort geputzt. Heute würden Sie niemanden im Dorf mehr dazu bewegen können. Sie sagen, sie haben dort Dinge gesehen – gräßlich!“ Er schüttelte sich. „Tiere werden bei lebendigem Leib aufgeschnitten und mit Röhrchen am Leben erhalten. Lauter solche Sachen. Ein grauenhafter Anblick, sage ich Ihnen!“
„Wozu dienen seine Experimente? In seinem Brief stand nur allgemeine biologische Forschung.“ sagte Roger, als ob er sich verteidigen müßte.
„Schon mal was von Harry Bolton gehört?“ fragte der Polizist.
„Harry Bolton? Der Name kommt mir bekannt vor“, sagte Roger. „Warten Sie – ist das nicht einer dieser Wirtschaftskapitäne?“
„Vor einigen Jahren war er das, aber jetzt nicht mehr.“ Der Polizist schien ausgesprochen gut informiert zu sein. „Bolton ist das, was man einen Sonderling nennt. Ist einer wie er arm, nennt man ihn verrückt und sperrt ihn ein.“ Er lachte. „Ist man aber reich, dann ist man ein Sonderling.“ Der Polizist trocknete sich die Stirn. „Dies alles sollte ich eigentlich nicht sagen.“
„Was ist nun mit Harry Bolton?“
„Ihm gehört das alles. Durger arbeitet für ihn. Bolton ist kein junger Mann mehr, müssen Sie wissen …“
Der junge Mediziner erinnerte sich plötzlich. „Sie meinen, Bolton versucht, eine Methode zu finden, sein Leben zu verlängern?“
„Nun, man nimmt allgemein an, daß es das ist. Natürlich wird nur darüber geflüstert. Die Leute haben so ihre Vermutungen. Man weiß nicht viel darüber außerhalb des Dorfes. Und auch alles, was ich Ihnen gesagt habe, ist wahrscheinlich nur Klatsch. Sehen Sie in unserer Unterhaltung einfach nur einen freundschaftlichen Schwatz und vergessen Sie die Uniform. Sie tun uns beiden einen Gefallen damit.“
„In Ordnung“, sagte Quentin.
Der Polizist wirkte ein wenig verlegen, weil er soviel geplaudert hatte. Quentin verabschiedete sich und setzte seinen Weg fort.
Nach zehn Minuten bereits hatte er sein Ziel erreicht. Wie der Stationsvorsteher gesagt hatte, lag das Grundstück ein wenig abseits der Straße. Während Quentin die Einfahrt hinaufging, war er davon überzeugt, daß man ihn vom Haus aus beobachtete.
Durger erwartete ihn am Eingang. Er war groß und schlank, aber kräftig. Mit seinem empfindsamen, dunklen, ernsten Gesicht erinnerte er an einen Raubvogel. Als Quentin ihn erreichte, streckte er ihm die Hand zur Begrüßung entgegen.
„Sie müssen Roger Quentin sein!“
„Dr. Durger, nehme ich an?“
„Sie wirken wie Stanley, der Forschungsreisende. Allerdings werden Sie in mir keinen Missionar finden – zumindest nicht in der landläufigen Bedeutung.“ Durgers Stimme entsprach seinem Äußeren. „Kommen Sie herein, Mr. Quentin.“
Durger führte Roger in eine große weiße Halle mit vielen Türen, von der eine Treppe in die oberen Etagen führte. Schon von außen hatte Quentin feststellen können, daß das Haus sehr groß war, und dieser Eindruck verstärkte sich jetzt noch.
„Ein
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