058 - Der Duft von Sandelholz
verliebt war.
Warum nur hatte Lundy noch nicht um die Hand der hinreißenden Miss Balfour angehalten?
Derek erinnerte sich an all die Male, da die unausstehliche Bess Kingsley dazugekommen war, wenn Lily mit Lundy zusammenstand. Das schlimmste Beispiel dafür hatte er beim Gartenfest miterlebt, als Miss Kingsley Lundy fortführte, nachdem dieser hinreißende Singvogel so unbekümmert in Lilys Glas gekleckst hatte. Derek erinnerte sich an sein eigenes Missfallen über die Art und Weise, wie Lundy sich gegen Lily auf Bess' Seite geschlagen hatte. Was hatte Edward doch gleich noch gesagt?
„Ich bin gleich wieder da. Mr. Kingsley und ich handeln ein Geschäft aus."
Ganz plötzlich kam ihm ein Verdacht. Ein Geschäft, ja?
Wenn Lundy tatsächlich insgeheim mit finanziellen Problemen kämpfte, dann lag vielleicht der Grund, warum er Miss Balfour noch nicht gebeten hatte, ihn zu heiraten, darin, dass er sich alle Möglichkeiten offen hielt und abwartete, ob er nicht vielleicht Lily aufgeben und Bess Kingsley wegen ihrer Mitgift heiraten müsste.
Himmel, was, wenn Bess Kingsley Lundys Ersatzplan war?
„Ich überlege, ob ich lieber in England bleiben soll, anstatt nach Indien zurückzukehren", erklärte er plötzlich und achtete darauf, dass seine Worte möglichst beiläufig klangen.
„Wirklich?"
Er nickte. „Ich denke, ich habe der Armee genug von meinem Blut und Schweiß gegeben. Zeit, sich niederzulassen und eine reiche Frau zu heiraten, nicht wahr?"
„Ah - eine Frau wie die hinreißende Fanny Coates?"
Derek schnaubte verächtlich. „Sie ist zu gewitzt, um einen wie mich zu heiraten. Ich dachte an eine leichtere Beute. Ich habe überlegt, vielleicht um die Hand anzuhalten von - Miss Kings-ley."
„Bess?", rief Lundy und beugte sich vor.
Derek nickte.
„Sie scherzen!"
„Aber nein. Ganz und gar nicht. Natürlich ist sie ein Albtraum, aber ich bin ein jüngerer Sohn, Lundy. Ich bin nicht so reich wie Sie. Warum soll ich mein Blut für Ruhm und Reichtum geben, wenn wohlhabende Angehörige des schönen Geschlechts zu verführen eine viel leichtere und wesentlich vergnüglichere Methode ist, ein Vermögen zu machen?" Er trank einen Schluck. „Ich muss praktisch denken, und ihre Mitgift ist erheblich. Außerdem ist es nicht schwer, sie in meinem Landhaus festzusetzen, während ich mich in der Stadt amüsiere. Mit Fanny Coates", fügte er augenzwinkernd hinzu.
Lundy starrte ihn entsetzt an. „Sie wollen Bess gar nicht."
„Warum? Sie haben doch keine Absichten mit ihr, oder? Schließlich", fuhr er schmeichelnd fort, „sind Sie sich doch einig mit Lily Balfour, oder?"
„Ja, aber ..."
„Aber was?"
„Nichts."
„Wissen Sie, das ist wirklich eine edle Geste, Lundy. Ihre Familie mit all ihren Schulden und dem ruinierten Familiensitz zu retten. Die meisten Männer würde es grausen bei der Vorstellung, für eine Dame eine solche finanzielle Bürde auf sich zu nehmen, aber nicht Sie. Ich weiß, Sie haben mir gegenüber eingestanden, Sie heiraten sie nur, um mehr Ansehen zu gewinnen. Aber trotzdem hat sie Glück, Sie zu bekommen."
„Ja, aber - das ist nicht der einzige Grund."
„Nicht? Was, alter Mann, Sie sind doch nicht verliebt?", meinte Derek.
„Kaum. Ich will sie nur in mein Bett holen", sagte Lundy und lachte.
„Ich verstehe", erwiderte Derek kühl.
„Tatsächlich? Ganz unter uns - ich hatte schon immer den Wunsch, eine echte Dame zu besitzen, wissen Sie? Schnell und
hart, bis sie schreit wie eine Seemannshure. Man könnte sagen, das ist so eine kleine Fantasie von mir. Viel blaublütiger als meine vornehme Lady Lily geht es nicht mehr. Und sehen wir den Tatsachen ins Auge: Wie sonst sollte ich ein Mädchen wie sie in mein Bett bekommen? Ihre Armut bietet mir die Möglichkeit."
Derek starrte ihn entsetzt an.
Ich fürchte, dafür muss ich dich umbringen, dachte er und erinnerte sich an ihre Unschuld, ihre Zartheit, ihre Anmut und ihr Vertrauen. Und an die Zurückhaltung, mit der er selbst sie berührt hatte. Er war außer sich, aber er begriff, dass seine Tarnung auffliegen würde, wenn er das zeigte.
Als er den Glanz in Lundys Augen sah, kam ihm der Gedanke, dass dies vielleicht die Art und Weise war, wie der Nabob sich an Derek für dessen vorgetäuschtes Verlangen nach Bess Kingsley rächte.
Eigentlich hätte Lundy etwas von der Anziehung zwischen ihm und Lily gespürt haben müssen, um anzunehmen, dass diese Taktik irgendeine Wirkung auf ihn hatte.
Entschlossen, ganz ruhig zu
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