058 - Der Duft von Sandelholz
so unähnlich sehen. Er hatte diese gnadenlose Natur. Vielleicht hatte Edward gespürt, dass sie gar nicht so rein und keusch war, wie sie aussah.
Liebe Güte.
Sie war in eine Falle getappt.
Wie erstarrt saß Lily da, vollkommen hilflos, während der Diener der Lundys den Teewagen mit ihren Erfrischungen hereinbrachte.
Ich bin so gut wie tot, entschied sie. Sie fühlte sich hilflos einer höheren Gewalt ausgeliefert. Wie einer dieser armen französischen Adligen, die mit anderen Verurteilten in einer Reihe standen und darauf warteten, dass sie den Weg zur Guillotine antreten mussten. Jetzt ist alles vorbei. Mein Schicksal ist besiegelt. Jetzt gab es nichts mehr zu tun, als darauf zu warten, dass sich alles in Nichts auflöste.
Einer Ohnmacht nahe, entschied sie, dass sie genauso gut einen Schluck Darjeelingtee trinken und versuchen konnte, sich zu beruhigen. Aber noch immer saß sie kerzengerade da und versuchte, ihre Verzweiflung zu verbergen. Was könnte sie sonst tun? Fortlaufen? Was sollte das nützen, wenn ihre leidenschaftliche Natur bekannt geworden war.
Die skandalöse Wahrheit würde sie überallhin verfolgen.
Das war der Grund, warum sie sich all die Jahre in Balfour Manor versteckt, warum ihr Großvater ihr das Haus hinterlassen hatte - damit sie einen sicheren Ort besaß, an dem sie sich verstecken konnte, wenn ihre Welt wieder einmal zusammenstürzte.
Sie hatte nur nicht erwartet, dass dieser Tag so bald kommen würde.
Für den Augenblick allerdings konnte sie nichts anderes tun, als ihren Mut zusammenzunehmen. Ihr Herz schlug viel zu schnell. Seltsam konzentriert sah sie zu, wie Mrs. Lundy den Tee einschenkte.
Aber als Lily eine Tasse nahm und sie an ihre Lippen hob, verschüttete sie um ein Haar den Tee, so sehr zitterten ihre Hände.
6. KAPITEL
Major", grüßte ihn Lundy, und der Kies knirschte unter seinen Stiefeln, als er quer über den Hof ging, um ihn zu empfangen. „Gut, dass Sie gekommen sind."
„Ich wusste nicht, dass ich eine Wahl gehabt hätte." Derek schlug die Wagentür hinter sich zu und sah sich wachsam um.
Mit finsterer Miene deutete Lundy auf die Stallungen. „Gehen wir."
Als sie sich der Scheune näherten, erfüllte lautes Gebell die Luft.
„Ihr Wachhund?"
„Nein, ein Ungeheuer", stieß Lundy hervor. „Keine Sorge, er ist eingesperrt. War Ihr Besuch beim Vorsitzenden angenehm?" Er hielt den Blick weiterhin auf die offene Stalltür vor ihnen geheftet.
Derek sah ihn überrascht an. „Sie wissen davon?"
„Natürlich. Ich habe den Befehl, mich mit Ihnen anzufreunden."
„Wirklich? Warum?"
Lundy warf ihm einen kurzen Blick zu und nickte dann spöttisch. „Warten Sie. Ich kann bei dem Lärm nicht denken. Magu-ire! Bringen Sie den Hund zum Schweigen", befahl er einem Burschen, als sie den Stall betraten.
Der junge Mann erbleichte. „Sir, bei allem Respekt, ich gehe nicht in die Nähe von dem da."
„Nein, tun Sie das nicht? Sie haben Glück, dass ich Sie nicht an ihn verfüttere. Wo ist dann Jones?"
Mit hochgezogener Braue blickte Derek von dem eingeschüchterten Stallburschen zu Lundy, überrascht, dass dieser die Verweigerung einer Anordnung hinnahm.
„Er ist im Kutschenhaus. Soll ich ihn holen?"
„Egal. Der Hund hört sowieso nur auf mich. Maguire", fügte Lundy belustigt hinzu und deutete mit einer Kopfbewegung auf Derek. „Zeigen Sie dem Major, was Brutus mit Ihrer Hand gemacht hat."
Der Stallbursche schob die Forke, die er hielt, in seine Linke und hielt die rechte Hand hoch, an der zwei Finger fehlten.
Lundy warf Derek einen vielsagenden Blick zu. „Kommen Sie und sehen Sie selbst."
Während sie den Mittelgang des erstklassigen Stalls entlangschritten, staunte Derek insgeheim über die edlen Pferde seines Gastgebers. Wer immer Lundys Tiere aussuchte, er verstand etwas von dem, was er tat. Da mussten zwei Dutzend der prächtigsten Hengste stehen, die Derek je gesehen hatte. Araber, Vollblüter, Hannoveraner, irische Jagdpferde.
Eifersucht war etwas, das Derek nur selten empfand, aber als Kavallerist waren Pferde seine Leidenschaft. Und als er sich hier umsah, bedrückte es ihn, zu erkennen, dass dieser grobe Klotz Lundy all das schon erreicht hatte, was er sich im Leben am meisten wünschte. Vermutlich konnte der Kerl nicht einmal reiten.
Nun, ich könnte auch meine Seele verkaufen und mir einen Posten bei der Company suchen. Aber wer sollte dann für die Sicherheit seiner Männer draußen auf dem Feld sorgen und sie ordentlich für den Kampf
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