058 - Der Duft von Sandelholz
Verehrer noch früh genug sehen, und hoffentlich war es ihr bis dahin gelungen, Derek Knight aus ihren Gedanken zu verbannen.
Mrs. Clearwell reichte den vorgesehenen Menüplan an Lily weiter, damit sie ihn begutachten konnte. Unterdessen holte Mrs. Lundy eine kleine Skizze hervor, die zeigte, wie die Tische unter dem großen gestreiften Zeltdach aufgestellt werden sollten, das für den Tag des großen Picknicks auf dem Rasen errichtet werden würde.
Während die beiden Matronen fortfuhren, jede Einzelheit der Gartenparty zu besprechen, starrte Lily auf das Geschriebene in ihrer Hand. Ihre Gedanken schweiften umher.
Vergiss ihn.
Von dem ersten Moment an, da sie ihn gesehen hatte, war ihr bewusst, dass Derek Knight gefährlich war. Dass er nichts als Ärger bedeutete. Das Einzige, was dieser gestohlene Kuss bewirkt hatte, war, dass er ihre Begeisterung, Edward zu heiraten, noch mehr gedämpft hatte.
Ihre Pflicht.
Derek Knight war nicht für sie bestimmt. Schon einmal hatte ihr Herz sie verraten, also bedeutete diese dumme Reaktion auf ihn überhaupt nichts. Außerdem - selbst wenn sie ihn irgendwie einfangen könnte, würde ihre Mutter sie umbringen, wenn sie mit einem gut aussehenden Berufsoffizier nach Hause käme. Reich und hirnlos sollte der Auserwählte sein, so lautete ihr Befehl. Warum sollte sie sich mit etwas quälen, was nicht sein sollte? Wenn sie nicht Edward heiratete oder irgendjemanden, der ebenso reich war, dann würde sie Balfour Manor verkaufen müssen, und das würde ihr das Herz brechen. Das wäre so, als würde sie eine Niederlage eingestehen, zugeben, dass sie ruiniert war. Ihre Familie im Stich ließ. Es wäre der Untergang der Balfours.
Alles hing von ihrem Erfolg ab.
Wenn sie nur nicht immer an Derek Knights Hände denken müsste. Diese großen, sonnengebräunten Hände, mit denen er durch ihr Haar gestrichen war. Fest, stark und geschickt - und doch auch so zärtlich. Noch immer konnte sie den Zauber seiner Berührungen spüren, als er ihr Gesicht umfasst hatte, ihren Hals liebkost, ihre Arme.
Wie es schien, hatten ihre Wünsche, die sie noch in dem Gartenpavillon gehegt hatte, eine andere Richtung genommen. Es waren nicht mehr die Tagträume eines Kindes,
sondern die Bedürfnisse und Sehnsüchte einer Frau.
Himmel. Sie rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. So ging das nicht! Sie wünschte wirklich, sie wäre besser darin, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten.
„Wie ist Ihre Meinung dazu, meine liebe Miss Balfour?"
Lily zuckte zusammen und räusperte sich schuldbewusst. „Wie bitte?"
„Ah, was war das?", scherzte Mrs. Lundy. „Unsere junge Lady hing wohl ein paar romantischen Träumereien nach, was?"
„Oh - es tut mir leid."
„Mrs. Lundy fragte, ob du die Blaskapelle für das mittägliche Unterhaltungsprogramm bevorzugen würdest."
„Was immer Sie entscheiden, Madam, wird richtig sein. Davon bin ich überzeugt."
Lily zwang sich zu einem etwas schiefen Lächeln. „Vielleicht sollten wir Edward fragen, was ihm lieber wäre."
„Das ist es also, wovon Sie träumen, oder sollte ich lieber sagen: er?" Mrs. Lundy strahlte, als sie meinte, herausgefunden zu haben, dass Lily an ihren großen, starken Sohn dachte. „Wo ist der Junge überhaupt? Er sollte herkommen und Sie sehen. Das ist zu unhöflich."
„Oh, ich will ihn nicht stören ..."
„Unsinn!" Mrs. Lundy läutete die silberne Glocke, die neben ihr lag. „Vermutlich ist er in seine Buchhaltung vertieft. Vielleicht sollte man ihn daran erinnern, dass Sie hier sind."
Auf das Läuten hin erschien gleich darauf ein Diener. Lily verstand nicht, warum Edwards Diener sämtlich wie Boxkämpfer aussahen, aber Mrs. Lundy hatte keine Hemmungen, die kräftigen Männer herumzukommandieren.
„Würden Sie bitte meinem Sohn sagen, dass er den Damen seinen Respekt zollen soll? Man kann nicht erwarten, dass sie den ganzen Tag ausharren, bis er seinen Hintern hierher bewegt."
„Jawohl, Madam", erwiderte der Diener, während Mrs. Clear-well sich umdrehte und Lily bei der Wortwahl dieser Frau mit großen Augen ansah. Lily hüstelte diskret in ihren weißen Handschuh.
„Nun, wir werden ihn gewiss bald sehen, da bin ich ganz sicher", fuhr Mrs. Lundy heiter fort.
In diesem Moment war zu hören, wie eine Kutsche die Einfahrt hinauffuhr, vorbei an den bedrohlich wirkenden steinernen Löwen, die vor dem Tor zu Edwards Anwesen aufgestellt waren. Alle drei Damen blickten zum
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