058 - Der Duft von Sandelholz
seines schwarzen Hutes hatte er das wettergegerbte Gesicht eines Mannes, dem man nicht unbedingt im Dunklen begegnen wollte.
„Kann ich etwas für sie tun?"
„Mein Name ist Bates, Sir. Mein Herr schickt mich, Sie abzuholen."
„Mich abholen?", wiederholte Derek. Verdammt. Welche seiner letzten Bettgefährtinnen hatte ihm verschwiegen, dass sie verheiratet war? Er hob den Kopf. „Wer ist Ihr Herr, und was will er von mir?"
„Ich arbeite für Mr. Edward Lundy, einer der Männer, die in der East India Company das Sagen haben, Sir." Der Kutscher schwieg einen Moment. „Er ist der Meinung, Sie würden mit ihm vielleicht über Angelegenheiten des Ausschusses sprechen wollen."
Derek war sofort interessiert. Aber natürlich konnte das auch eine Falle sein.
Edward Lundys gefährlich aussehender Bediensteter blickte die Straße hinunter, als wollte er überprüfen, ob auch niemand in der Nähe war. „Mr. Lundy könnte gewisse Informationen für Sie haben, Major."
„Nun, also dann. Verlieren wir keine Zeit." Derek nickte ihm zu, bereit, das Risiko einzugehen.
Gott wusste, dass er einige Erfahrung darin besaß, sich zu verteidigen, wenn jemand vorhatte, ihn in den Hinterhalt zu locken. Er vertraute auf seine Fähigkeiten im Umgang mit dem Degen sowie der Pistole und stieg in die Kutsche. Falls Lundy Hinweise besaß und mit ihm reden wollte, war Derek bereit zuzuhören. Vielleicht erhielt er tatsächlich ein paar Antworten auf einige Merkwürdigkeiten. Das erschien ihm besser, als befohlen zu bekommen, abzuwarten und sich in der Stadt zu amüsieren, wie irgendein hergelaufener Schürzenjäger.
Es herrschte Krieg. Seine Männer waren in Gefahr. Verdammt, er wollte Antworten hören, falls Lundy welche hatte.
Mit einem hörbaren Knall schlug der Kutscher die Tür zu, und gleich darauf waren sie unterwegs.
Vor den geteilten Fenstern von Edwards neugotischem Haus zeigte sich der Tag sehr klar.
Von Lilys Sitzplatz in der großen Halle aus konnte sie auf dem Rasen die gezackten grauen Schatten der Türme und Türmchen und der spitzen Giebel des Gebäudes erkennen.
Ihr zukünftiges Heim vermittelte ihr das Gefühl, in einen Käfig gesperrt zu sein.
Besonders die Innenräume verstärkten diese Empfindung. Vielleicht lag es an all den Streben, die die schmalen Fenster unterteilten. Außerdem war die Einrichtung düster
und schwer, sie wirkte regelrecht bedrückend. Cousine Pamela, dachte sie, würde all das gotische Zeug zweifellos lieben. Die dunkle Wandvertäfelung reichte bis zur gewölbten Decke aus cremefarbenem Stuck, durchbrochen wurde diese aber von massiven Dachbalken. Die drei schmiedeeisernen Kerzenleuchter, die aus großer Höhe hinabhingen, sahen aus, als kämen sie direkt aus einem Verlies.
Die Sitzmöbel mit ihren tiefbraunen Samtbezügen waren um den leeren Kamin gruppiert. Dort hatten sich die Damen niedergelassen.
Lily, die ein Nachmittagskleid in einem dezenten Beigeton mit elfenbeinfarbenen Spitzenverzierungen trug, saß neben ihrer Patin, während Mrs. Lundy sich begeistert über ihre Pläne für die Gartenparty ausließ.
„Wir werden alle möglichen Sportarten anbieten, Kricket für die Herren, Bogenschießen für die Damen, Tennis für beide -nicht zu vergessen Bowling auf dem Rasen. Vielleicht möchten Sie den Menüplan für den Tag sehen, Mrs. Clearwell? Ich habe ihn hier."
„Darf ich?" Lilys Gönnerin nahm das Blatt Papier höflich entgegen.
Mrs. Lundy beobachtete sie gespannt, während sie es las. Lily dagegen fiel es schwer, nicht ständig auf den großen, bunten, mit Edelsteinen verzierten Hahn zu starren, der als Brosche das Kleid ihrer zukünftigen Schwiegermutter verzierte. Es sah aus, als würde ihr ein riesiges, schimmerndes Insekt über die Schulter kriechen.
Das grässliche Ding war vermutlich ein Vermögen wert.
„Wenn der Tag sehr warm ist, könnten Sie ein Problem mit der Eiscreme bekommen", meinte Mrs. Clearwell warnend. „Das Mandelhühnchen klingt reizvoll.
Und der Salat ebenso."
„Oh, vielen Dank, dass Sie das gesagt haben!" Mrs. Lundy tupfte sich ihre schweißbedeckte Wange mit einem Taschentuch ab. „Ich wünsche mir so sehr, dass alles perfekt ist, um Eddies Willen. Er arbeitet so hart, müssen Sie wissen."
Auch jetzt war er mit einer Angelegenheit beschäftigt und durfte nicht gestört werden, hatte sich eingeschlossen in seinem Arbeitszimmer irgendwo an einem anderen Ende dieses weitläufigen Hauses.
Lily machte das nichts aus. Sie würde ihren
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