058 - Der Duft von Sandelholz
dein Herz einem anderen gehört. Das wäre falsch."
Lily konnte sie nur hilflos ansehen.
„Nun, du hast für einen Tag schon genug durchgemacht, daher werde ich jetzt nichts mehr sagen. Ich vertraue darauf, dass du das Richtige tun wirst."
„Madam, es tut mir leid, wenn ich Sie mit meinem Benehmen in Verlegenheit gebracht habe."
Mrs. Clearwell stand auf. „Ja, die Liebe bringt Menschen dazu, seltsame Dinge zu tun."
„Liebe!"
„Du hast richtig gehört." Mrs. Clearwell nahm ihre Teetasse mit und begab sich wieder zur Tür. „Ich bin erschöpft von unseren Einkäufen. Ich werde ein Schläfchen machen."
„Aber Mrs. Clearwell, er geht zurück nach Indien", platzte Lily heraus, ehe ihre Gönnerin den Salon verlassen hatte.
„Ach, Kind. Pläne lassen sich ändern", versicherte ihr die Patin und zwinkerte ihr zu.
Lily ließ den Kopf sinken, als sie darüber nachdachte. „Sie dürfen ihm auf keinen Fall von den Ohrringen erzählen. Das würde ihm peinlich sein, stolz, wie er ist."
Mrs. Clearwell tat so, als wären ihre Lippen versiegelt. „Ich könnte versuchen, sie für dich zurückzubekommen, weißt du."
„Nein, Madam." Lily schüttelte den Kopf. „Das würde ich Ihnen niemals zumuten. Es war meine Entscheidung, und ich war verantwortlich dafür, als ich sie weggab. Ich bedaure das nicht."
„Ah, ich verstehe. Aber du bist nicht in ihn verliebt?"
„Nein!"
Mrs. Clearwell lachte leise, als sie sich abwandte. „Ich treffe dich dann beim Essen.
Dieser Lord Arthur, welch gut aussehender Mann. Es ist nicht zu verkennen, woher der Major sein gutes Aussehen hat..."
Lily lächelte, als ihre Gönnerin davoneilte, um ihr tägliches Nachmittagsschläfchen zu halten.
Eine ganze Weile blieb sie auf der Couch sitzen, blickte ins Nichts, weiterhin benommen von dem, was geschehen war. Sie seufzte tief, trank einen zweiten Schluck Tee und lehnte den Kopf in die Kissen. Also hatte sie Edward noch immer am Haken. Eine Stimme in ihrem Kopf fragte spöttisch: Dachtest du wirklich, du kämest da so schnell heraus?
Es war einfach unmöglich, sich Derek Knight und Edward Lundy nebeneinander vorzustellen und sich dann für den Letzteren zu entscheiden. Was soll ich tun? Ihre Gefühle waren
durcheinander. Das Herz schmerzte, als sie sich an den Verlust ihrer Ohrringe erinnerte. Zugleich war sie darüber erstaunt, wie viel sie tatsächlich für Derek empfand. Aber war das nach seinen kämpferischen Fähigkeiten, die sie beobachten konnte wirklich verwunderlich? Danach breitete sich in ihr ein Unbehagen aus, als sie daran dachte, wie übertrieben ängstlich Edward geklungen hatte, als er wissen wollte, ob sein Freund Fragen über ihn gestellt hatte. Zum Schluss kam Missmut in ihr auf, als sie sich vorstellte, dass sie den Rest ihres Lebens damit verbringen musste, wie Edward seine kalten Lippen auf ihre presste.
Vielleicht sollte sie dieser Verbindung wirklich ein Ende setzen.
Leider war sie nicht tapfer genug, um von dieser Klippe zu springen, solange sie nicht sicher war, ob jemand mit starken Armen unten stand, um sie aufzufangen.
Aber dieser Jemand setzte andere Schwerpunkte, auch wenn ihre Gönnerin etwas Entgegengesetztes behauptete. Dieser Jemand empfand nicht für sie, was sie für ihn empfand.
Voller Zorn und Enttäuschung schloss Lily die Augen. Sie fühlte sich wie gefangen.
Derek. Ich will Derek sehen.
Ja ...
Als ihr ein Einfall kam, durchströmte sie auf einmal neue Energie.
Sie sollte gehen und nachsehen, wie es dem armen Pferd ging.
Die Stute war in einem bedauernswerten Zustand, aber er hatte schon Tiere, denen es weit schlechter ging, gesund gepflegt.
In dem Stall, der zu Althorpe gehörte, stand das Pferd mit dem verletzten Vorderhuf in einem Eimer, in dem sich Wasser versetzt mit Bittersalz befand. Derek saß mit aufgerollten Hemdsärmeln auf einem niedrigen Hocker neben dem betroffenen Bein und sorgte dafür, dass die Stute ruhig hielt und nicht versuchte, den Eimer wegzutreten.
Er und zwei Stallburschen hatten sie in der großen Box am Ende des Ganges untergebracht, etwas entfernt von den anderen Tieren, bis sie sicher sein konnten, dass sie nicht krank war. In den wenigen Stunden, die inzwischen vergangen waren, hatte sie sich erstaunlich gut gemacht. Mit einem von Derek selbst zubereiteten Kräuterumschlag auf dem Rücken, dort, wo der
Kutscher sie geschlagen hatte, um das Risiko einer Infektion abzuwenden, und einer großen Portion Hafer hatte sich der Gesamtzustand des Tieres
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