058 - Gänsehaut
Japaners ein, verließ ihn jedoch wieder auf der anderen Seite, ohne eine Wunde zu hinterlassen. Die Kugel pfiff durch das Studio, zischte dicht an einem Kameramann und dessen Assistenten vorüber und schlug dann in eine Wand ein.
»Herrje, das darf nicht wahr sein!«, stammelte der Tonmeister. »Die Burschen sind ja nicht umzubringen!«
»Ich glaube, Coco hat auch versucht, sie zu hypnotisieren«, sagte Jeff niedergeschmettert, »ebenfalls ohne Erfolg. Wir können nichts tun, um den Lauf der Dinge zu stoppen.«
»Ich will nicht sterben«, sagte der Tonmeister. Er war kreidebleich und machte den Eindruck, als würde er jeden Moment einen Kreislaufkollaps bekommen.
Marina Ferrera kicherte irre. Lazzerini packte sie, gab ihr eine Ohrfeige, dass sie aufschrie, und zog sie zu sich heran. »Was hat das zu bedeuten? Was für ein Spiel treibst du?«
Sie zischte wütend. »Du hättest mir die Hauptrolle in dem Film lassen sollen. Du hättest nicht Laura, diesem Flittchen, zuschanzen sollen, was rechtmäßig mir zustand.«
»Du bist wahnsinnig.«
»Im Gegenteil. Ich habe mich geistig noch nie so auf der Höhe gefühlt.«
»Ich glaube, du irrst dich«, sagte der Regisseur mit leiser, gefährlich klingender Stimme, »denn du wirst hier gleich mit uns umkommen. Ich schätze, du bist nicht gegen die Angriffe immun.«
Dorian Hunter verteidigte sich und Coco, so gut es ging. Schweiß stand auf seiner Stirn. Er spürte, wie die Atemluft knapper wurde. Viel Zeit blieb nicht mehr. Die Fackel, die inzwischen bis auf Armlänge heruntergebrannt war, reichte nur noch aus, um sich die immer wieder heranstürmenden Geistergegenstände und Dämonenwesen vom Leib zu halten.
Coco rang mit einem Skelett. Seine Krallenfinger hatten Wunden in ihre Haut gerissen. Ihre Bluse bestand nur noch aus Fetzen, und auch die übrige Kleidung war in Mitleidenschaft gezogen. Praktisch im letzten Augenblick ließ sie sich fallen, warf den Gegner über ihren Kopf hinweg und rollte zur Seite. Das Skelett landete in dem lichterloh brennenden Dschungel. Es unternahm noch den Versuch, herauszuhüpfen, schien aber von den hoch züngelnden Flammen festgehalten und zu Boden gerissen zu werden. Brüllend verendete es. Coco hatte einen Zwischensieg errungen und konnte Dorian zu Hilfe kommen.
Plötzlich bebte das gesamte Studio.
Unsichtbare Mächte stürmten von außen gegen die Mauern. Es war, als packten Riesenfäuste das Gebäude, als wollten unsichtbare Giganten es aus den Fundamenten heben und durch die Lüfte schleudern.
Das Feuer fraß sich prasselnd und knisternd seinen Weg. Heulend fielen die fliegenden Schädel, die Skelette und Totenköpfe immer wieder die Menschen an. Frauen und Männer schrien in Todesangst. Zwischendurch war der leiernde Gesang der Japaner zu hören.
Dorian blickte sich gehetzt um. Haarrisse zeigten sich auf den hohen, weißen Wänden. Sollte der Bau zusammenstürzen? Sollten sie alle unter den Trümmern begraben werden? In diesem Augenblick befiel ihn doch ein Gefühl der Panik, das er unschwer niederzukämpfen vermochte.
»Jemand muss fliehen«, rief Coco.
Wem sagst du das? , hätte er am liebsten erwidert.
Die Türen waren durch eine magische Sperre fest verrammelt; desgleichen die Fenster. Lazzerini, der inzwischen von der Ferrera und den Japanern abgelassen hatte, versuchte zusammen mit dem Tonmeister und einigen anderen, die Scheiben einzuschlagen; doch ihre Fäuste prallten an dem Material ab, als sei es nicht Glas, sondern unzerbrechliche Plastikmasse. Verzweifelt lehnten sie sich an die Wand. Sie gaben auf.
Das Studio wackelte in seinen Grundfesten. Die Mauern schienen bersten zu wollen. Ein neuer Laut war zu hören, wurde jedoch von der bisherigen infernalischen Geräuschmischung übertönt. Dorian glaubte für einen Augenblick, eine Art Rauschen zu hören.
War er dem Wahnsinn nahe? Suggerierte ihm seine bis zum Äußersten angespannte Wahrnehmung dieses Rauschen? War es ein Produkt seiner schlimmsten Befürchtungen oder Gaukelei der dämonischen Mächte? Oder hatte sich das Studio tatsächlich vom Erdboden gelöst … und schwebte?
Der Tonmeister ließ plötzlich seine Pistole fallen und griff sich mit beiden Händen an den Hals. Giampaolo Lazzerini wollte ihm helfen, aber der Tonmeister stieß ihn nur zurück. Mit weit aufgerissenen Augen torkelte er der Mitte des Studios entgegen.
Die schwebenden Gegenstände und Schauerwesen ließen für einen Moment von den Menschen ab und versammelten sich in einer Ecke.
Weitere Kostenlose Bücher