058 - Sub Sisco
Sonnenreflexionen auf einem polierten Stahlteller, um die Aufmerksamkeit der heimatlichen Türme zu erregen. In Wirklichkeit war der kurze Rhythmus von entscheidender Bedeutung: Er signalisierte den Wartenden, dass an Bord alles in Ordnung war!
Unter den Fischern brach unbeschreiblicher Jubel aus. Sie feierten die Rückkehr der wagemutigen Besatzung wie einen Sieg, der das Blatt zum Guten wendete. Kendro holte eine Fackel aus dem Treppenhaus, um persönlich das vereinbarte Antwortzeichen zu geben. Er schaffte sich ausreichend Platz am Sims, hob die blakenden Flammen über den Kopf und schwenkte sie drei Mal im Halbkreis umher. Nun wusste die Mannschaft der Lischette, dass sie bedenkenlos heimkehren konnte.
Mit sich und der Welt zufrieden, ließ Kendro die Fackel sinken. Bevor er sie an den angestammten Platz zurückbringen konnte, blinkte es erneut am Schiffsbug auf. Drei Mal
»Was soll das?«, brummte er ärgerlich. »Glauben die etwa, wir wären blind?«
Die meisten Fischer scherten sich nicht um die Wiederholung. Clay, Piar und einige andere legten jedoch die Stirn in Falten. Es war mit Topo eindeutig vereinbart worden, dass das Zeichen nur ein Mal gegeben wurde, »Schwenk noch mal die Fackel«, forderte Clay den Bootsältesten auf.
»Bist du vom Rochen gebissen?« Kendro brauchte jemanden, an dem er seinen Unmut ablassen konnte. »Wenn sie das eben nicht gesehen haben, müssen sie blind sein.«
»Du sollst noch mal die Fackel schwenken«, zis chte Clay in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. Etwas ruhiger fügte er hinzu: »Vielleicht rettest du damit Topo das Leben!«
Kendros Augen weiteten sich vor Schreck. »Du glaubst…«, stammelte er, »… dass unsere Leute nicht allein an Bord sind?«
Clay antwortete nicht, er nickte nur düster. Das Unglück zu benennen, hieß es zu beschwö-
ren. Kendro biss sich auf die Lippen, um nicht vor Verzweiflung aufzuschreien. Außer einigen Umstehenden hatte niemand etwas von Clays Verdacht gehört. Die meisten Fischer winkten weiterhin mit Tüchern und Händen, um der Lischette einen würdigen Empfang zu bereiten, und so sollte es auch bleiben.
Es störte sich auch niemand daran, dass Kendro die Fackel erneut schwenkte.
Falls das Boot wirklich gekapert worden war, hatte Topo vermutlich erzählt, dass die Signale wiederholt werden mussten, um ihre Richtigkeit zu beweisen. »Vielleicht ist die Mannschaft auch nur betrunken«, suchte Piar nach einer Erklärung, die nicht gleich das Schlimmste voraussetzte.
Die Männer blickten sorgenvoll aufs Wasser hinaus. Ein Boot in der Hand des Feindes bedeutete nicht gleich den Untergang der Türme, aber möglicherweise steckte viel mehr dahinter. Warum sonst hatten sich die Steppenreiter bisher so ruhig verhalten?
»Hey, was haben die denn im Schlepptau?«, rief ausgerechnet Gog, einer der Ältesten.
Knapp hundert Augenpaare verengten sich zu schmalen Schlitzen.
Clay konnte zuerst nichts Genaues ausmachen, erkannte dann aber dunkle Schatten im Kielwasser der Lischette. Diesmal kam er dem scharfsichtigen Gog zuvor. »Flöße!«, keuchte er ungläubig. »Sie schleppen fünf, nein, sechs große Flöße hinter sich her!«
Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer unter den Anwesenden, vor allem, nachdem weitere Späher Clays Einschätzung teilten. Hatte die Besatzung der Lischette den Steppenreitern die roh gezimmerten Pontons abgejagt, bevor diese damit die Türme entern konnten? Für Etliche gab es nur diese Erklärung - der kurz zuvor verebbte Jubel schwoll erneut an. Nur einige besonnene Gemüter mochten nicht recht in das Geschrei einstimmen.
»Nichts gegen Topos Fähigkeiten als Bootsältester«, flüsterte Clay seinen Freunden zu.
»Aber ich habe meine Zweifel, dass die Barbaren so leicht zu überrumpeln sind.«
»Mag sein«, gestand Kendro widerwillig, »aber wozu sollte ein gekapertes Schiff leere Flöße heranschleppen?«
»Das Beste wäre, ein Boot zu bemannen und ihnen entgegenzufahren«, schlug Piar vor.
»Haben wir uns geirrt, sieht es so aus, als wollten wir die siegreichen Helden begrüßen. Treffen unsere Befürchtungen hingegen zu, können wir noch etwas unternehmen, bevor es zu spät ist.«
Ihr Vater sparte nicht mit Lob für diesen diplomatischen Vorschlag. Als er seine Besatzung zusammentrommeln wollte, wurde er jedoch von Clay gestoppt.
»Falls die Barbaren wirklich einen Trick versuchen, solltest du besser hier bleiben, um die Verteidigung des Turms zu organisieren«, schlug der junge
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