058 - Sub Sisco
Formen!
Schmale Taille, üppige Brüste und ein paar feste Schenkel, die nur durch ein Lendentuch bedeckt wurden. Wäre nicht die bläuliche Schuppenhaut gewesen, die Fishmanta'kan hätte vom Hals abwärts einen durchaus verführerischen Anblick geboten.
Selbst ihre unförmige Fratze erschien nicht mehr so bedrohlich wie im Dunkel des Turmes. Statt die nadelspitzen Zähne zu blecken, schaute sie ängstlich drein. Ihre tiefschwarzen Augen hafteten wie gebannt an dem Spieß in Clays Hand. Plötzlich warf sie sich zur Seite und langte nach dem silbernen Stab, der neben ihr aus dem Fenster ragte.
Clay schoss wie der Blitz hinab, um ihr zuvorzukommen, doch die Eile war unnötig. Ihre breite Flossenhand tastete vergeblich über kantige Trümmerstücke. Die Waffe lag außerhalb ihrer Reichweite. Er packte das vorstehende Ende und befreite es mit einem kräftigen Ruck aus dem Schutt. Das glänzende Metall fühlte sich seltsam glatt und warm in der Hand an.
Derart entwaffnet, schien sich die Fishmanta'kan ihrem Schicksal zu ergeben. Vorsichtig mit den Flossenhänden paddelnd, brachte sie sich in eine schwebende Rückenlage, um ihr eingeklemmtes Bein so weit wie möglich zu entlasten. Der blanke Busen hob und senkte sich in schnellem Takt. Ein Zeichen für beschleunigte Atmung, zumindest bei einem Menschen. Darauf gefasst, jeden Moment durchbohrt zu werden, versuchte sie ihre Todesangst zu verbergen, doch es gelang ihr nicht Sie bot einen bemitleidenswerten Anblick.
Clay ließ die Spitze seiner Harpune sinken. Verdammt, Fischweib oder nicht - das, was da vor ihm im Wasser schwebte, sah einer Frau viel zu ähnlich, als dass ein Mann darauf einprügeln durfte.
Trotz seiner friedlichen Geste blitzte es in den Augen der - ja, was? Seeteufelin? Nixe?
Frau? - furchtsam auf. Als sich das Licht über Clay kurzfristig verdunkelte, wusste er auch warum.
Piar sank neben ihm herab. Den Spieß weit über den Kopf erhoben, verspürte sie offensichtlich keinerlei Skrupel gegenüber dem wehrlosen Fischwesen. Ihre Muskeln spannten sich an, um den Gnadenstoß auszuführen. Wäre ihr Clay nicht in den Arm gefallen, so hätte sich das Wasser einen Wimpernschlag später rot gefärbt.
Unwillig funkelte sie Clay an, der ihr mit deutlichen Gesten zu verstehen gab, dass sie die Seeteufelin in Frieden lassen sollte. Danach schwamm er näher ans Fenster. Die Trümmer, unter denen das blau geschuppte Bein festklemmte, waren zu schwer, um sie mit der bloßen Hand zu bewegen. Trotzdem wollte er dem seltsamen Wesen helfen, das ihn - ob absichtlich oder nicht - aus der Gefahrenzone katapultiert hatte.
Ein feiner Blutstrom quoll zwischen den Steinen hervor und stieg als rosa Schleier in die Höhe. Sie war verletzt. Clay musste sich beeilen, denn ihm blieb nicht mehr allzu viel Zeit, bevor er endgültig auftauchen musste. So nahm er Silberstab und Spieß in beide Hände und schob sie gemeinsam unter den Brocken, der auf dem Bein lastete. Nachdem ein gutes Drittel der Stäbe verschwunden war, setzte er sein ganzes Gewicht ein, um die freien Enden über die Fensterkante in die Tiefe zu drücken.
Anfang erreichte er nicht mehr damit, als dass sich seine Backen aufblähten, um die Luft aufzufangen, die aus seiner angespannten Brust entwich. Dann geriet das Deckenstück in Bewegung. Zuerst nur ein wenig, doch als die Fishmanta'kan auch noch ihren freien Flossenfuß dagegen stemmte, reichte es aus, um das eingeklemmte Bein darunter hervorzuziehen.
Die Befreiung war nicht mehr als ein Huschen, und länger hätte sie auch nicht dauern dürfen. Gleich darauf krachte der wacklige Haufen vollends in sich zusammen. Der dumpfe Laut rumpelte noch in Clays Ohren, als die Nixe - Seeteufelin erschien ihm einfach nicht das richtige Wort - auch schon davon schoss. Trotz des verletzten Beins benötigte sie nur wenige Flossenschläge, um knapp zwanzig Körperlängen zurückzulegen. Ihr stromlinienförmiger Körper schien keinerlei Widerstand zu bieten, so leicht glitt sie durch die Fluten. Wie unbeholfen wirkten dagegen die Menschen, die sich in ihr Refugium vorgewagt hatten: Dieses Schauspiel machte Clay endgültig klar, dass es ihr ein Leichtes gewesen wäre, der herabbrechenden Decke zu entkommen. Die Körperwendung und der Stoß, den sie ihm verpasst hatte, war nur zu seinem Besten gewesen. Aus irgendeinem Grund, den er sich nicht näher erklären konnte, hatte sie ihn retten wollen. Aber wozu dann die Blitze aus dem Meterstab?
Vielleicht, weil sie genauso viel
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