058 - Sub Sisco
kämpften.
Clay besaß einen kleinen Vorsprung, doch seine Hände und Füße waren nicht zum Schwimmen geboren, so wie die Flossen des Seeteufels. Mit beängstigender Lässigkeit zog das groteske Wesen gleich. Das nächstliegende Fenster war bereits zum Greifen nah, als das Rumpeln über ihren Köpfen zu tosendem Donner anschwoll. Der verzerrte Klang von berstendem Stein brachte Clays Ohren zum Klingeln.
Die Decke brach ein!
Vor Angst konnte er keinen klaren Gedanken mehr fassen; nackter Instinkt beherrschte sein Handeln. Er wollte nur noch raus aus dieser Todesfalle.
Aus den Augenwinkeln registrierte er, dass der Fishmanta'kan wesentlich kühler handelte und sich sogar Zeit für einen Blick über die Schulter nahm. Gleich darauf stellte sich heraus, dass die Bewegung nur eine Finte war, um Clay zu täuschen. Blitzschnell wälzte sich der unförmige Dämon mit angezogenen Beinen herum und trat Clay voll in die Seite.
Der überraschende Angriff trieb dem Jungen fast alle Luft aus den Lungen. Gleichzeitig hagelten dicke Trümmerstücke herab, genau an der Stelle, an der er eben noch geschwommen war. In eine dichte Schmutzwolke gehüllt, wurde er aus dem Haus geschleudert.
Für kurze Zeit verlor er die Orientierung, bis ihm einfallende Lichtstrahlen den richtigen Weg wiesen. Mit leeren Lungen schoss er nach oben. Der Reflex zum Luftholen ließ sich kaum noch unterdrücken. Wie von der Bogensehne geschnellt jagte er an Piar vorbei, die, auf der Stelle tretend, auf das unter ihr tobende Chaos starrte.
Der rettende Luftkasten rückte näher. Die nach unten gerichtete Öffnung wurde größer und größer. Vor Clays Augen tanzten bereits schwarze Punkte, als sein Kopf die Wasserlinie durchbrach. Gierig atmete er ein. Sein Herz trommelte schmerzhaft gegen den Brustkasten und die Lungenflügel brannten, als würde er pures Salz einsaugen, doch er war noch am Leben, das allein zählte.
Beide Hände fest an die Unterkanten der Truhe geklammert, versuchte er den rasenden Atem zu drosseln. In der Truhe war nicht mehr viel Luft verblieben; er musste sparsam sein. Während er die gespitzten Lippen in die Höhe reckte, drang ein leises Plätschern an sein Ohr. Panik keimte in ihm auf, doch statt des Fishmanta'kan tauchte Piars sorgenvolles Gesicht in die Höhe.
»Was ist passiert?«, wollte sie wissen.
»Ein Seeteufel!«, keuchte er zwischen zwei Atemzügen. »Er hat mich angegriffen.«
Ihre Augen spiegelten augenblicklich das Entsetzen wider, das er selbst empfand. Doch als er von der Attacke des Fishmanta'kan berichten wollte, kamen ihm plötzlich Zweifel an den eigenen Worten.
War wirklich alles so verlaufen, wie er es in seiner Todesangst empfunden hatte? Eigentlich musste er sogar dankbar sein, dass ihn der Tritt vor den herabstürzenden Trümmern bewahrt hatte. Und dann war da noch etwas! Die gedrungene Gestalt des Seeteufels hatte im Schein des einfallenden Lichts beinahe so ausgesehen wie…
»Wir müssen sofort auftauchen!«, rief Piar. »Bevor noch mehr von ihnen kommen.«
»Nein!« Clays Atem ging wieder ruhig und gleichmäßig. »Ich muss erst nachsehen, was aus ihm geworden ist.«
Seine Freundin machte ein Gesicht, als würde ihm eitrige Flüssigkeit aus Ohren und Nase quellen. . »Bist du verrückt?«, begehrte sie auf. »Wir können froh sein, dass wir noch leben. Wir müssen…«
Clay hörte nicht mehr, was sie vorschlagen wollte. Er hielt bereits den Atem an und tauchte ab. In seinem Magen rumorte es, als ob unzählige Eisstücke darin schwappen würden, doch seine Neugierde war stärker als die Angst. Er musste Gewissheit haben. Musste wissen, ob ihm seine Augen oder die überreizten Nerven einen Streich gespielt hatten.
Den eisernen Spieß in Vorhaltestellung, drang er zu der Schmutzwolke hinab, die sich nur langsam verflüchtigte. Hinter den auseinander driftenden Schlieren schälte sich das Fenster hervor, aus dem er im letzten Moment entkommen war. Trümmerstücke ragten aus der muschelbesetzten Öffnung. Die Zimmerdecke war in sich zusammengebrochen, aber das übrige Gebäude schien keinen Schaden genommen zu haben.
Der abziehende Schleier enthüllte auch den Fishmanta'kan… der mit seinem linken Bein unter den Trümmern feststeckte. Hätte sich Clay nicht bereits unter Wasser befunden, so hätte er spätestens jetzt die Luft angehalten. Was er' zuvor nicht wahrhaben wollte, ließ sich jetzt im herabfallenden Licht nicht länger leugnen.
Der Seeteufel besaß ausgesprochen weibliche
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