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0580 - Ginas Mörderschloß

0580 - Ginas Mörderschloß

Titel: 0580 - Ginas Mörderschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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»Geh schon, mein Kleiner. Geh hoch, immer höher, bis du das letzte Zimmer erreicht hast. Du kennst das Turmzimmer – oder?«
    Dennis deutete ein Nicken an.
    »Da saßen die Schüler früher ihre Strafen ab. Manche über mehrere Tage. Das waren noch Zeiten. Ich habe beschlossen, es umzufunktionieren oder es wieder zu einem Karzer, einem Schulgefängnis, zu machen.«
    Dennis sprach mit einer für ihn fremd klingenden Stimme. »Ja, ich weiß Bescheid.«
    »Dann geh auch.« Orth verstärkte den Druck der Mündung.
    Dennis drehte sich um. Mit gesenktem Kopf stieg er die Stufen hoch. Noch nie in seinem Leben hatte er eine dermaßen starke Angst gespürt. Er verfluchte die Hexe, er verfluchte seine Träume, die Schule, den Karzer, die Lehrer, eigentlich alles.
    Aber er ging weiter. Einem Schicksal entgegen, das für ihn mehr als ungewiß war…
    ***
    Das harte krachende Geräusch wollte einfach nicht weichen. Es klang noch Minuten später in Dennis’ Ohren nach, als Orth die schwere Holztür längst hinter dem Schüler geschlossen hatte und laut lachend davongegangen war. Zweimal noch hatte er den Schlüssel gedreht. Der Raum unter dem Dach war für den Jungen zu einer Gefängniszelle geworden, wobei diese sicherlich noch besser aussahen als dieses spartanisch eingerichtete Zimmer, in dem nur ein einfacher Holzstuhl stand und ein quadratischer Tisch davor. Sonst gab es nichts.
    Keine Regale, keine Bücher, keine Schränke. Nein, es war überhaupt nichts vorhanden.
    Tisch und Stuhl mußten reichen…
    Dennis hatte sich auf den Stuhl gesetzt. Ein schweres Sitzmöbel, wie er zugeben mußte. Aus dickem Holz gefertigt, auch als Schlagwaffe benutzbar, jedoch nicht hart genug, um die Scheibe des Halbmondfensters zu zertrümmern.
    Das Glas war einfach zu stark und dick. Man konnte es bereits mit einem Mauerwerk vergleichen. Es bestand aus sogenannten Glasbausteinen. Um die zu zertrümmern, hätte es schon einer besonderen Waffe bedurft, die Dennis leider nicht besaß.
    So blieb ihm keine Chance.
    Die Sonne hatte gegen das Fenster gestrahlt, die Steine aufgeheizt, die ihre Wärme nun weitergaben, hineinströmen ließen in die schmale Zelle und die Luft dort anheizten. Sie umgab den einsamen Jungen wie eine dumpfe Masse.
    Dennis hockte auf dem Stuhl. Er hatte einen Arm gekantet, den Ellbogen auf die harte Unterlage gestellt und sein Kinn gegen den Handballen gestützt.
    So starrte er ins Leere.
    Genau so leer fühlte er sich auch in seinem Innern. Da war nichts mehr, was ihn aufmuntern konnte. Sein Blick war ebenso trübe wie das Innere seines Körpers.
    Vorbei, aussichtslos…
    Nicht einmal weinen konnte er. Dennis wußte selbst nicht, wie lange er in dieser Haltung gesessen hatte, als er plötzlich aufsprang, weil ihm etwas eingefallen war.
    Er schob den Tisch gegen die Wand direkt unter dem Fenster und kletterte auf die Platte. Sie war stabil genug, um sein Gewicht aufhalten zu können.
    Dennis freute sich über seine Größe. Wenn er sich auf die Zehenspitzen stellte, konnte er tatsächlich aus dem Fenster schauen. Er wunderte sich darüber, wie durchsichtig die Glassteine doch waren.
    Relativ gut konnte er die Umgebung des Internats erkennen.
    Er schaute schräg nach vorn und in die Tiefe. Sah den Wald, die satten Hänge, die schmalen Asphaltbänder der Straßen, die alles zerschnitten, einige Autos, auch die Bushaltestelle konnte er sehen, wenn er den Kopf drehte, sogar Spaziergänger, nur kam von denen niemand auf die Idee, sich für das Internat näher zu interessieren.
    Falls sie es taten, würden sie bestimmt nicht an der Fassade hochschauen und ihn hinter dem Halbmondfenster sehen.
    Er schaute minutenlang hinaus. Dort lag die Freiheit, fast zum Greifen nahe und doch so fern. Dennis beneidete die Vögel, die auf sein Fenster zuflogen, sich dicht vor der Scheibe verteilten, um auf dem Dach ihre Plätze zu finden.
    Die Tiere waren frei, so wunderbar frei. Er aber hing hier fest, eingekerkert, verschwunden hinter den dicken Mauern und den Steinen aus Glas.
    Orth, der Hausmeister, war nicht mehr zurückgekehrt. Er würde warten, bis es dunkel geworden war, ihn dann holen, um ihn zu Ginas Mörderschloß zu schaffen.
    Gina, die Hexe, die seit über zweihundert Jahren tot sein mußte und trotzdem noch lebte.
    Wie paßte das zusammen?
    Dennis konnte keine Lösung finden, sosehr er auch darüber nachdachte. Er hatte über sie gelesen. Als Schwarzwald-Hexe war sie verbrannt und anschließend noch geköpft worden. Eine unheimliche

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