0580 - Ginas Mörderschloß
Vorgängen kommen konnte.
Alles sah nach heiler Welt aus.
Das hatte ich schon öfter erlebt, und ich wußte auch, wie grausam und blitzschnell die andere Seite in diese heile Welt hineinschlagen konnte.
Kurz vor Waldau fuhr ich von der Straße ab und hielt auf einem provisorischen Parkplatz, der dem gestreßten Autofahrer einen herrlichen Blick über die Höhen hinweg und auch hinein in die Täler bot. Ich sah den kleinen Ort Waldau vor mir liegen, aber auch Straßen, die in Richtung Südosten führten und zwischen den Bergen verschwanden.
Da irgendwo mußte auch das Internat zu finden sein. Außer mir pausierten noch andere. Zwei Bauarbeiter waren auch darunter. Sie lehnten an der Kühlerhaube ihres Lieferwagens, aßen Brote und tranken Tee dazu.
Ich sprach die Männer an und erkundigte mich nach meinem Ziel.
Eine Antwort bekam ich auch. Wegen des Dialekts mußte sie einige Male wiederholt werden, bis ich begriffen hatte und mich bedanken konnte.
»Sie kommen wohl nicht von hier…«
»Nein, aus London.«
»Das ist weit.«
»Sicher.«
»Wie viele Kilometer sind es noch bis zu diesem Internat?« stellte ich die letzte Frage.
»Vielleicht acht oder zehn. Sie müssen jedenfalls immer auf der Straße bleiben.«
»Danke sehr.«
Die Straße führte in Richtung Titisee-Neustadt und gehörte nicht zu denen, über die sich der Durchgangsverkehr und die Touristenströme quälten. Dafür war sie auch nicht so gut ausgebaut und mit ziemlich engen Kurven versehen, wobei es ständig bergauf ging.
Das Wetter hielt sich prächtig. Ich hatte das Radio eingeschaltet und bekam zufällig den Wetterbericht für Ostern mit. Es sollte ein wunderbares Fest werden.
Ich hatte da meine Zweifel, wenn ich an den Autoverkehr dachte.
Ich passierte einen kleinen Ort, der sich Vordertal nannte. Das hatten mir die beiden Männer auch erzählt. Das Internat sollte auf der rechten Seite der Straße liegen. Es mußte einsam stehen und von einer waldreichen Gegend umgeben sein.
Im dichten Sommer, wenn alles voll belaubt gewesen wäre, hätte ich das Internat möglicherweise passiert, ohne es zu entdecken, denn es lag doch abseits der normalen Straße. Die Zufahrt befand sich nicht weit von einer Bushaltestelle entfernt, an der niemand stand.
Ich rollte auf den großen Klotz zu.
Von einer Schädigung der Landschaft wollte ich nicht sprechen, aber dieser Bau paßte meiner Ansicht nach nicht dorthin, wo er stand. Da hätte es Platz für mehrere Schwarzwaldhäuser gegeben, aber das war nicht meine Sache.
Ich rollte auf das Gebäude zu, sah auch den Anbau und wußte sofort, daß es leer war.
Es sah nicht nur unbewohnt aus, nein, ich spürte auch, daß niemand erscheinen würde, um mich zu empfangen. Ob ich hier tatsächlich diesen Dennis Höller fand, war mehr als fraglich.
Der BMW rollte langsam aus, und ich verließ den Wagen, um vor der breiten Front stehenzubleiben.
Mein Blick glitt in die Höhe und auch über die zahlreichen Fenster hinweg, hinter deren Scheiben ich keine Bewegung entdeckte. Nur die Sonnenstrahlen brannten auf das Gebäude nieder.
Himmel, es war sommerlich heiß. Ich schwitzte. In kalten, dünnen Bächen rann mir der Schweiß den Rücken hinab.
Mir fiel die Stille auf. Selbst das Pfeifen und Piepen der Vögel war kaum zu hören. Die Tiere schienen sich zurückgezogen zu haben.
Natürlich wollte ich nicht unverrichteter Dinge wieder abziehen, sondern den Bau genauer unter die Lupe nehmen.
Ich trat einige Meter zurück und schaute mir die Fassade noch einmal an. Diesmal auch die höchsten, dicht unter dem Dach liegenden Fenster, wobei einige von ihnen die Form eines liegenden Halbmonds besaßen.
Hinter dem mittleren tat sich etwas!
Zunächst glaubte ich an eine Täuschung. Ich nahm die Brille ab, putzte die Gläser und schaute noch einmal hindurch.
Nein, das war keine Täuschung. Hinter der Halbmondscheibe bewegte sich tatsächlich jemand. Es war eine männliche Gestalt, das konnte ich erkennen. Ob es sich dabei um einen Erwachsenen oder einen Jugendlichen handelte, war leider nicht zu sehen.
Und diese Person winkte heftig. Die Bewegungen ließen mein Mißtrauen aufkeimen, weil der Mann so aussah, als würde er sich in großen Schwierigkeiten befinden.
Das war sehr seltsam. Weshalb tat er das? Wollte er mir ein Zeichen geben?
Ich schluckte einige Male und wischte mir den Schweiß von den Brauen weg. Zwar überfiel mich keine Ahnung, aber ich ging davon aus, daß sich der Unbekannte hinter dem Fenster da
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