0583 - Drachen-Jäger
Drache ist hier, und das Schwert war hier«, sagte Fooly. »Warum wohl? Der Drachenmörder hat es zurückgelassen.«
Nicole dachte an die Geschichte, die Sparks erzählt hatte. Von der Halb-Elfe, die das Schwert an den König weitergegeben hatte, nachdem sie den Drachen erschlagen hatte.
Irgendwie konnte sich Nicole aber nicht so richtig vorstellen, es hier mit dem Opfer jener Drachentöterin zu tun zu haben.
Andererseits - Schwerter, die durch Drachenhaut und sogar durch Stein schnitten, die waren verflixt rar im Universum. Dieses hier war erst das zweite dieser Art, dessen Existenz nunmehr offiziell verbürgt war.
Vermutlich, dachte sie, werden ivir es nie erfahren…
»Euer seltsamer Gast, den ihr von mir fernhalten wollt, weil er mich umbringen will«, fuhr Fooly fort. »Sicher hat er auch diesen Drachen ermordet. Er war es, ganz bestimmt! Und jetzt will er auch mich töten. Er will den Schatz für sich selbst. Du darfst das nicht zulassen, Mademoiselle Nicole!«
»Er wird dich nicht töten. Und er hat auch diesen Drachen nicht getötet.«
»Sicher hat er das!« fuhr Fooly auf und löste sich aus der tröstenden Umarmung. »Du brauchst dir bloß seine teuflischen, stechenden Augen anzusehen…«
»Wie bitte? Er hat ganz normale und freundliche Augen! Und woher willst du überhaupt wissen, wie seine Augen aussehen? Du bist ihm doch noch gar nicht begegnet!«
Fooly wedelte heftig mit den Flügeln. »Drachenmörder haben immer teuflische, stechende Augen! Das weiß doch jeder!«
»Mir zum Beispiel war das bisher unbekannt.«
»Du bist ja auch nicht jederl«
Offensichtlich hatte Fooly seine sentimentale Phase wieder überwunden, oder er war zumindest dabei.
Den lichtspendenden Dhyarra-Kristall in der Hand, bewegte sich Nicole nun weiter vorwärts, an dem toten Drachen vorbei. Er hatte eine beachtliche Größe.
Allerdings - die Ähnlichkeit mit einem chinesischen Glücksdrachen war höchstens mit sehr viel Fantasie zu erahnen. Eher glichen die sterblichen Überreste dieses Wesens einem fossilen Saurier oder einem mutierten Superkrokodil.
Es hatte nicht mal Flügel.
Wie der tote Drache so dalag, wirkte er völlig unverletzt, gerade so, als schliefe er nur.
Der lebende Drache packte zu und wälzte den Toten herum. Seine Kraft reichte dafür gerade aus, denn der Tote bestand ja nur noch aus einem leichten Knochengerüst und der feinschuppigen Drachenhaut.
Fooly drehte ihn auf die Seite, so daß die Bauchfläche zu sehen war. Dort waren etliche Stich- und Schnittverletzungen zu erkennen, und jetzt war auch zu sehen, daß jemand dem Drachen die Kehle aufgeschnitten und ihm eine Klinge durch Kinn und Gaumen gestoßen hatte.
»Abscheulich«, krächzte Fooly. »Er muß sehr gelitten haben, ehe er starb. Ein anständiger Drachentöter hätte ihm ein rasches Ende gemacht. Ein einziger Stich an der richtigen Stelle… das hier aber muß ein brutales Abschlachten gewesen sein!«
Nicole preßte die Lippen zusammen. Die Verletzungen des Drachen glichen denen, wie sie Sparks in seiner Erzählung beschrieben hatte.
Sollte etwa doch…?
Aber wie war das möglich? Weder historische Fakten noch bekannte Märchen und Legenden wiesen darauf hin, daß es in dieser Gegend zur fraglichen Zeit einen König und einen Drachen gegeben hätte!
Nicole ging langsam weiter, an dem toten Körper entlang.
Hinter dem Drachen entdeckte sie eine Doppelöffnung in der Felswand. Das wies auf eine weitere Höhlenkammer hin. Beide Öffnungen, jede für sich, waren groß genug, daß dieses mächtige Wesen hätte hindurchschlüpfen können.
»Wohin gehst du?« wollte Fooly wissen. »Glaubst du, daß sich der Schatz dort hinten befindet?«
Sie zuckte mit den Schultern, dann durchschritt sie die rechte der beiden Öffnungen.
Fooly folgte ihr durch die linke.
Sie befanden sich in einem Gewölbe, das noch größer war als jenes, in dem der tote Drache lag. Weitere Öffnungen wiesen in eine Vielzahl anschließender Kammern. Der Berg mußte tatsächlich wie ein Schweizer Käse durchlöchert sein…
Und von alledem hatte nie ein Mensch etwas geahnt!
Aber das war noch längst nicht das Ende aller Überraschungen!
»Das gibt's doch nicht…« flüsterte Nicole entgeistert.
***
Sparks schlich wie ein Dieb in der Nacht durch die düsteren Korridore des Châteaus, aber er bewegte sich nicht in Richtung Gästetrakt.
Er hatte vorhin etwas bemerkt, als Zamorra ihn zum Schachspielen ins Kaminzimmer eingeladen hatte. Da war der alte Diener auf
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