0588 - AQUARIUS - Dämon aus der Tiefe
aus schwarzem Samt. Nur durch einen Riß im Vorhang drang silbernes Mondlicht in die Kammer und malte einen hellen, weißen Balken auf den Dielenboden.
Zamorra ging zum Bett zurück und schlüpfte auf seiner Seite unter die Decke. Obwohl er müde und erschöpft war, glaubte er nicht, daß er sofort einschlafen würde. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte zur Zimmerdecke hinauf, während Nicole neben ihm bereits in Morpheus' Armen weilte und so gleichmäßig atmete, wie es nur Menschen tun, die in den Gefilden eines süßen Traumes wandeln.
Und sie hatte gerade noch mit ihm durch die Kissen toben wollen? Offensichtlich hatte sie diesmal ihr körperliches Durchhaltevermögen überschätzt…
Andererseits - auch Zamorra bedauerte es.
Er lag noch eine Weile wach und lauschte dem ruhigen Schlaf seiner Gefährtin. Dann spürte er, wie ihm ebenfalls die Lider schwer wurden. Er gähnte und bettete seinen Kopf in die Kissen, deren schwacher Staubgeruch ihn mit einem Mal nicht mehr weiter störte.
Knapp eine halbe Minute später war auch er eingeschlafen…
***
Mitten in der Nacht schreckte Zamorra aus dem Schlaf. Im ersten Moment wußte er nicht, wo er sich befand. Dann erinnerte er sich wieder. Im Haus dieses Glatzkopfs namens Gond.
Er setzte sich auf und strich sich eine schweißfeuchte Haarsträhne aus der Stirn.
Noch immer etwas benommen warf er einen Blick auf die Leuchtziffern seiner Armbanduhr.
Es war Viertel nach drei.
Was hatte ihn geweckt?
Er betrachtete Nicole, die sich neben ihm in die Bettdecke gekuschelt hatte. Sie schlummerte tief und fest. Sie konnte ihn nicht beim Träumen gestört haben.
Aber was dann?
Zamorra vermochte es nicht zu sagen.
Plötzlich vernahm er ein sonderbares Geräusch, das sich vom niemals verklingenden Lied des Dschungels leise abhob. Er lauschte angespannt.
Tatsächlich. Da war etwas. Ein leises, allmählich auf- und abschwellendes Murmeln, das zu gleichmäßig und melodiös war, um von der Meeresbrandung zu stammen.
Doch was war es sonst?
Zamorra lauschte weiter. Das sonderbare Murmeln schien von draußen zu kommen, wurde langsam lauter.
Neugierig schlug er die Decke beiseite, schlüpfte aus dem Bett und ging zum Fenster. Er zog den Handtuchvorhang beiseite und schaute hinaus.
In den paar Stunden, die vergangen waren, seit er sich zum Schlafen hingelegt hatte, hatte sich der Himmel bewölkt. Dicke, schwarze Wolken, die von Osten herantrieben und wohl Vorboten des nahenden Monsuns waren, schoben sich am Vollmond vorbei, verdunkelten das Firmament.
Der kleine Ort lag in tiefer, wattiger Finsternis.
Und das seltsame Murmeln nahm weiter an Lautstärke zu.
Zamorra verengte die Augen zu schmalen Schlitzen und spähte in die schwüle Dunkelheit. Zunächst konnte er nichts erkennen, doch dann entdeckte er, vielleicht vierhundert Meter entfernt, eine Ansammlung flackernder Lichter, die sich durch die Büsche und Sträucher des Urwalds dem Strand näherten. Allem Anschein nach waren dort drüben einige Leute mit Fackeln unterwegs, und diese Leute waren wohl auch für das melodische Gemurmel verantwortlich.
Zamorra runzelte die Stirn.
Was war da los?
Er blieb am Fenster stehen und wartete, bis die Fackeln aus dem dichten Grüngürtel herauskamen und den Strand erhellten, wo er sie besser sehen konnte.
Soweit er es in der Dunkelheit und auf die Distanz erkennen konnte, waren es etwa ein Dutzend Gestalten in weiten, sariähnlichen Gewändern, die in einer Prozession am Ufer entlangzogen. Sie bewegten sich in einer strikten Formation - immer zwei Personen nebeneinander - in nördlicher Richtung, und das dumpfe Murmeln, das offenbar irgendwelche religiösen Gesänge oder etwas in der Art darstellte, begleitete sie.
Zamorra beobachtete die Gruppe, bis ihm eine Reihe Palmen den Blick versperrte. Er sah die Lichter der Fackeln noch eine Minute durch das Dickicht scheinen, doch schließlich waren sie verschwunden, und eine kleine Weile später verstummte auch das sonderliche Murmeln.
Von der nächtlichen Prozession war nichts mehr zu sehen.
Zamorra fragte sich, was das für Leute gewesen waren, die mitten in der Nacht summend den Strand entlangmarschierten.
Vielleicht Mönche, überlegte er. In dieser Gegend soll es eine Menge Tem-
pel und Klöster geben. Hindus oder Buddhisten. Oder eine Schar Hare Krishna- Anhäng er auf dem Weg zu einer wüsten Beach-Party.
Er grinste. Letzteres wohl eher weniger…
Aber was interessierte ihn das überhaupt? Er war
Weitere Kostenlose Bücher