0588 - Das Ding aus dem Koffer
Graue. Ich hatte ihn gesehen, und davon ließ ich mich nicht abhalten. Was er allerdings auf dieser Versteigerung zu suchen hatte, das wussten die Götter. Ich jedenfalls konnte mir keinen Grund vorstellen, bis auf einen: Er interessierte sich für den Koffer!
Daran musste ich denken. Quinn hatte im Angesicht des Todes bestimmt nicht gelogen. Es musste diesen Koffer geben, und er musste auch eine bestimmte Bedeutung haben. Ob es dabei nur um ihn ging oder besonders um seinen Inhalt, konnte ich nur raten.
Die Stimme des Auktionators nahm an Lautstärke ab, je weiter ich mich entfernte. In dieser Lagerhalle konnte man sich verlaufen, so groß war sie. Die Gänge bildeten zueinander rechte Winkel. Es roch an manchen Stellen ziemlich muffig, als wären bestimmte Waren mit Mottenpulver gepudert worden.
An der Lederabteilung ging ich vorbei. Sie erinnerte mich wieder an den Koffer. Auch ein solches Gepäckstück bestand aus Leder.
Unwillkürlich ließ ich meine Blicke an der hohen Regalfront entlang gleiten und sah die zahlreichen Koffer, Taschen und Tragebeutel, die irgendwann versteigert werden sollten.
Ob sich der bewusste Koffer auch darunter befand? Ich blieb stehen, da mich der Anblick der Koffer besonders interessierte.
Wenn er magisch angehaucht war, hätte möglicherweise mein Kreuz mit einer leichten Erwärmung reagiert.
Es blieb kalt. Demnach konnte ich davon ausgehen, dass sich keine fremde Magie in meiner Nähe aufhielt und die etwas verstaubt wirkenden Ledersachen normal waren.
Ein magischer Koffer! Gab es ihn? Wenn ja, was enthielt er? War es vielleicht der Koffer eines Zauberers? Hatte er einmal einem Magier gehört und war möglicherweise aus einem fernen Land über irgendwelche dunklen Wege nach London gelangt?
Und was hatte Terry Boone mit ihm zu tun? Er wollte mir einfach nicht aus dem Kopf. Ein Mann wie er ging nicht auf eine Versteigerung, um bei irgendwelchem Plunder mitzubieten. Der hatte andere Gründe.
Weil ich damit rechnete, Boone in dem Lager zu finden und weil ich seine Gefährlichkeit kannte, reagierte ich so vorsichtig und überlegte mir jeden Schritt.
Besonders an den Kreuzungen der Gänge gab ich acht. Sie waren leer. Ich sah auch keine Lagerarbeiter, die hier ihren Dienst versahen. Die Waren mussten schon in die Nähe der Versteigerungshalle geschafft worden sein.
Auf meinen Armen lag eine Gänsehaut. Es war eine andere Kühle, die dafür verantwortlich war. Möglicherweise eine Ahnung. Ich besaß zwar keinen sechsten Sinn, allerdings war mein Gefühl für bestimmte Gefahren ziemlich gut ausgebildet.
Noch immer stand ich an dieser schmalen Kreuzung. Die Gänge waren immer noch leer. Ich ging den breitesten weiter und hielt den Blick schon auf die nächste Kreuzung gerichtet.
Auf halber Strecke hörte ich es. Der Klang von Schritten erreichte meine Ohren. Sie waren nicht forsch gesetzt worden, eher schleichend und vorsichtig. Als würde ein Dieb durch die Halle gehen.
Möglicherweise sogar mit einem Koffer.
Es war seltsam, aber ich kam davon einfach nicht los. Von der rechten Seite her waren die Echos an meine Ohren gedrungen.
Wenn ich weiterging, würde ich die betreffende Person bestimmt an der nächsten Gangkreuzung treffen.
Oder waren es mehrere Personen? Wenn ich genau hinhörte, glaubte ich an den kleinen Unterschied. Ja, das mussten mindestens zwei Personen sein. Ich überlegte. Terry Boone war allein gegangen. Konnte es sein, dass er sich hier mit einem Helfer getroffen hatte?
Auf einmal drängte die Zeit. Ich suchte nach einem Versteck, weil ich das Gefühl hatte, dass mich der oder die anderen auf keinen Fall sehen sollten.
Für mich kamen nur die Regale in Frage, aber die waren in Höhe des Bodens voll gestopft. Zum Glück ist Leder weich. Ich schaffte es, mich zwischen Taschen und Koffer zu zwängen und duckte mich dabei noch. Jetzt hieß es abwarten.
Noch tat sich nichts, nur die Schritte hörte ich. Über den Rand des größten Koffers schielte ich hinweg. Der Geruch von altem Leder und der eines Pflegemittels kitzelte meine Nase. Hinzu kam der Staub, der sich in den Schleimhäuten festsetzte. Alles, nur nicht niesen müssen, dann war meine schöne Überraschung zum Teufel.
Die Sicht in den Gang hinein war mir versperrt. Ich würde die Personen erst sehen können, wenn sie die Kreuzung erreicht hatten.
Sekunden vergingen, dann sah ich eine schattenhafte Bewegung auf dem Boden, und im nächsten Moment sah ich sie.
Die Frau trug eine Brille, hatte die
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