0588 - Das Ding aus dem Koffer
schnelles Geld aus waren.
Männer, Frauen, viele Jugendliche, die sich nicht hineintrauten.
Es hatte sich auch bei ihnen herumgesprochen, wie schnell die beiden Hunde da sein konnten.
Der Armenier mit seinen lackschwarzen Haaren und dem dünnen Bärtchen auf der Oberlippe reckte sich, als die Bewegung an der Tür zunahm. Jemand wollte eintreten.
Es war der Graue. Fast unhörbar schob er sich über die Schwelle.
In seinem Gesicht rührte sich nichts, dennoch glitten seine Augen blitzschnell durch die enge Halle.
Sajastin sagte nichts. Er kannte die Männer, er kannte diese Blicke. Sie waren immer dann fällig, wenn die Personen einiges hinter sich hatten. Zumeist handelte es sich dabei um ein Verbrechen.
Ohne Koffer war der Graue gegangen, jetzt umschlang seine rechte Hand den Griff eines Holzkoffers.
»Wenig Licht hier«, sagte er und deutete auf die trübe Funzel an der Decke.
Sajastin hob die dürren Schultern. »Was willst du machen, Freund? Die meisten Gäste hassen das Licht.«
»Schatten sind manchmal nicht gut. Man kann sich dort verstecken.«
Der Armenier winkte ab. »Nicht bei mir, Freund. Soll ich dir noch etwas bringen lassen, wenn du auf dein Zimmer gehst, oder willst du nicht gestört werden?«
»Was hättest du denn anzubieten?«
»Girls, etwas zu essen und zu trinken. Es kostet mich nur einen Anruf.«
Der Graue grinste schief. »Und du kassierst eine Provision.«
»Nur eine Kleinigkeit.«
»Ja, ich weiß. Ihr Armenier seid alle gleich.«
»Bitte keine Verallgemeinerungen.«
»Ich will nichts, nur meine Ruhe.«
»Die kannst du haben.«
Der Graue ging. Um sein Zimmer zu erreichen, musste er die schmale Treppe hochgehen. Das Holz war ausgetreten. Auf manchen Stufen bildete es regelrechte Mulden. Am Geländer fehlten einige Stäbe. Es war nur noch zur Dekoration da.
Sajastin schaute dem Grauen nach. Dass dieser Mann sein härtester und gefährlichster Gast war, hatte er längst gespürt. Da besaß er den richtigen Instinkt und auch die jahrelange Erfahrung.
Am Ende der Treppe drehte sich Boone noch einmal um und schaute in die enge Lobby. Der Armenier winkte ihm zu. Dabei lächelte er, ohne dass dieses Gefühl auch die Augen erreichte.
Beruhigt war Boone nicht. Er hasste diese Hotels, sie waren bekannt, aber was wollte er tun? Der Auftraggeber hatte ihn herbestellt und ihm auch geraten, ein bestimmtes Zimmer zu nehmen und dort mit dem Koffer auf ihn zu warten.
Was der Koffer genau beinhaltete, wusste selbst Boone nicht. Er konnte auch nicht viel über seinen Auftraggeber sagen. Dem war der Koffer angeblich gestohlen worden. Es ging allein darum, dass er ihn und natürlich den Inhalt wieder zurückbekam.
In der ersten Etage war das Flurlicht noch trüber als unten. Die Türen der Zimmer rechts und links lagen versteckt in kleinen Nischen. Boone stand wie unter Strom. Er hielt seine Waffe jetzt nicht mehr unter der Jacke verborgen, sondern offen in der Hand.
Die Mündung wies gegen die Decke. Wenn es sein musste, konnte er die Kanone blitzschnell senken und abdrücken.
Die Suite lag hinter der letzten Tür. Boone hatte das Zimmer bei seinem Verlassen abgeschlossen, was keine Garantie war, denn diese Schlösser konnten leicht geknackt werden, das schaffte jeder Laie.
Nicht Boone schaute als erster in den Raum, sondern die Mündung der MPi. Sie stach in die muffige Luft. Während des Tages hatten die Sonnenstrahlen die Bude aufgeheizt.
Die Duschkabine, außen und innen klebte der Dreck, bildete den Mittelpunkt des Raumes. Um sie herum verteilten sich das Bett mit der blutbefleckten Decke, ein Stuhl, ein wackliger Schrank und ein runder Tisch, der nur normal stand, weil unter einen seiner Beine ein Bierdeckel geklemmt worden war.
Mit der Hacke kickte der Mann die Tür zu. Er hörte, wie sie ins Schloss fiel, und stellte den Koffer nicht auf den Tisch. Die befleckte Decke beulte sich ein, als sie den Druck spürte. Bis auf zwei Spinnen befand sich kein anderes Lebewesen im Raum.
Boone ging zum Fenster, öffnete es, warf einen Blick nach draußen und hörte den Lärm eines in den Bahnhof fahrenden Zuges. Die Wagen sahen aus wie eine helle Schlange aus Metall und Rädern. Er schloss das Fenster. Direkt darunter war es finster, denn ein enger Hinterhof wurde von einer alten Brandmauer umgeben.
Der Koffer! Er hatte darum gekämpft. Es hatte einen Toten gegeben, und Boone nahm sich fest vor, den Preis für seinen Job auf das Doppelte zu erhöhen. Sollte der Auftraggeber nicht zahlen,
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