0588 - Das Ding aus dem Koffer
zu können. Die neu hinzugekommenen standen in einem separaten Raum, wo sie erst noch ausgezeichnet werden mussten.
Helen Taylor fühlte sich mit einemmal nicht mehr wohl. Sie wusste nicht, woran es lag, bestimmt nicht an den deckenhohen Regalen, an die hatte sie sich mittlerweile gewöhnen können.
Vielleicht war es die dumpfe, muffige Luft oder auch die relative Stille, die sie als beklemmend empfand, denn von den übrigen Kollegen war so gut wie nichts mehr zu hören.
Über ihr wuchsen die Regale hoch. Voll bepackt mit Sachen und Gegenständen, die versteigert werden sollten. Das begann beim Besteckkasten und ging weiter über alte Uhren, Taschen, Decken, Regenschirme, TV-Apparate, HiFi-Anlagen, Radios bis zu Kleidung, Möbeln und Trödel. Man konnte hier alles finden, selbst ein Satz Autoreifen lag in einem der Fächer. Der Besitzer löste sie immer wieder ein, wenn der Winter vor der Tür stand.
Einer der schmaleren Seitengänge führte zu der Tür, hinter der die frisch eingetroffenen Waren lagerten. Helen besaß zwar einen Schlüssel, aber ihr Chef hatte nicht abgeschlossen.
Sie legte die Hand auf das kühle Metall der Klinke, ohne die Tür allerdings zu öffnen. Die junge Frau wusste selbst nicht, was sie störte. Es war wieder dieses komische Gefühl der Beklemmung, das sich allmählich zu einer Angst steigerte.
Ihre Kehle war trocken geworden. Sie hätte gern einen Schluck getrunken, auch eine Zigarette geraucht, was allerdings in diesem Teil des Lagers nicht erlaubt war.
Noch blickte sie auf die grau gestrichene Eisentür. Dann drehte sie sich plötzlich um, und zwar so schnell, dass es ein Verfolger nicht geschafft hätte, sich zu verstecken.
Es war keiner da.
Helen atmete tief durch. Du machst dich selbst verrückt, dachte sie. Du drehst noch durch, wenn das so weitergeht. Ruhig Blut!
Sie betrat eine kleine Kammer. Klein allerdings nur im Vergleich zu den großen Hallen. Die Ausmaße kamen hier schon auf die achtzig Quadratmeter.
Ein Fenster gab es hier ebenfalls nicht, dafür unter der Decke eine Lüftungsklappe. Helen sah auch die voll gestopften Metallregale an den Wänden und blieb vor dem langen, tresenartigen Tisch stehen, der fast von Wand zu Wand reichte und den Raum in zwei Hälften teilte.
Die neu eingetroffenen Gegenstände lagen auf dem Tresen. Sie schritt daran entlang und schaute sich die Dinge genau an.
Einen alten Kinderwagen sah sie ebenso wie zwei Eichenstühle.
Pelzmäntel, Jacken und ein hoher Berg von bunten Kleidern. Letztere nahmen ihre Aufmerksamkeit besonders in Anspruch. Der Kleiderberg fiel in seiner Höhe einfach aus dem Rahmen. Soviel hatten sie sonst nicht zu versteigern.
Helen durchwühlte ihn und stellte rasch fest, dass der Kleiderberg nur etwas verdeckt hatte. Es war ein Koffer, der nun frei vor ihr lag.
Wieso war er verborgen gewesen? Gab es einen Grund dafür, oder war es nur Zufall gewesen?
Der Koffer war nichts Besonderes, und trotzdem fiel er auf. Es lag an seiner Größe und auch am Material, denn das Ding bestand aus Holz, ohne einen Überzug aus Leder.
Etwas kannte sich Helen aus. Sie wusste, dass die Menschen früher mit hölzernen Koffern gereist waren. Möglicherweise war das Ding sehr alt, obwohl es noch neu aussah.
Der Koffer war verschlossen. Die Höhe von Ober und Unterteil war identisch. Als Verschlüsse dienten einfache Schnappschlösser, ohne irgendeinen Code.
Helen hätte ihn gern geöffnet, aber irgend etwas hielt sie davon ab. Sie stand vor dem Gegenstand, betrachtete ihn, runzelte die Stirn und hatte das Gefühl, dass er nicht an diesen Platz passte. Auf dem Tresen, wo so viele andere Dinge standen, wirkte er wie ein Fremdkörper, Sie strich mit den Händen über das Holz. Es fühlte sich völlig normal an. Auch die Seiten waren nicht anders. Als sie die Verschlüsse berührte, spürte sie deren Kühle.
Dann klopfte sie auf den Deckel. Der dumpfe Laut schwang ihr als Echo entgegen. Dem Geräusch nach zu urteilen war der Koffer leer.
Vielleicht sollte sie ihn doch öffnen. Helen hatte die Tür hinter sich nicht geschlossen. Sicherheitshalber schaute sie noch einmal zurück und konnte auch in den schmalen Gang sehen, doch dort hielt sich niemand auf, der sie beobachtete. Also wagte sie es.
Es klappte nicht. Sosehr sich Helen auch anstrengte, die Laschen zurückzuziehen, sie bewegten sich nicht. Und das ohne irgendwelche Schlösser. Auch entdeckte sie keinen Rost, der die Verschlüsse hätte klemmen oder sperren können.
Das war
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