0589 - Die Kugelköpfe
Angst.«
»Sag John zu mir.«
»Ich bin Rico.«
»Hat dieser Boone, so hieß der Mann, irgend etwas erzählt, was vielleicht wichtig sein kann?«
Aus großen, feuchten Augen schaute er mich an. »Wie meinen Sie das denn, John?«
»Wie ich es sagte. Hat er von Plänen gesprochen?«
Rico schüttelte den Kopf. »Überhaupt nicht. Er war nur davon überzeugt, gewinnen zu können. Ich habe seine Kraft gespürt. Es war fürchterlich, glauben Sie mir.«
»Das weiß ich.«
Rico hob die Schulter, schaute aus dem Fenster und redete gegen die Scheibe. »Wo er hinwollte, kann ich Ihnen wirklich nicht sagen. Das… das hat er mir nicht erklärt.«
»Schon gut.« Ich schlug ihm auf die Schulter. »Du hast Mut gezeigt, Rico.«
»Nein, ich hatte Todesangst.«
»Es ist bereits mutig, so etwas zuzugeben. Ihr habt es überstanden, niemand ist verletzt.«
»Nicht äußerlich.«
Ich lächelte ihm zu. »Auch Seelenschäden können heilen. Sie werden heilen, das wissen wir.«
»Ich drücke uns die Daumen.«
»Okay.« Ich stand auf und unterhielt mich mit den übrigen jungen Fahrgästen. Leider kam nichts dabei heraus. Keiner hatte etwas über die Pläne des Killers erfahren. Sie waren zudem nur zufällig von ihm als Geiseln genommen worden.
Somit stand für mich fest, daß wir wieder von vorn anfangen mußten. Wichtig war der Koffer und natürlich dessen Inhalt. Es mußte etwas Furchtbares sein, von dem ich mir zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Vorstellung machen konnte.
Was konnte darin stecken?
Eine dämonische Masse, von irgendeiner fremden Welt oder aus einer Dimension auf die Erde gekommen, gebracht von Wesen mit Kugelköpfen. Boone hatte dies nicht grundlos erwähnt. Sie mußten existieren, sie brauchten, sie wollten Blut, waren Blutjäger, die London unsicher machten. Wenn ich mir vorstellte, daß es bald eine Anzahl Personen geben konnte, die so aussahen, wie Boone ausgesehen hatte, wurde mir flau im Magen.
Ich verließ den Wagen und stellte mich an die Tür. Noch immer rollten wir durch das flache Land. Zu sehen war kaum etwas. Hier und da ein einsames Haus, in der Ferne mal ein Lichthaufen, denn dort lag eine Ansiedlung oder ein Dorf, Straßen, Felder, sie glitten vorbei.
Und der Schatten.
Es war verrückt. Ich hatte ihn gesehen, wie er aus dem Nachbarwagen geflogen war, wo sich Suko befand.
Während der Fahrt, nicht aus der Tür, sondern aus einem Fenster.
Ich handelte reflexartig, jagte in den Wagen zurück, brüllte mein »Achtung!« und zog die Notbremse…
***
Suko hatte den Toten nicht auf einen Sitz gelegt, sondern rücklings in den Mittelgang. Er war gezeichnet, das Gesicht kaum noch als solches zu bezeichnen.
Die Experten vom Yard würden sich mit ihm beschäftigen und möglicherweise etwas herausfinden.
Der Inspektor schaute aus dem Fenster. Er dachte ebenso nach wie sein Freund John Sinclair im anderen Wagen. Es standen zu viele Fragen offen; eine davon war die wichtigste.
Was hatte es mit den geheimnisvollen Kugelköpfen auf sich, von denen Terry Boone in den letzten Sekunden seines Lebens gesprochen hatte? Suko wollte einfach nicht daran glauben, daß es sich dabei um Phantastereien gehandelt hatte. Dahinter mußte mehr stecken. Auch wenn er die zahlreichen Dämonen und Dämonenarten Revue passieren ließ, die ihm bisher über den Weg gelaufen waren, Kugelköpfe waren ihm nie begegnet.
Dämonen und Dämonenreiche.
Auch wenn Suko Erfahrungen besaß, er wußte noch längst nicht, wie zahlreich sie in Wirklichkeit waren. Es gab Menschen, die behaupteten, daß es so viele Reiche wie Sterne gab. Das war bestimmt übertrieben, eine Zahl nach unten kannte Suko auch nicht.
Der Kampf gegen die Mächte der Finsternis wurde immer härter, geballter geführt. Sehr oft verdichteten sich die Fälle derart, daß Suko sich nur mehr wundern konnte, wie es ihm immer wieder gelang, lebend herauszuschlüpfen.
Wie auch vor wenigen Minuten. Terry Boone hätte durchgedreht und geschossen. Seine Akte war lang. Schon als nicht Veränderter hatte er kein Pardon gekannt, wenn es darum gegangen war, seine Ziele zu verfolgen. Da war er über Leichen gelaufen, und mehr als eine trauernde Witwe hatte er hinterlassen.
Suko hatte zwei Fenster geöffnet. Er wollte die verbrauchte Luft aus dem Wagen strömen lassen. Auch bei Stillstand erzeugte er damit einen gewissen Durchzug.
John war verschwunden, der Lokführer ebenfalls, einer Abfahrt des Zugs stand nichts mehr im Weg. Er hatte den Gedanken kaum vollendet, als
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