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059 - Das Experiment

059 - Das Experiment

Titel: 059 - Das Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Seite, doch es gelang ihm, die Balance zu halten.
    Plötzlich standen, lagen oder schwammen sie alle in der zu einem Drittel gefluteten Röhre, die sich ebenfalls aufzulösen schien. Lichtlanzen tanzten in einiger Entfernung durch die Dunkelheit, untermalt von Hilfeschreien und lauten Flüchen. Das mussten die Besatzungen der anderen Gondeln sein, denen das gleiche Schicksal widerfahren war.
    Faw'n tastete nach der Handlampe an seinem eigenen Gürtel. Ihr Lichtkegel schälte die unmittelbare Umgebung aus der Finsternis. Ano'gar und Vor'tex versuchten gerade einige Barbaren aus den Fluten zu bergen, doch ihr Bemühen erwies sich als sinnlos. Nicht ein Steppenreiter hatte die Katastrophe überlebt.
    »Heiliger Ei'don!«, keuchte Ano'gar, dessen Atemlappen förmlich vibrierten. »Weiß einer von euch, was gerade passiert ist?«
    »Du meinst wohl, was hier immer noch passiert!«, korrigierte Faw'n, während er den Lichtkegel über die Tunnelwandung wandern ließ. Seine schlimmsten Befürchtungen wurden noch übertroffen - die Röhre hatte sich längst in Wohlgefallen aufgelöst. Alles was sie noch umgab, war reiner Meeresboden, der dem Druck des auf ihm lastenden Ozeans nicht lange standhalten konnte.
    »Verdammt, die Brühe frisst alles auf, was mit ihr in Berührung kommt!« Vor'tex strich mit hektischen Bewegungen über Kopf, Arme und Brust, um die gesättigte Lösung aus Meerwasser und Gondelschleim, in der er eben noch gelegen hatte, von seinen Schuppen zu entfernen. Als Faw'n ihn anleuchtete, spürte er ein kaltes Rieseln im Nacken.
    Vor'tex stand vollkommen nackt vor ihm! Sein Schulterpanzer, der Armschmuck, das Lendentuch und die Handlampe hatten sich genauso aufgelöst wie Go ndel und Röhre.
    Faw'ns eigenes Lendentuch franste ebenfalls aus, seine Lampe funktionierte aber noch, und die Kleidung der davontreibenden Barbaren schien überhaupt nicht beeinträchtigt zu sein.
    »Was, wenn es eine Säure ist, die uns das Fleisch von den Gräten ätzt?!«, brüllte Vor - tex, dessen Bewegungen immer unkontrollierter wurden. »Wir sind alle verloren!«
    »Reiß dich zusammen!«, fuhr ihn Faw'n an. »Wir hätten schon längst gemerkt, wenn sich unsere Schuppen verflüssigen würden. Lasst uns lieber nachsehen, wer in den anderen Gondeln überlebt hat - und wie weit die Zerstörung des Tunnels reicht.«
    Lautes Rauschen machte seine Pläne zunichte.
    Zuerst waren es nur aufschäumende Wasserwirbel an seinen Beinen, die anzeigten, dass der Tunnel irgendwo eingebrochen war. Gleich darauf stieg jedoch der Pegel rapide an.
    Irgendwo, Richtung Qytor, strömte Wasser in den Tunnel. Salzige Gischt schlug ihnen entgegen und trieb sie Richtung Heimat.
    Meerwasser und Tunnellauge mischten sich zu einer nährstoffreichen Brühe, die nicht nur die Röhre, sondern auch ihre Kiemen füllte.
    Die Wachen der übrigen Gondeln schlossen zu ihnen auf. Sie mussten drei Tote beklagen, die entweder von den mörderischen Tentakeln erdrosselt oder zerdrückt worden waren.
    Auch bei ihnen hatte kein Steppenreiter überlebt.
    Schuldgefühle machten sich unter den Hydriten breit. Feinde hin oder her, die Barbaren hatten unter ihrer Obhut gestanden. Die Stadtwache hatte versagt, doch für Selbstzweifel blieb keine Zeit. Erst einmal mussten sie ihr eigenes Überleben sichern, und das wurde nicht gerade leichter, als noch zwei weitere Handlampen ausfielen.
    »Wir ziehen uns Richtung Sub'Sisco zurück«, befahl Qu'rog, der Ranghöchste in der Mannschaft. »Unsere Wissenschaftler müssen verständigt werden. Nur sie können untersuchen, was hier geschehen ist.«
    Dem mochte niemand widersprechen. Geschockt, verängstigt und von dunklen Vorahnungen beseelt tauchten sie durch die Röhre zurück, froh, wenigstens mit dem nackten Leben davongekommen zu sein.
    ***
    Matt und Aruula spürten sofort, dass etwas nicht stimmte, als sie das Erdgeschoss des ehemaligen Bank of America Center verließen. In den vergangenen Tagen hatten sie Sub'Sisco als angenehmen, lichtdurchfluteten Ort erlebt, in dem sich stets ein Klangteppich aus fröhlichen Gesprächen und Kinderstimmen ausbreitete. Nun war es unter den riesigen Kuppeln genauso still wie draußen im Meer, in dem bunte Fischschwärme lautlos ihre Bahn zogen. Die Stadt am Grunde der Bucht wirkte seltsam tot, seine Straßen wie ausgestorben.
    Selbst Aiko, der wegen seiner Beinverletzung getragen werden musste, spürte, dass etwas nicht stimmte.
    »Ich habe ja kein offizielles Begrüßungskomitee erwartet«,

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