059 - Das Experiment
zueinander. Ein leises Knistern ließ ahnen, dass es eine Art Energie gab, die von einem zum anderen übersprang.
Die Röhre unter ihnen erhitzte sich; nur der Platz, den sie für Topi'ko gelassen hatten, blieb kalt.
»Komm schon«, drängelte Ko'chi, »du willst es doch auch.«
Ihre Stimme hatte nichts Kindliches mehr. Ganz so, als hätte etwas Anderes, Fremdes ihre Körper übernommen, um sie für seine Zwecke einzusetzen. Wie ein Einsiedlerkrebs, der sich eines leeren Schneckenhauses bemächtigte, um darin Schutz zu suchen.
Widerwillig trat Topi'ko näher. Er fürchtete das, was kommen sollte, und ersehnte es doch zugleich. Fasziniert blickte er auf die verriegelte Zustiegsklappe, die sich unter der Energie der Mendriten knirschend verbog.
»Komm endlich«, forderten seine Freunde wie aus einem Munde. Oder waren es nur die Stimmen in seinem Kopf, die er als vielfaches Echo hörte?
Ehe Topi'ko recht wusste, wie ihm geschah, nahm er bereits die gleiche Haltung wie seine Freunde ein. Daumen an Daumen gepresst, spreizte er seine Hände, bis die kleinen Finger den Kreis zu den anderen schlossen.
Augenblicklich schwoll der Chor in seinem Schädel stärker an. Fieberwellen peitschten durch seinen Leib, drängten den Geist in den hintersten Winkel des Verstandes, sodass er seine weiteren Handlungen nur noch wie ein unbeteiligter Zuschauer verfolgen konnte.
Das bionetische Material unter ihren Händen begann Blasen zu schlagen. Dünne Fortsätze wuchsen in die Höhe, bis sie den wimmelnden Armen einer Seeanemone ähnelten.
Die Metamorphose griff immer weiter um sich. Plötzlich liefen haarfeine Risse durch die runde Hülle. Innerhalb eines Wimpernschlages verbreiterten sie sich zu offenen Fischmäulern, die salzige Fontänen ausstießen.
Der klagende Laut in ihren Köpfen verwandelte sich plötzlich in wohliges Stöhnen, gleichzeitig spürten die Mendriten, wie der Grund unter ihnen nachgiebig wurde. Die aufkeimende Gefahr riss sie schlagartig aus der Trance. Schreiend stoben sie zur Seite.
Gerade noch rechtzeitig, um einem Sturz zu entgehen. Die Strukturen der Transportröhre lösten sich endgültig auf und vermischten sich mit dem Wasser des Transportkanals zu einer trüben Suppe. Zurück blieb nur der ausgehöhlte Meeresboden, in dem eben noch eine Röhre verlaufen war.
Topi'ko wollte nicht glauben, was sich da vor seinen Augen abspielte. Am liebsten wäre er schreiend davongelaufen, doch er fühlte sich plötzlich matt und schwach, als ob ihm irgendetwas alle Kräfte entzogen hatte. Doch die Übelkeit, die in ihm wühlte, war nicht das Schlimmste.
Was ihn wirklich in Panik versetzte, war die Tatsache, dass sich der zerstöreris che Prozess längst verselbstständigt hatte. So oft er auch mit den Lidern zwinkerte, das Bild vor seinen Augen veränderte sich nicht. Innerhalb des Erdreichs kollabierte die Röhre weiter, als wäre sie von einer Seuche befallen, die sie in Windeseile marode werden ließ…
***
Anfangs schaukelte die Gondel gemächlich vor sich hin, erst außerhalb der Bucht zog das Tempo weiter an. Es dauerte einfach seine Zeit, bis die fließende Körperform der Qualle auf Touren kam, aber dafür konnte sie die einmal erreichte Geschwindigkeit unbegrenzt durchhalten. Treibstoffprobleme gab es nicht. Der bionetische Organismus entzog der zu einem Drittel gefluteten Röhre laufend Plankton, das zu Bewegungsenergie verbrannt wurde.
Faw'n lauschte dem langsam anschwellenden Rauschen, das von allen Seiten in den Hohlraum drang. Diese Vibrationen waren nicht ungewöhnlich für eine Trockenfahrt, trotzdem hätte er in diesem Moment liebend gerne mit Joshna getauscht. Er konnte sowieso nicht verstehen, warum viele Menschen begierig darauf waren, die lange Tunnelfahrt zur andere Seite des Posedis mitzumachen. Es gab doch wohl nichts Langweiligeres, als zwei Zyklen ( Tage ) lang in diesem engen Raum gefangen zu sein, vor allem, wenn man zwei Plaudertaschen wie Ano'gar und Vor'tex begleitete.
Faw'n hätte die Gefangenen lieber auf dem Rücken eines Man'tans transportiert, obwohl ein Ritt durch den Ozean mindestens fünf Mal so lange dauerte wie die Fahrt im unterirdischen Tunnel. Er liebte nun mal die unendliche Weite des Meeres, die dem Bewegungsdrang eines Hydriten keine Grenzen setzte – im Gegensatz zu diesem verdammten Quallenmagen!
Aber natürlich wäre es viel zu umständlich gewesen, zwanzig schlafende Barbaren in Taucheranzüge zu stecken, also musste er sich mit der leergepumpten Gondel
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