059 - Der Folterknecht
sein.“
„Hast du schon etwas über Asmodi gefunden?“
„Es ist noch zu früh, darüber zu sprechen. Machen wir jetzt Schluß. Melde dich morgen früh wieder!“
„Da ist noch etwas, Dorian. Olivaro hat angerufen.“
„Dich?“ wunderte sich Dorian. „Was wollte er von dir?“
„Er hat gesagt, ich soll dich von deinen Nachforschungen abbringen, denn du würdest dadurch nur noch alles schlimmer für dich machen. Er war ziemlich verzweifelt, und ich glaube, daß er es ehrlich meint.“
„Ich spreche ihm seine guten Absichten nicht ab, aber ich muß zu Ende führen, was ich begonnen habe. Gute Nacht, Schatz.“
„Gute Nacht, Dorian.“
Als sich Dorian umdrehte, stand Phillip in der Tür. Er schlich langsam und lautlos in die Bibliothek und schien gar nicht zu merken, daß Dorian ihn bereits entdeckt hatte.
Dorian blieb stehen und hielt den Atem an. Er wollte Phillip vorerst gewähren lassen, um zu sehen, was er vorhatte.
Der Hermaphrodit näherte sich vorsichtig dem Lesetisch. Als er in den Bereich der Stehlampe kam, sah Dorian, daß sein Gesicht wächsern war. Auf der Stirn pochte eine blau hervortretende Ader, die Augen lagen starr und wie glänzende Glaskugeln tief in den Höhlen. Unter den Augen hatte er dunkle Ringe, die Dorian an Todesmale gemahnten.
Auf dem Tisch lag noch immer das Tagebuch des Barons. Dorian beugte sich vorsichtig vor und nahm es an sich.
Der Hermaphrodit zuckte leicht zusammen, verhielt mitten im Schritt und preßte die dünnen Arme gegen seinen Busen, der sich heftig hob und senkte. Nach drei tiefen Atemzügen setzte er sich wieder in Bewegung. Sein Ziel war immer noch der Lesetisch.
Dorian konnte sich nicht vorstellen, was er jetzt noch dort wollte.
Phillip hatte den Tisch jetzt erreicht. Seine grazilen Hände tasteten über die Platte, den Aschenbecher, das Päckchen Players, berührten die Mundstücke jeder einzelnen Zigarette und setzten dann ihre Wanderung fort. Als die Finger das Feuerzeug erreicht hatten, umschlossen sie es. Mit einer hastigen Bewegung riß Phillip das Feuerzeug an sich und preßte es gegen seinen hebenden Körper. Dorian hielt den Atem an, als Phillip sich umwandte und auf das Bücherregal zuging. Er nahm einen dicken Wälzer aus dem Regal, hielt ihn am Einbanddeckel fest und betätigt das Feuerzeug, das erst beim vierten Versuch funktionierte. Dann näherte er die Flamme den Blättern des Buches. Diese fingen sofort Feuer.
Jetzt erst schaltete sich Dorian ein. Mit zwei Sätzen war er bei Phillip, schlug ihm das brennende Buch aus der Hand und stieß ihn zur Seite.
„Was ist denn in dich gefahren, Phillip?“ schalt er den Hermaphroditen, nachdem er das Feuer ausgetreten hatte.
Der Hermaphrodit stand zitternd da.
„Warum wolltest du das Haus anzünden?“ fragte Dorian ihn streng. „Glaubtest du, mich auf diese Art von meinem Vorhaben abbringen zu können? Das war dumm von dir, Phillip.“
Der Hermaphrodit öffnete den Mund und gab einen winselnden Ton von sich. Als er sich erneut der Bücherwand nähern wollte, verstellte ihm Dorian den Weg.
„Gib mir das Feuerzeug!“ befahl er und hielt Phillip eine Hand hin, worauf dieser ihm mit zitternden Fingern das Feuerzeug aushändigte. „Und jetzt wirst du ins Bett zurückkehren und schlafen. Da ich nicht sicher sein kann, daß du keine weiteren Dummheiten mehr begehst, werde ich dich einschließen müssen.“
„Nein!“ schrie Phillip entsetzt. „Nein! Nicht! Ich – muß … Mudt!“
„Was hat das wieder zu bedeuten’?“ fragte Dorian verwundert.
„Cornelius Mudt“, sagte Phillip eindringlich.
„Ist das der Name eines Mannes?“
Phillip schnitt eine verzweifelte Grimasse und nickte.
„Cornelius Mudt“, wiederholte er und räderte mit seinen Armen herum, als wolle er Dorian aus dem Weg schaffen.
Dorian wich zur Seite. Phillip näherte sich wieder der Bücherwand, indem er mit den Armen Schwimmbewegungen machte – als könnte er sich nicht anders fortbewegen. Kaum hatte er das Regal erreicht, als er auch schon damit begann, die Bücher auf den Boden zu schmeißen. Dorian wollte sich ihm in den Weg stellen, doch plötzlich hielt Phillip von selbst inne, griff hinter die Bücher und holte eine Metallkassette hervor, die er Dorian hinhielt.
„Darin befinden sich die Druckplatten von alten Kupferstichen“, sagte Dorian verblüfft. „Was willst du damit?“
Phillip drückte ihm die Kassette in die Hände.
„Soll das ein neuer Hinweis sein?“ Dorian lächelte.
Weitere Kostenlose Bücher