059 - Der Folterknecht
Dämonen wollen nicht mehr nur ihren Durst durch Menschenblut und ihren Hunger durch Menschenfleisch stillen, sie wollen Macht über die Menschheit. Wir müssen entsprechende Gegenmaßnahmen treffen. Das heißt, die christliche Menschheit muß sich vereinen und nach allgemeinen Richtlinien, die es festzulegen gilt, gegen die Mächte des Bösen kämpfen. Eine Hexe auf einem Scheiterhaufen bringt noch lange nicht die Erlösung vom Übel.“
Ich war nach dieser langen Rede atemlos. Die beiden Inquisitoren aber blieben weiterhin kühl, gelassen und sachlich.
Heinrich Institoris beugte sich vor und sagte: „Sie scheinen ein umfangreiches Wissen über die Dämonen zu besitzen. Können Sie uns auch erklären, wann, wie und wo Sie es sich angeeignet haben?“ „Mein Wissen stammt aus persönlichen Erfahrungen mit den Dämonen“, erklärte ich.
„Und wie sehen diese Erfahrungen aus?“ wollte Institoris wissen.
„Wenn ich diese Frage beantworten würde, käme mir diese Zusammenkunft wie ein Verhör vor“, erwiderte ich ausweichend.
Ich hielt es nicht für gut, über meinen verhängnisvollen Pakt mit Asmodi zu sprechen.
„Ein Verhör kann auch positive Auswirkungen haben“, meine Institoris. „Es muß nicht nur dazu da sein, einen Schuldigen zu überführen, sondern verhilft dem Unschuldigen auch dazu, sich von jedem Verdacht reinzuwaschen.“
„Das habe ich nicht nötig, denn ich gedenke meine guten Absichten durch Taten aufzuzeigen.“
„Und welche Taten sollen das sein?“ fragte Sprenger.
„Ich will veranlassen, daß die Menschheit einen siegreichen Kampf gegen die Dämonen führt“, antwortete ich. „Es reicht nicht, daß man einen Dämon entlarvt und ihn richtet. Man muß ihn dazu bringen, daß er seine Kumpane verrät und auch die Namen jener nennt, die er zu seinen Sklaven gemacht hat. Es genügt nicht, einen Vampir zu töten, man muß auch sein Opfer von ihrem schrecklichen Dasein befreien, denn auch diese sind Blutsauger und nicht minder gefährlich als die Vampire selbst. Es müssen Erfahrungen gesammelt und allgemein gültige Richtlinien zur Bekämpfung des Hexenunwesens geschaffen werden.“
Die beiden Inquisitoren warfen einander bezeichnende Blicke zu. Sprenger beugte sich zu Institoris vor, flüsterte ihm etwas zu, und dieser nickte, ein Lächeln um die Lippen.
„Ihre Meinung entspricht bis hierher so ziemlich genau unseren eigenen Vorstellungen von einer gezielten Hexenbekämpfung“, sagte Sprenger nicht ohne Anerkennung. „Vielleicht könnten Sie tatsächlich eine Hilfe für uns sein. Nur wäre noch zu prüfen, ob Sie auch die charakterliche Eignung für das Amt eines Inquisitors haben.“
Ich lächelte. „Ich weiß Ihre Anspielung zu deuten. Sie zweifeln noch, daß ich der Bekämpfung der Dämonen auch wirklich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln betreiben werde. Ich könnte schwören, dies tun zu wollen, doch ist es vielleicht besser, wenn ich Ihnen einen Beweis erbringe.“ „Und wie?“ fragte Sprenger leicht amüsiert.
„Erlauben Sie mir, daß ich in Ihrem Beisein einen Dämon überführe“, erklärte ich.
Es dauerte eine ganze Weile, bis die Witwe Mengerdorf vorgeführt wurde. Die Wartezeit nützte ich, um verschiedene Vorbereitungen zu treffen, die eine Flucht des Dämons verhindern sollten.
Die Witwe Mengerdorf wurde, wie ich es aufgetragen hatte, mit aller Ehrerbietung behandelt – um sie nicht vorzeitig zu warnen. „Wir haben Sie herbestellt, um einige Unstimmigkeiten bezüglich des Todes Ihres Mannes aufzuklären“, sagte ich zur Einleitung. „Als Sie ihn vor zwei Jahren der Hexerei beschuldigten, da sagten Sie aus, daß Sie nachts manchmal aufgewacht seien und feststellten, daß das Bett neben Ihnen leer war. Stimmt das?“
„Ja, Euer Gnaden“, begann die Frau eingeschüchtert und begann dann zu schluchzen, aber als ich ihren Kopf anhob, waren ihre Augen trocken.
„Keine Tränen!“ sagte ich triumphierend in Richtung der beiden Inquisitoren. „Sie kann überhaupt nicht weinen. Sie tut nur so. Und sicher hat sie auch keine Reue empfunden, als sie ihren Mann mit böser Absicht der Hexerei bezichtigte, obwohl er unschuldig war.“
„Nein, das stimmt nicht!“ kreischte die Witwe und versuchte mir mit ihren Nägeln das Gesicht zu zerkratzen.
Ich sprang an den Richtertisch, packte das Kruzifix, das dort stand, und hielt es ihr entgegen. Sie wich mit einem tierischen Aufschrei zurück, stolperte und fiel zu Boden. Als ich mich ihr mit
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