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059 - Der Folterknecht

059 - Der Folterknecht

Titel: 059 - Der Folterknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Wolf
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eher, bis meine Schuld getilgt war.
    Als Brunhilde schon längst schlief, dachte ich noch über ihre Worte nach. Sie hatte Angst, die Wirtin könnte aus ihrem Grab auferstehen. Die Befürchtungen des Mädchens waren berechtigt, das wußte ich, denn ich hatte die beiden Male an der Kehle der Wirtin gesehen und wußte, daß sie vom Biß eines Vampirs herrührten. Sie war daran nicht wirklich gestorben, sondern nur untot und würde als blutsaugender Vampir aus dem Grab auferstehen und die Bevölkerung von Konstanz heimsuchen. Dasselbe war dem Wirt schon vor einem halben Jahr widerfahren, nur war es ihm dank seiner Frau damals erspart geblieben, in einem Grab verscharrt zu werden, so daß er unerkannt und in der Maske des Biedermanns sein Unwesen unter den Lebenden treiben konnte.
    Am nächsten Tag brachte ich Brunhilde in einer Herberge unter.
    Hans Stiecher hatte die Trauer – die er nur zum Schein gespielt hatte – abgelegt und den Gasthof wieder geöffnet. Die Tage vergingen ohne Besonderheiten. Ich suchte Brunhilde gelegentlich in ihrer neuen Bleibe auf und bereitete sie darauf vor, daß sie womöglich vor der Inquisition aussagen müßte.
    Eustache, dem sein neuer Lebensstil zu behagen schien, verschaffte mir neues Material über verdächtige Personen und eine Vielzahl von Beweisen, ihrer Schuld.
    Sieben Tage nachdem ich im Dominikanerkloster vorgesprochen hatte, bestellten mich die beiden Großinquisitoren Jakob Sprenger und Heinrich Institoris zu sich. Es war ein entscheidender Wendepunkt in meinem Leben, davon war ich überzeugt.
     

     

Im ersten Moment erschrak ich darüber, daß mich die beiden Großinquisitoren im Gerichtssaal empfingen, in dem sonst nur die Angeklagten aus den Hexenprozessen abgeurteilt wurden. Doch dann sah ich, daß sie allein waren, und gewann schnell meine Fassung zurück. Sie hatten zu dieser Aussprache nicht einmal einen Protokollführer hinzugezogen.
    Jakob Sprenger kannte ich ja bereits von der Hinrichtung. Heinrich Institoris bekam ich dagegen zum ersten mal zu Gesicht. Er hatte den gleichen stechenden Blick wie der andere Dominikaner, doch besaß er ein etwas breiteres Gesicht und einen fülligen Körper.
    Er wirkte auch besonnener, weniger fanatisch und war die ganze Zeit über zurückhaltender als Jakob Sprenger. Seine Zurückhaltung mochte daher rühren, daß er für Oberdeutschland zuständig und dies hier nicht sein Wirkungsbereich war.
    „Baron Nicolas de Conde“, sagte Jakob Sprenger und hielt das Schreiben hoch, das ich an die beiden Inquisitoren gerichtet hatte. „Wir haben Ihren Brief gelesen und waren von seinem Inhalt so sehr beeindruckt, daß wir uns entschlossen, Sie anzuhören. Wenn wir darüber einige Tage verstreichen ließen, so müssen Sie das verstehen. Seit uns Seine Heiligkeit in dieses Amt berufen hat, bekamen wir viele ähnliche Hinweise, aber ich muß gestehen, daß nur wenige diese Aussagekraft besaßen. Und wir schenken Ihnen schon deshalb unsere besondere Aufmerksamkeit, weil Sie nicht gescheut haben, eine so beschwerliche Reise zu unternehmen, um persönlich vorzusprechen.“ Er machte eine Pause, ehe er fortfuhr: „Ich sagte schon, daß wir von Ihrem Schreiben beeindruckt waren. Sie haben darin leidenschaftlich und mit viel persönlicher Überzeugung argumentiert. Aber alles, was Sie vorbringen, scheint – nun, sagen wir – aus der Art geschlagen. Sie stellen Behauptungen auf, die mir eher das Produkt einer ungezügelten Phantasie zu sein scheinen. Aber bitte, wir lassen uns gern eines Besseren belehren.“
    „Ihre Skepsis ist verständlich“, erwiderte ich. „Was in dem Brief steht, kann ich nicht durch Dokumente belegen. Deshalb bin ich auch persönlich erschienen, um Sie von der Richtigkeit meiner Angaben zu überzeugen. Es klingt vielleicht unglaubwürdig, wenn ich behaupte, daß sich alle Dämonen, Blutsauger, Hexen, Werwölfe und Leichenfresser zu einer Familie zusammengeschlossen haben. Aber ist es nicht andererseits verständlich, daß sie, seit einige von ihnen entlarvt und hingerichtet wurden, und man sie nun immer gnadenloser jagt, versuchen, die drohende Gefahr mit vereinten Kräften abzuwehren? Die Einzelgänger unter den Dämonen können leicht gefunden und verbrannt werden, doch wenn sie zusammenhalten und mit List und Tücke die Menschen täuschen, dann kann man ihrer nur schwerer habhaft werden. Und im Rudel, unter Asmodis Führung, stellen sie eine immer größer werdende Gefahr für die christliche Menschheit dar.
    Die

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