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059 - Der Folterknecht

059 - Der Folterknecht

Titel: 059 - Der Folterknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Wolf
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verwunderlich, daß man sich Geschichten über ihn zu erzählen begann, die den Glanz seiner Erscheinung trübten.
    Ich hätte auf diese Gerüchte weniger gegeben, wenn ich von Eustache nicht ähnlich lautende Berichte erhalten hätte.
    „Herr von Gilding hat lange Zeit am Hofe des Pfalzgrafen Phillip gelebt“, erzählte Eustache. „Seine Auftritte in Heidelberg hatten die gleiche Wirkung wie hier in den Schlössern um Konstanz. Die Herzen der Frauen entflammten, und die Ehemänner und Freier verfielen bei seinem Anblick in Groll. Nun war es aber in letzter Zeit in und um Heidelberg zu seltsamen Vorfällen gekommen. Insgesamt zwanzig Männer und Frauen, darunter Bauern, Handwerker und Mägde ebenso wie Edelleute und Damen der vornehmen Gesellschaft, waren innerhalb weniger Wochen an einer seltsamen Krankheit gestorben. Sie erbleichten, wurden steif wie Bretter, atmeten nicht mehr, und ihr Blut wurde zu Staub. Man verbrannte sie, obwohl man keine Wunden, die auf einen Vampirbiß hindeuteten, an ihnen fand. Und plötzlich entstand das Gerücht, daß der Herr von Gilding der Übeltäter sei. Es konnte nicht in Erfahrung gebracht werden, wer dieses Gerücht in Umlauf gesetzt hatte. Viele belächelten es auch, aber andere erinnerten sich dafür um so genauer an seltsame Begebenheiten im Zusammenhang mit dem Herrn von Gilding, so daß ihm nichts anderes übrigblieb, als Heidelberg fluchtartig zu verlassen. Wäre er geblieben, hätte man ihm bestimmt den Prozeß gemacht.“
    „Dieses Gerücht habe ich auch schon gehört“, erwiderte ich, „und zwar von den Neidern, die sich Mudt inzwischen hier in Konstanz geschaffen hat.“
    „Ich habe dies aber von einem Reisenden gehört, der aus Heidelberg stammt“, sagte Eustache. „Dieser Mann hatte bestimmt keinen Grund zur Eifersucht. Es war der Kanonikus von Wiesloch.“
    Nun, das alles bewies noch nicht, daß Mudt ein Dämon war, aber ich beschloß, ihn mir einmal genauer vorzunehmen. Als ihn die ihn umschwärmenden Damen für einen Augenblick freigaben, war ich sofort an seiner Seite. Ich stellte mich vor und bat ihn um ein Gespräch.
    „Ihre Aussprache läßt nicht erkennen, daß. Sie Franzose sind, Baron de Conde“, schmeichelte er mir. „Wußten Sie eigentlich, daß die Damen der Gesellschaft kaum ein anderes Gesprächsthema als Ihren Kampf gegen die Hexen und Vampire kennen? Sie sprechen freilich mit Schaudern, aber auch nicht ohne eine gewisse Koketterie darüber. Sind Sie gerade wieder auf Hexenjagd?“
    „Ein leidenschaftlicher Jäger wittert immer und überall Spuren und Fährten und hört nie auf, das Wild zu verfolgen“, erwiderte ich. „Im übrigen darf ich Sie berichtigen. Meine Opfer sind nicht nur Hexen und Vampire, sondern alle Dämonen.“
    „Ach ja, Sie haben ja diesen modischen Begriff erfunden“, sagte er leicht amüsiert. „Dämonen! Darunter fallen wohl auch die Wurzelweiber und wunderlichen Eremiten, oder?“
    „Sie besitzen einen eigenwilligen Humor, Herr von Gilding. Dieser war es wohl auch, der Ihnen in Heidelberg solche Erfolge beschieden hat. Mußten Sie deshalb die Flucht ergreifen?“
    Für einen Moment blitzte es in seinen Augen auf, dann zeigte er wieder sein gewinnendes Lächeln. „Ich flüchtete vor den Frauen.“
    „Und vor den Gerüchten.“
    „Gerüchte, die Ehemänner in Umlauf brachten, die sich gehörnt wähnten.“
    „Sie faszinieren mich, Herr von Gilding“, sagte ich und hoffte, daß es auf richtig klang. „Darf ich Sie morgen mit tag zum Essen bitten? Ich würde mich freuen, Sie im Gasthof Zum heiligen khindlein zu treffen. Es kann bestimmt nicht unter Ihrer Würde sein, dort einzukehren.“
    Er lächelte noch immer, als er sagte: „Seit ich in Konstanz bin, habe ich etwas gelernt, das ich mir immer zu beachten schwor. Schlage einem Mann der Inquisition nie etwas aus, denn man weiß nicht, wann man seiner Hilfe noch bedarf. Ich werde mich pünktlich zum Verhör einfinden. Aber jetzt entschuldigen Sie mich, bitte, Baron. Die Damen warten.“
    In der Tat konnten es die Damen kaum erwarten, ihn wieder unter ihre Fittiche zu nehmen.
     

     

Am nächsten Tag ging ich gleich in aller Frühe zu August Rensacker, von dem man mir gesagt hatte, daß er der beste Kupferstecher in Konstanz sei. Er war ein verhutzeltes, ständig dienerndes Männchen mit einem Kneifer auf der Nase. Schweigend hörte er sich meinen Wunsch an und versprach, mir sein Können zur Verfügung zu stellen.
    „Ich werde mich im Gasthof Zum heiligen

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