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059 - Der Folterknecht

059 - Der Folterknecht

Titel: 059 - Der Folterknecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Wolf
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khindlein einfinden und an einem Tisch nahe von Euer Gnaden Platz nehmen“, wiederholte er meine Anweisung. „Euer Gnaden werden einen Gast bei sich haben. Von diesem werde ich eine Zeichnung anfertigen, die ich dann in Kupfer steche. Die Zeichnung soll naturgetreu sein. Es ist wichtig, daß der Gast nichts bemerkt. Ist es so richtig, Euer Gnaden?“
    Ich nickte und fragte: „Wann kann ich die Druckplatte abholen lassen?“
    „Gebt mir vier Tage Zeit, und ich werde mich selbst übertreffen, Euer Gnaden.“
    „Zwei Tage müssen genügen“, erklärte ich und ging.
    Daß ich mich mit Mudt ausgerechnet im Gasthof Zum heiligen khindlein traf, war als eine Art Wiedergutmachung an Equinus zu verstehen, dem gegenüber ich mich schändlich benommen hatte. Aber ich hatte auch noch einen Hintergedanken. Wenn Mudt wirklich ein Dämon war, dann würde er sich in einem Lokal, das nach einem Mitglied der Heiligen Familie benannt war, bestimmt nicht besonders wohl fühlen. Ich wollte ihn leiden sehen.
    Aber Mudt ließ sich nichts anmerken. Er aß die vorgesetzten Speisen mit großem Appetit und vergaß nicht, Brunhilde ob ihrer Kochkünste zu loben. Es entging mir nicht, daß auch sie sofort seinem Charme unterlag. Vielleicht war Mudt wirklich nur ein Frauenheld, der von eifersüchtigen Männern verleumdet wurde. Die Zukunft würde es zeigen.
    August Rensacker saß zwei Tische weiter und schien uns überhaupt nicht zu beachten. Aber manchmal sah ich seinen Kneifer aufblitzen, wenn er uns verstohlen beäugte.
    Ich sprach überhaupt nicht über Mudts Vergangenheit und machte auch keine Anspielungen auf seinen unrühmlichen Auszug aus Heidelberg. Das veranlaßte ihn schließlich zu der Bemerkung: „Ich frage mich, wann Sie mit dem Verhör beginnen werden, Großinquisitor.“
    „Ich bin zufrieden, harmlos mit Ihnen plaudern zu können“, erwiderte ich verschmitzt.
    Unser Zusammentreffen sollte ja nur dem Kupferstecher Gelegenheit geben, Mudt in Kupfer verewigen zu können.
    Als Mudt schließlich sagte, daß es Zeit für ihn sei, zu einer Verabredung mit einer Dame zu gehen, ließ ich ihn ziehen. Ich blickte zum Kupferstecher hinüber, und dieser nickte kaum merklich.
    Mudt stand schon in der Tür, als er plötzlich taumelnd zurückwich. Sein Gesicht war totenblaß. Ich wollte mich von meinem Platz erheben, um ihm beizustehen, doch da kam Equinus durch die Tür herein, duckte sich vor Mudt, als würde er Schläge erwarten, verbarg sein Gesicht unter dem Umhang und rannte durch die Hintertür wieder aus der Schankstube.
    Mudt lächelte mir zaghaft zu, schüttelte sich demonstrativ und verließ den Gasthof.
    Brunhilde kam nach einer Weile am meinen Tisch.
    „Ich bin untröstlich, daß Equinus Euren Gast so erschreckt hat“, stammelte sie verzweifelt. „Sonst kommt er nie durch die Schankstube, weil er weiß, daß sein Anblick den Gästen Entsetzen einflößt. Ich weiß nicht, warum er heute …“
    Ich winkte ab.
    „Weißt du, Mädchen, daß ich nur hergekommen bin, um mich bei deinem Mann für mein Verhalten zu entschuldigen?“
    „Das – das wird ihn sehr freuen, Euer Gnaden. Darf ich ihm das mitteilen?“
    „Ich möchte es ihm selbst sagen.“
    Equinus kauerte auf einem Hocker in der Küche und sah mir mit seinem einen Auge lauernd entgegen.
    „Ich habe dich neulich brüskiert, Equinus“, sagte ich. „Das tut mir leid.“
    „Danke für die Güte, Euer Gnaden“, erwiderte er und zog den Speichel durch die Zähne ein. „Ich werde Euch dafür in mein Gebet einschließen.“
    Ich betrachtete ihn prüfend. „Du kannst mir nicht verzeihen, Equinus, stimmt’s? Ich kann verstehen, daß du verbittert bist. Die Menschen können bösartig und grausam wie Dämonen sein, besonders zu jenen, die vom Schicksal ohnehin benachteiligt sind. Aber dazu gehöre ich nicht. Ich …“
    „Euer Gnaden bemitleiden mich“, sagte er giftig, „aber das sollten Euer Gnaden lieber nicht tun. Ich brauche kein Mitleid. Ich weiß mir gut zu helfen.“ Er kicherte. „Ich helfe mir selbst sehr, sehr gut.“ „Du hast aus deinem Leben das Beste gemacht“, sagte ich anerkennend. „Du bist dein eigener Herr, hast eine wunderschöne Frau …“
    Ich unterbrach mich, als er plötzlich etwas Unverständliches hervorsprudelte. Schaum stand vor seinem Mund, und einen Moment lang fürchtete ich mich vor ihm. Ich dachte, er könnte von Brunhilde vielleicht erfahren haben, daß sie bei mir im Bett gewesen war. Aber dann beruhigte er sich wieder, glitt

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