059 - Der Folterknecht
gegenüberstand, rasch erholt.
„Sieh an, der Fürst der Finsternis zappelt in meinem Netz“, spottete ich. „Was drängt dich denn, meiner Gastfreundschaft so schnell wieder zu entsagen, Asmodi?“
„Ein Sabbat steht bevor, werter Baron. Es gilt, das große Fest vorzubereiten, die Instrumente zu stimmen, den Festplatz zu entweihen, damit auch alle den Weg zu mir finden. Vergeude also nicht meine kostbare Zeit und nenne dein Begehr!“
„Ich habe dich gerufen, um dir ins Gesicht zu sagen, daß ich an deiner Macht zweifle.“
Er lachte schauerlich. „Nun, ich bin gekommen, direkt und schnell, obwohl ich fern von deinem Schloß war. Das sollte dich erahnen lassen, was ich alles kann. Aber ich sehe, daß du mich nur täuschen willst. Denn würdest du wahrlich an mir zweifeln, dann wäre es dir nicht so trefflich gelungen, mich herzurufen.“
„Dein Erscheinen allein beeindruckt mich noch nicht. Das hätte jeder Scharlatan, jeder geschickte Gaukler geschafft. Du mußt mir schon einen überzeugenderen Beweis deiner Macht geben, wenn ich an dich glauben soll.“
„Und woran habt Ihr gedacht, werter Baron?“ fragte er lauernd.
Ich holte tief Atem und sagte dann: „Wenn du wirklich so mächtig bist, wie du überall verkündest, dann müßtest du einem Sterblichen auch Euch das ewige Leben geben können.“
„Das kann ich“, behauptete Asmodi. „Viele Menschen, die sich von mir taufen ließen und der Schwarzen Familie angeschlossen haben, besitzen die Unsterblichkeit und beherrschen darüber hinaus noch die Schwarze Magie.“
„Dann müßtest du auch mir das ewige Leben schenken können.“
„Das wäre mir freilich möglich“, behauptete Asmodi, „aber warum sollte ich das tun? Welche Gegenleistung kann ich von dir erwarten?“
„Nenne deine Bedingungen“, forderte ich ihn auf, „aber bevor du das tust, möchte ich dich warnen. Ich lasse mich nicht von dir hinters Licht führen. Ich weiß, daß du schon oft Versprechen gegeben hast, die du dann nicht einhieltest.“
„Mir scheint, du weißt tatsächlich viel über mich. Aber ganz so, wie du sagst, war es nicht. Die sich von mir betrügen ließen, haben es nicht anders verdient. Nur wenige sind auserwählt, in die Schwarze Familie aufgenommen zu werden, denn sie müssen gewisse Veranlagungen besitzen, die es ihnen erlauben, ihrem bisherigen Leben abzuschwören. Du scheinst mir geeignet zu sein. Aber um sicherzugehen, müßte ich dich erst noch auf die Probe stellen. Bestehst du die Prüfung, dann schenke ich dir die Unsterblichkeit.“
Ich wiederholte: „Nenne mir deine Bedingungen!“
Asmodi rieb sich die Hände.
„Höret, werter Baron, was ich von Euch verlange“, sagte er mit satanischem Grinsen. „Ich verlange, daß Ihr in der nächsten Nacht beim zwölften Schlag der Turmuhr von Nancy mit den Euren auf dem Eulenberg erscheint. Dort findet der Sabbat statt. Ihr müßt nämlich wissen, daß ich Euch keinen Wunsch erfüllen kann, ehe Ihr nicht die Taufe der Schwarzen Familie erhalten habt.“
„Die will ich gern über mich ergehen lassen“, sagte ich beklommen, „aber was meine Familie anbelangt …“
„Ich kann Euch nur taufen, wenn Ihr Euch von Eurer Frau und Euren Kindern lossagt“, unterbrach mich Asmodi mit grollender Stimme. „Ihr müßt zulassen, daß sie während des Hexensabbats entweiht werden, und zwar vor Eurem Angesicht. Ohne einen Beweis Eurer Treue zu mir kann ich das ewige Leben nicht schenken.“
„Ihr meint, ich soll meine Familie symbolisch entweihen lassen?“ fragte ich, eine Gelegenheit witternd, den Fürst der Finsternis zu hintergehen.
„Erscheint nur persönlich auf dem Eulenberg, dann bin ich schon zufrieden“, sagte Asmodi. „Aber Ihr müßt aus freien Stücken kommen, Baron, Euch aktiv am Sabbat beteiligen und alles das tun, was ich von Euch verlange. Wenn Ihr nicht sicher seid, daß Ihr die Taufe der Schwarzen Familie empfangen wollt, dann bleibt dem Eulenberg besser fern, werter Baron.“
„Ich werde kommen.“
„Gut, sehr gut. Dann ist Euch das ewige Leben gewiß, Nicolas.“
Darauf verschwand er wieder mit Blitz, Donner und Schwefelgestank.
Beim ersten Tageslicht schon traf ich Vorbereitungen, meine Familie in Sicherheit zu bringen. Meine Frau verstand nicht, warum ich auf dieser überstürzten Abreise bestand, aber sie fügte sich. Ein befreundeter Graf, der ein Gut an der Grenze zu Deutschland bewirtschaftete, war von einem vorausreitenden Boten von der Ankunft meiner
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