059 - Der Preller
Torquay bereit. Ich glaube aber nicht, daß wir weiter als bis Bilbao zu fahren brauchen. Uns würde ja auch eine kurze Seereise nichts schaden, denn auch in anderer Beziehung wird uns eine kleine Luftveränderung nur Vorteile bringen.« Er lachte, und Paul stimmte in sein Gelächter ein. Als sich beide wieder beruhigt hatten, fuhr Anthony fort:
»Lebensmittel und alles, was wir nötig haben, befindet sich an Bord. Sogar Marineuniformen habe ich besorgt, wenn wir sie vermutlich auch nicht brauchen werden. Pässe mit Visen für Spanien sind gleichfalls vorhanden.«
Paul seufzte. Er wußte, daß in letzter Zeit die Polizei auf ihr Treiben aufmerksam geworden war und daß unter Umständen Schwierigkeiten für sie entstehen konnten. Anthony hatte sich viele zu Feinden gemacht. Zweimal war er von seinen Opfern gesehen worden. Was lag näher als der Gedanke, daß man gegen ihn etwas zusammenbrauen würde? Aber - er hatte nicht nur Feinde, sondern auch Freunde: Freunde, die er sich durch seine Freigebigkeit erworben und gehalten hatte. Paul und Sandy, sein Bursche während des Krieges, wurden von ihm so reichlich mit Geld versehen, daß sie es vorzogen, ihr Los mit dem seinen zu verknüpfen, statt sich regelmäßig Beschäftigung zu suchen. Diener, Kammerdiener oder Sekretär, wie immer man ihre Stellung zu Anthony bezeichnen mochte - sie blieben ihm treu.
Am selben Morgen war Paul nach Torquay gefahren, um dort Ereignisse abzuwarten, von deren Entwicklung er nicht die geringste Ahnung hatte. Der Preller hatte ihn zwei Stunden lang allein gelassen, um seinen U-Boot- Jäger, den ›Flying James‹, noch einmal zu überholen.
»Vorläufig habe ich genügend Geld«, meinte Anthony, »so daß wir uns deswegen wohl kein Kopfzerbrechen zu machen brauchen. Lauter amerikanisches, das ja überall ohne weiteres genommen wird.« Plötzlich unterbrach er sich, als sei ihm eben ein unangenehmer Gedanke gekommen. »Ich habe, glaube ich, eine Dummheit gemacht, Paul«, sagte er endlich. »Ich habe das ganze Geld im Schließfach.«
»Warum machst du dir Sorgen?«
»Ich hatte keine Zeit mehr, es an einem sicheren Ort unterzubringen«, erklärte der Preller, »Bei der Sorglosigkeit, mit der ich bisher zu meinem Gelddepot ging, habe ich ganz vergessen, daß mich Meg ja auch einmal verfolgen lassen und herausbekommen könnte, wo ich meinen Raub aufbewahre.« Er lachte.
»Schwamm drüber! Was mache ich mir überhaupt Kopfzerbrechen über sie; Meg ist nicht so intelligent, wenn sie auch scharf wie eine Rasierklinge sein mag.«
»Jedenfalls wird sie klüger sein müssen als die Bankleute«, meinte nun auch Paul. »So schnell geben die einem Unbekannten keine Gelegenheit, an das Vermögen der Kunden heranzukommen.«
Die beiden setzten sich zu dem von Sandy bereiteten Mahl, aber Anthony war immer noch schweigsam. Was mochte jenes Mädchen mit den hübschen grauen Augen machen, die, ungeachtet der ihr drohenden Gefahr, ihn an jenem Abend im Garten Megs gewarnt hatte? Der Preller hatte einen seiner Vertrauten zu ihr gesandt mit der Bitte, ihre gegenwärtige Stellung bei Miss Morrison aufzugeben und sich ihm anzuvertrauen. Paul wußte von diesem Brief nichts, aber auch Anthony konnte nicht ahnen, daß seine Warnung an Miss Stillington in falsche Hände, und zwar in Megs Hände, gefallen war.
Er setzte sich am nächsten Morgen zum Frühstück nieder, ohne die Ahnung kommenden Unheils von sich weisen zu können. Paul bemerkte seine nachdenkliche und sorgenvolle Miene, sagte aber nichts. Als Sandy die Speisen hereinbrachte, legte er eine Zeitung auf den Tisch.
»Das geht mir doch über die Hutschnur«, meinte er.
»Was regt dich denn so auf?« fragte ihn Anthony, der auf alles vorbereitet war.
»Hier, hast du die Todesanzeige gelesen, deine eigene Todesanzeige, Anthony?«
»Zeig her!« Er nahm Sandy die Zeitung ab.
›Smith. Anthony Smith, 24 Jahre alt, verschied plötzlich nach kurzer Krankheit in seiner Wohnung, 409 Balham Road, Brixton. Die Zeitungen in den Kolonien werden gebeten, diese Nachricht nachzudrucken‹
Der ›Tote‹ legte das Blatt stirnrunzelnd auf den Tisch.
»Wie geisterhaft mich das anmutet«, sagte er. »Ich möchte nur wissen, was man mit diesem Inserat erreichen will.«
»Ruf doch den Verleger an«, riet Paul. »Er soll ein sehr netter Mann sein.«
»Ja, ich werde ihn aufsuchen, sobald wir hier mit dem Frühstück fertig sind«, erklärte Anthony. »Vielleicht kann er uns auf die Spur bringen.«
»Kann ich dir
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