059 - Der Preller
Chefin.
»Wir haben Glück gehabt«, verkündete er jubelnd.
»Nun?«
»Wir haben einen Brief von dem Beobachter hier erwischt. Er heißt Paul und wohnt in der Seaview Road. Leider haben wir nur die Telegramme und den Brief hier abfangen können. Hier ist er!«
Er reichte ihr die Papiere. Milwaukee Meg riß den Umschlag auf.
»Postlagernd für Mr. Smith?« las sie die Adresse. »Wie hast du ihn denn klammern können?«
»Indem wir den Wächter bewachten«, lachte van Deahy.
»Einer unserer Beobachter hatte ihn beobachtet, als er einen Karton hellblauen Schreibpapiers und Umschläge kaufte. Wir haben deshalb bei der Post auf diese farbigen Briefe aufpassen lassen. Das ist der erste, der durchkam.«
›Mein lieber Mr. Smith‹, lautete das Schreiben. ›Die Arbeit ist zum Davonlaufen. Ich glaube auch nicht, daß es viel Zweck haben wird, noch länger hierzubleiben. Ich habe von der Dame noch nichts bemerkt, und die Sache wird mir nachgerade langweilig. Eben empfing ich Ihren Brief, in dem Sie mir mitteilten, daß jemand von der Auskunftei Quilter meinen Posten hier übernehmen wird. Ich glaube zwar nicht, daß er viel mehr als ich ausfindig machen wird, stimme Ihnen aber in dieser Anordnung gern zu. Er wird Ihnen ja seine Berichte direkt erstatten können. Ich rate von Telegrammen ab. Er soll Sie in London aufsuchen und Ihnen alles Notwendige in Ihrer Wohnung mitteilen. Ich werde für Mr. Sparkes ein Zimmer reservieren lassen. (So heißt er doch, nicht wahr?) Er wird sich hier hoffentlich wohler fühlen als ich. Paul.‹
Die Augen Megs schimmerten in seltsamem Feuer.
»Ich glaube«, sagte sie mit mühsam unterdrückter Aufregung, »wir werden unseren Freund erwischen. Früher oder später graben sich Leute wie der Preller selbst ihr Grab. ›Mr. Smith‹ wird sich wundern.«
Am nächsten Tag tauchte ein neues Gesicht auf der Strandpromenade auf. Das Mädchen beobachtete den Neuankömmling von einem Fenster ihrer Wohnung und sandte dann van Deahy aus, um das Terrain aufzuklären. Kurz darauf kam er mit Neuigkeiten zurück, die ihr viel Spaß bereiteten.
»Er heißt Sparkes und ist Privatdetektiv«, berichtete er.
»Was für eine Sorte ist er denn?«
»So ein eingebildeter Geck im mittleren Alter. Schnaps und Bier scheinen seine Hauptnahrungsmittel zu sein. Im übrigen sitzt er den ganzen lieben langen Tag auf einer Bank und läßt sich von der Sonne bescheinen. Wenn du einen Spaziergang machst, kannst du ihn gar nicht übersehen. Starke Brauen, rote Nase und einen Backenbart wie ein Dschungeldickicht.«
Sie folgte dem Rat ihres Komplicen und fand die Beschreibung zutreffend. Mr. Sparkes saß auf einer Bank und starrte, müßig die Daumen drehend, auf die See hinaus. Als Miss Morrison an ihm vorbeispazierte, blickte er nicht einmal auf.
»Jetzt haben wir unseren Freund, den Preller«, meinte Meg, als sie wieder zu Hause eintraf.
»Wie willst du es denn anfangen?« erkundigte sich van Deahy.
»Das wirst du bald merken. Jener Sparkes hat das, was ich am meisten benötige: die Adresse des Prellers.«
Am gleichen Nachmittag schickte sie ihre Boten aus. Von diesem Augenblick an brauchte sich Mr. Sparkes nicht mehr über Langeweile zu beklagen. Er lernte einige recht nette Leute kennen, die bei ihm stehenblieben, auf die Regierung schimpften, das Wetter besprachen und auch sonst gern einen kleinen Klatsch mit ihm anfingen. Einer der neuen Bekannten lud Sparkes zu einer Erfrischung ein. Nach langem Zögern lehnte er ab.
»Es tut mir leid ... nichts würde mir besser passen ...«, sagte er, »aber ich habe hier einen Auftrag zu erfüllen. Wenn ich mit Ihnen ginge, würde ich vielleicht meinen Posten verlieren.«
Der andere lachte ihn aus, und nach weiterer Überredung begleitete Sparkes den neuerworbenen Freund in die nächste Kneipe.
»Kennen Sie die Leute, die in dem Haus gegenüber der Bank, wo Sie saßen, wohnen?« erkundigte sich der Spion ganz nebenbei.
»Jawohl«, erwiderte Sparkes.
»Nette Leute sind's - alte, gute Freunde von mir. Natürlich haben sie eine Menge Feinde. Hoffentlich gehören Sie nicht auch zu ihnen.« Der Abgesandte Megs blickte seinen Trinkgefährten an.
»Ich tue nur, was mir befohlen wird«, umging Sparkes geschickt die Frage.
»Schön. Ich will mit offenen Karten spielen, Sir«, meinte plötzlich der andere. »Sie sind hier, um jenes Haus zu beobachten, nicht wahr? Die Bewohnerin des Hauses fühlt sich durch Sie bedrückt und belästigt.«
Sparkes schwieg.
»Ich weiß
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