059 - Der Preller
unterrichtet und ausfindig gemacht, daß diese drei die einzigen Schiffe sind, die wir sichten werden.«
Um zwei Uhr morgens tauchte die ›Arizona‹ am Horizont auf. In der nächtlichen Stille war das Arbeiten ihrer Maschinen deutlich zu hören. Um drei zeichnete sich die ›Carpeto‹ am östlichen Horizont ab. Nach einer halben Stunde stand wieder eine Rauchwolke am Horizont: Die ›Obo‹ war aufgetaucht.
»Los, Sandy, bleib mit ihr parallel. Wir müssen sie bis heute abend im Auge behalten. Sie wird dann ungefähr in der Nähe von Land's End sein.«
Sie folgten dem Schiff den ganzen Tag über und riefen es gegen Nachmittag an, als die See von anderen Fahrzeugen frei war. Gleich darauf antwortete die ›Obo‹, und Anthony sandte ihr den Befehl: »Legen Sie bei! Wir kommen an Bord.«
Er sah aus wie ein wirklicher Kapitänleutnant. Vom Mast seines Fahrzeugs flatterte die Kriegsflagge. Gehorsam unterbrach die ›Obo‹ ihre Fahrt, und wenige Minuten später legte der U-Boot-Jäger an ihrer Seite an. Anthony rannte die ausgeworfene Leiter hinauf und begrüßte den ihn erwartenden Kapitän.
»Sie haben Passagiere an Bord, Sir«, sagte er diktatorisch. »Ich muß die Leute sehen und mit ihnen sprechen.«
»Die einzigen Passagiere, die wir an Bord haben, Sir«, entgegnete der Kapitän, »sind zwei Damen und ein Herr, die erst im letzten Augenblick an Bord kamen. Der Herr ist ein Freund unseres Reeders, sonst hätten wir die Leute, da wir vollbeladen sind und keine Passagiere nehmen, gar nicht mitgenommen. Was wollen Sie denn von ihm?«
»Er ist spionageverdächtig«, gab Anthony zurück, obwohl der Krieg seit Jahren beendet war.
»Sie sind im Salon«, berichtete der Kapitän. »Sie trinken gerade ihren Tee. Die eine junge Dame ist seekrank.«
»Eine bleiche, kaum den Kinderschuhen entwachsene Dame?« erkundigte sich Anthony.
»Ja, Sir. Ich werde Ihnen den Weg zeigen.«
Die Tür zur Kabine Miss Stillingtons war verschlossen.
»Hier wohnt die junge Dame, Sir. Ich glaube, sie ist ein bißchen ...« Er zeigte auf seine Stirn.
»Ich verstehe, aber ich muß sie trotzdem sprechen, denn sie ist es, hinter der ich her bin.«
Er warf sich gegen die Füllung, die seinem Ansturm nachgab. Das Mädchen lag in der Koje, sprang jedoch, als sie des Eindringlings ansichtig wurde, überrascht auf.
»Bitte, übernehmen Sie einen Augenblick die Bewachung der jungen Dame, Herr Kapitän«, bat der Preller. »Ich möchte die Kabinen der anderen beiden Passagiere durchsuchen.«
Die Durchsuchung wurde eingehendst durchgeführt. In der Koje Milwaukee Megs fand Anthony eine Stahlkassette, die er mit einem merkwürdig geformten Schlüssel öffnete. Er entnahm ihr eine Brieftasche, die er zärtlich in seine Tasche schob. Dann begab er sich zum Kapitän zurück.
»Bitte lassen Sie durch einen Ihrer Leute die junge Dame in mein Schiff bringen«, bat er ihn. Der Kapitän lächelte verstohlen, als er die Bezeichnung ›Schiff‹ für das Motorboot hörte, das an der Seite des großen Bruders auf den Wellen wie eine Nußschale auf und nieder tanzte.
»Ich werde mich jetzt einmal nach den anderen Passagieren umsehen«, meinte Anthony, als sich Miss Stillington auf dem Weg ins Boot befand.
Beim Abstieg in den Speisesaal begegneten ihm Milwaukee Meg und van Deahy. Das Mädchen wurde schneeweiß, als sie den Revolver bemerkte, den der Preller auf sie gerichtet hielt.
»Ich suche Sie«, verkündete ihr der Feind, »und bin weit hergekommen, um Sie zu treffen.«
»Dieser Mann ist ein Schwindler, Sir«, wandte sich Meg an den Kapitän. »Bitte schützen Sie mich.«
Anthony hatte keinerlei Absicht, Meg mit sich zu nehmen, verriet dies aber mit keiner Silbe.
»Haben Sie einen Haftbefehl, Sir?« erkundigte sich der verwirrte Kapitän.
»Nein. Ich ließ ihn versehentlich in Devonport liegen.«
»Ohne einen Haftbefehl kann ich Ihnen die Dame nicht übergeben«, erklärte der Schiffsführer.
»Er hat mich bestohlen, Sir, lassen Sie ihn nicht weg.«
Der Kapitän kratzte sich verlegen den weißen Kopf.
»Ich weiß wirklich nicht, was ich tun soll«, meinte er ratlos. »Ich werde mich drahtlos erkundigen, was geschehen soll.«
»Ich rate Ihnen«, sagte Anthony energisch, »nach Plymouth zurückzufahren.« Er wußte, daß der Kapitän das nicht ohne großen Zwang tun würde. »Hier ist meine Karte.«
Er händigte dem anderen die Visitenkarte ein. Widerwillig nahm sie der Kapitän entgegen. Ehe er noch bemerkte, was vorging, hatte sich
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