059 - Der Preller
Geld.«
»Ich? Sein Freund?« Die Frage klang, als schlüge man mit einem Hammer auf ein leeres Faß, tonlos und leer. »Nein, das bin ich ganz gewiß nicht.«
»Verzeihen Sie«, sagte nun der Hotelmann. »Wie war doch gleich Ihr Name? Sind Sie vielleicht Mr. Lamb?«
»So heiße ich«, gab Benny zu.
»Dann ist der Brief, den Hoheit hinterlassen hat, für Sie bestimmt«, teilte ihm der Chef mit.
›Besten Dank, Benny, für den wirklich schönen Stein.
Herzliche Grüße auch an Faukenberg. Der Preller.‹
Im gleichen Augenblick, als der Bauernfänger die Mitteilung las, rieb Paul, der ›Oberpolizist‹ des Maharadscha, in dessen Wohnung in Westminster mit Kokosbutter die olivgrüne Farbe von seinem Gesicht, während Sandy ein gleiches Liebeswerk bei Anthony vollendete.
»Paul«, meinte der Preller und entzog sich für einen Augenblick der Beharrlichkeit Sandys, »ich habe vergessen, die Rechnung zu bezahlen.«
»Zweihundert Pfund die Woche für die Zimmer«, seufzte Sandy. »Es ist eine Sünde. Und dabei hätten wir noch drei Tage gut, wenn wir bezahlt haben.«
»Ich werde das Geld heute nachmittag in Banknoten einsenden«, sagte der Preller, »und an Benny ein Telegramm mit der Bitte richten, für mich die drei noch verbleibenden Tage im Hotel abzuwohnen.«
Filmkurse per Post
»Warum hast du auf deinem Notizblock den Namen ›Hickory Bomper‹ stehen, Anthony?« erkundigte sich Paul neugierig. »Du willst wohl Filmschauspieler werden, wie?«
Der Preller lachte.
»Ja, die Absicht hatte ich«, gab er zurück. »Ich glaube, ich hätte Talent dazu.«
Die beiden Freunde wohnten gegenwärtig am Kensington Square, wohin sie sich nach ihrem letzten Streich zurückgezogen hatten. Die Wohnung war möbliert und paßte ihnen ausgezeichnet. Anthony hatte sie vorläufig nur auf drei Monate gemietet. Vor ihrem Fenster breitete sich der grüne Schmuckplatz des Square aus, auf dem sich Kinder im Spiel tummelten. Nachdenklich trat Anthony ans Fenster und starrte hinaus.
»Scherz beiseite, Anthony«, sagte Paul, »du hast wohl Bomper als künftiges Opfer erkoren?«
Der Preller nickte. Dann fragte er den Freund:
»Woher weißt du denn, mein Junge, daß Bomper Kurse für künftige Filmschauspieler gibt?«
»Das weiß doch jedes Kind. Seine Inserate sind doch in jeder Tageszeitung, und seine Plakate verunzieren alle Straßen.«
»Sein Auftreten in Bayswater ist ebenso auffällig«, vervollständigte Anthony die Mitteilung des Freundes.
»Wer ist er eigentlich?«
»Ein früherer Zuchthäusler namens Griggs.« Paul schien von dieser Auskunft überrascht. »Hätte die Polizei von seiner gegenwärtigen Beschäftigung eine Ahnung - ich bin sicher, sie hätte ihn längst wieder dingfest gemacht. Auch ich habe es nur einem Zufall zu verdanken, daß ich davon Kenntnis bekam.«
Paul wußte, was es mit derartigen ›Zufällen‹ beim Preller auf sich hatte. Anthony kannte jeden Londoner Ganoven von Ruf, obwohl sein eigener Beruf den Bekannten in der Londoner Unterwelt unbekannt geblieben war. Nur dem unstreitig begründeten ›Sprichwort‹ von der ›Ehre unter Dieben‹ hatte Bomper es zu verdanken, daß nicht auch die Polizei das erfahren hatte, was Anthony jetzt seinem Sekretär mitteilte.
»Bomper ist wohl ehrlich geworden?« fragte Paul.
»Der? Ehrlich? Derselbe Schwindler, der er früher war. Die größte Gemeinheit ist ja die, daß er nur Arme - meist Dienstmädchen - schröpft.«
»Was treibt er denn? Verdient er viel?«
»Das will ich erst ausfindig machen. Er gibt nämlich Unterrichtsbriefe für die Filmschauspielkunst heraus. Sein Geschäft blüht und gedeiht. Komm! Zieh dich so einfach wie möglich an, und dann: Auf in den Kampf! Mal sehen, was Bomper für seine Unterrichtsbriefe verlangt.«
Die Akademie für ›Filmschauspielkunst‹ befand sich in einem alten Haus am Elgin Crescent. Das Innere des Hauses deutete ebenfalls darauf hin, daß Bomper wenig Geld auf die Neuausstattung der ›Akademie‹ verschwendet hatte. Der Herr Direktor selbst wohnte nicht im Gebäude, sondern benutzte es nur für seine geschäftlichen Zwecke.
Die beiden Besucher wurden von einem jungen Mädchen - anscheinend der Privatsekretärin - empfangen.
»Hatten Sie sich vorher angemeldet, meine Herren?« fragte sie Anthony. Der Ton ihrer Worte verriet, daß Mr. Bomper hier eine große Respektsperson sein mußte.
»Nein, leider nicht«, gab der Preller zurück. »Wir hätten ihn aber sehr gern in einer wichtigen Angelegenheit
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