059 - Der Preller
Wut. »Ihr Kanaillen! Wartet, bis ich meine Hände frei habe! Dann gnade euch Gott!«
»Die Polizei wird euch entfesseln«, tröstete ihn Anthony. »Wenn ihr mich übrigens verpfeifen wolltet, so würde euch doch niemand auch nur eine Silbe glauben!«
»Du bist der ... Preller?!« Es war mehr eine Behauptung als eine Frage, die Hickory Bomper eben ausgesprochen hatte. »Der bist du! Du bist der Kerl, der die Diebe ...« Er unterbrach sich.
». beraubt«, ergänzte der Preller ruhig. »Ich kann Ihre Vermutungen nur bestätigen, mein sehr verehrter Mr. Griggs, alias Hickory Bomper.«
Paul kehrte mit der Geldkassette zurück, deren Inhalt schnell in Anthonys und seines Begleiters Taschen wanderte.
»Alles dürfen wir nicht nehmen«, erklärte der Preller. »Wir müssen der Polizei auch etwas übriglassen. Wenn sie gar nichts findet, würde sie uns für habsüchtiger halten, als wir sind.«
Sie ließen die beiden fluchenden und sie in alle Abgründe der Hölle verwünschenden Geprellten zurück und eilten auf die Straße.
»Schnell nach dem Waterloo-Bahnhof«, befahl der Preller dem Chauffeur. Er warf einen Blick durch die Rückwandscheibe auf den Elgin Square, von dem sie sich rasch entfernten. »Dort kommt schon die Polente«, sagte er zu Paul. »Wenn sie uns wegkriegen, müssen wir gewärtig sein, als Zeugen geladen zu werden und das« - er lachte -»würde uns absolut nicht in den Kram passen. Schneller, schneller, Sie Mann da!« rief er dem Chauffeur zu.
Es schien eine Ewigkeit zu währen, ehe sie den Crescent aus den Augen verloren. Als sie um die Kurve schwenkten, bemerkte der. Preller mit einem erleichterten Seufzer, daß es ihnen gelungen war, der Polizeiabteilung gerade noch zu entkommen. Paul hatte einen gebrauchten Briefumschlag aus der Tasche gezogen und machte eifrig Notizen.
»Was treibst du denn da?« wollte sein Freund wissen.
»Ich mache mir nur einige Notizen für ein wirklich gutes Filmdrama, das ich schreiben will«, gab Paul zurück.
»Nanu? Was denn für eines?«
»Was wir eben erlebt haben, ist ein herrliches Thema.«
Anthony lachte hellauf.
»Dann rate ich dir aber, so lange mit der Aufnahme zu warten, bis Mr. Hickory Bomper und sein Freund Tinkle aus dem Kittchen kommen. Sie könnten die Helden wohl am besten darstellen.«
Der Zusammenbruch der Billiter-Bank
Eines Abends - die beiden Freunde hatten damals noch ihre Wohnung auf dem Kensington Square inne - kam der Preller mit finsterer Miene nach Hause. Bei seinem Eintritt in das Wohnzimmer warf er eine Zeitung, die er in der Hand gehalten hatte, auf das Sofa. »Die Billiter-Bank ist pleite«, teilte er Paul mit.
»Wer?« Paul starrte ihn verwundert an. »Was geht dich das an?«
»Mich nichts«, gab der Preller zurück. »Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß viele arme Leute ihr Hab und Gut verlieren. Ich bin ja nicht so dumm, mein Geld Privatbanken - und besonders der von Billiter - anzuvertrauen. Kennst du den Mann?«
»Nein. Sieht er so hanebüchen aus?«
»Im Gegenteil. Er sieht aus wie ein Heiliger. Na, jedenfalls ist seine Bank pleite.«
»Und Billiter? Was ist mit ihm?«
»Verschwunden, verblüht, verduftet!«
»Und hat wohl das nötige Kleingeld mitgenommen?«
Anthony bestätigte die Vermutung Pauls durch ein kurzes Nicken.
»Seit zwei Tagen ist er auf und davon«, berichtete er. »Erst durch sein Verschwinden ist man ihm auf seine Schliche gekommen. Man untersuchte seine Geschäftsmethoden, prüfte die Bücher und Depots und sah dann die Bescherung. Das ganze Bargeld ist weg. Dazu kommt noch, daß Billiter in den letzten paar Monaten alles zu Geld gemacht hat, was irgendwie möglich war.«
»Nun, und weiter?«
»Die Sache steht so: Mr. Billiter hat gegen achthunderttausend Pfund mitgenommen, worauf alle seine Filialen die Zahlungen eingestellt haben. Die Gläubiger dürften, wenn überhaupt etwas herausspringt, eine Quote von nicht ganz einem Penny pro Pfund erhalten, also ein knappes Viertel Prozent ihrer Forderungen.«
»Die armen Teufel! Glaubst du, daß man seiner habhaft werden wird?«
»Hm ... Er ist ein ganz Geriebener. Schon damals, als ich ihn kennenlernte, hatte ich den Eindruck, daß er ein Mann sei, der nichts ohne langwierige Vorbereitungen unternehmen würde. Deshalb glaube ich zum Beispiel auch nicht an eine Flucht nach Südamerika, denn er wird genauso wie jeder andere wissen, daß man dort am ehesten nach derartigen Leutchen forscht. Er weiß, daß jedes Schiff genau durchsucht
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