0594 - Die Sterbenden von Talos
schmolzen die Reste der Burg zusammen.
»Nein«, keuchte der Meister des Übersinnlichen. Er war hilflos, konnte nicht eingreifen. Caermardhin wurde vernichtet, zerstört von den Meeghs, jenen mörderischen, furchtbaren Dämonen, und niemand vermochte es zu verhindern!
Und Merlin - war in Caermardhin gewesen…
Im qleichen Moment verblaßte das Bild.
Erst jetzt erkannte der Dämonenjäger wieder den roten Mond und begriff, daß er - daß sie alle - eine Vision gehabt hatten.
Jäh schrumpfte der Mond auf seine ursprüngliche, normale Größe zusammen. Das Rot schwand, machte dem bekannten, fahlen Weiß Platz. Und im nächsten Moment schoben sich Wolken vor den uralten Himmelskörper.
Nicole zitterte.
»Caermardhin«, stieß Zamorra hervor. »Vernichtet? Das darf nicht sein! Ich…«
»Es war eine Vision«, unterbrach ihn Gryf. »Vielleicht… ist es noch nicht geschehen…«
Zamorra handelte bereits. Er riß das Fenster auf, beugte sich vor und suchte nach Caermardhin auf dem Berggipfel. Doch er konnte nichts entdecken.
»Caermardhin liegt auf der anderen Seite des Hauses«, machte ihn Nicole auf seinen Fehler aufmerksam.
Zamorra antwortete nicht. Er warf sich herum, stürmte aus dem Zimmer und hetzte die Treppe hinunter, um das Haus zu verlassen. Draußen sah er sich wieder nach dem Gemäuer auf dem Berggipfel um.
Nichts war zu sehen, keine Burg, aber auch keine geschmolzene Ruine!
Da setzte Zamorra das Amulett ein, um seine Sehkraft zu verstärken.
Und sekundenlang sah er es oben auf dem Berg erscheinen.
Caermardhin - existierte noch!
Noch…
Und Merlins Zauberburg verschwand wieder in der Unsichtbarkeit…
***
Die Bilder der Erinnerung verblaßten. Zamorra kehrte in die Gegenwart zurück.
Und irgendwie hatte er das Gefühl, daß mehr hinter dieser Vision steckte, als er damals angenommen hatte. Etwas, das er damals nicht ahnen konnte.
Es mußte eine Bedeutung haben, aber er wußte nicht, welche. »Was ist damals wirklich passiert?« fragte Ted Ewigk. »Die Vision hatte doch sicher den Zweck, euch zu warnen, damit ihr etwas dagegen tun konntet, daß sie sich erfüllt.«
Zamorra nickte.
»Damals glaubten wir das auch«, sagte er. »Die Meeghs kamen mit einer unglaublich großen Flotte. Gleich dreißig dieser Raumschiffe waren durch das Weltentor gekommen. Aber dann schuf Merlin zum ersten Mal ein Zeitparadoxon. Er schloß nachträglich das Weltentor, er tat es in der Vergangenheit, in genau jenem Moment, indem das erste Raumschiff der Meeghs hindurchglitt. Der Spider wurde von dem sich schließenden Tor förmlich zerquetscht, und die damit einhergehende Explosion ist eines der schlimmsten Erinnerungsbilder, die ich jemals zu verdrängen versucht habe. Dadurch, daß die Meeghs erst gar nicht zur Erde gelangen konnten, konnten sie natürlich auch Caermardhin nicht zerstören. Die Vision erfüllte sich nicht.«
»Aber jetzt gibt es keine Meeghs mehr«, sagte Nicole. »Wen es nicht mehr gibt, der kann auch nicht auftauchen und Merlins Burg zerstören. Wenn du nicht nach Caermardhin gelangst, Ted, muß das andere Ursachen haben.«
»Wer weiß, vielleicht ist das Zeitparadoxon von damals gelöscht worden. Merlin hat im Laufe der letzten Jahre die Zeitebenen dermaßen durcheinandergewirbelt und ein Paradoxon nach dem anderen geschaffen, daß vermutlich nicht einmal er selbst noch durchblickt. Vielleicht hat eine der neueren Aktionen die frühere gelöscht.«
»Ich denke, diese Sache hat einen anderen Hintergrund«, fürchtete Zamorra. »Die Erinnerung war so realistisch, als wäre es nicht nur eine Vision gewesen, sondern als wäre es tatsächlich passiert. Dieser ›Tatsächlich-Eindruck‹ war gerade eben wesentlich stärker, als ich ihn damals empfunden habe. Es muß wohl doch etwas mit Merlins Burg geschehen sein.«
»Wir bewegen uns im Kreis herum«, sagte Nicole. »Vielleicht sollte einer von uns noch mal versuchen, Caermardhin zu erreichen. Es wird immer verrückter. Erst verschwindet Carlotta, dann Caermardhin…«
»Könnte es nicht sein, daß Merlin nur einfach eine Sperre aufgebaut hat? Vielleicht will er verhindern, daß man ihn über die Regenbogenblumen erreicht.«
»Dann hätte er erst gar nicht zuzulassen brauchen, daß wir sie bei ihm anpflanzten. Damit hat er uns ja praktisch eine Tür geöffnet.«
»Ja… aber vielleicht übt er trotzdem eine gewisse Kontrolle aus. Wenn er nicht will, daß wir ihn aufsuchen, aktiviert er eine Sperre, so wie wir sie gegen die Dämonen und die
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