0594 - Die Sterbenden von Talos

aus seiner Halbtrance gelöst.
    »Danke«, murmelte er. »Schätze, ich schulde dir was.«
    Ted Ewigk antwortete nicht.
    Sein Gespür war erwacht. Dieser sechste Sinn, der ihm sagte: Paß auf! Bedauerlicherweise verriet ihm dieses Gespür nie, worauf er gezielt achten sollte.
    Doch er war sicher, daß es etwas mit dem Angriff zu tun hatte.
    Hier stimmte etwas nicht.
    Aber was?
    Ted sah zur anderen Straßenseite. Nicole Duval war verschwunden.
    Und in diesem Moment sagte Zamorra: »Verdammt, jetzt weiß ich, woran dieser Berg mich erinnert. Und dieses Dorf kenne ich auch. Oh, zur Hölle damit…«
    »Kannst du dich auch etwas weniger jugendgefährdend ausdrücken?« fragte Ted.
    »Der Berg… oben, wo es so eigenartig leuchtet - dort müßte eigentlich Caermardhin stehen! Und dieses Dorf hier - ist Cwm Duad!«
    ***
    Carlotta nahm sofort wieder den Finger vom Feuerknopf der Waffe. Sie wußte nicht, worüber sie mehr erschrak - über Jons Lachen, oder über ihre eigene Reaktion.
    Aber den Schuß konnte sie nicht zurückholen. Die schwarze Energie flammte zu Jon hinüber und hüllte den schwarzen Schatten ein.
    Licht und Dunkelheit verschmolzen miteinander zu einer unglaublichen Synthese. Für wenige Augenblicke erfüllte eine unbeschreibliche Schwärze den Raum, in der sich trotzdem jedes Detail völlig klar abzeichnete.
    Carlotta sah zugleich: einen schwarzen Schatten, der Jon umfloß. Jon in seiner rustikalen Kleidung. Jon selbst. Jons Skelett. Jons - Seele… ?
    Dann war es vorbei.
    Der Energiestrahl war wieder erloschen. Die Schwärze um Jon, die sich gedankenschnell aufgebaut hatte, flackerte, löste sich langsam auf in einem Wirbel sprühender schwarzer - Funken?
    Carlotta ließ die Hand mit der Waffe sinken.
    Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie versuchte zu begreifen, was sie da eben gesehen hatte. Diese gleichzeitig unterschiedlichen Eindrücke.
    Und sie erkannte etwas, wofür sie keine Erklärung fand: Der junge Bursche, den sie für einen getarnten Meegh gehalten hatte, war ein Mensch!
    Sie hatte ihn falsch eingeschätzt.
    Weil er sich mit diesem schwarzen Schutzfeld umgab, das sich diesmal scheinbar von selbst aktiviert hatte.
    Er war kein Meegh, und sie hatte einen furchtbaren Fehler begangen. Sie hatte auf ihn geschossen. Hatte sie ihn sich nicht damit zum Todfeind gemacht?
    Immerhin hatte er, der Mensch, sie doch vor den anderen Menschen gerettet!
    Aus dem Schatten heraus erklang jetzt seine Stimme. »Gibst du mir die Waffe jetzt zurück? Du siehst ja, was man damit anrichten kann. Wenn mein Schutzfeld nicht schnell genug aktiviert worden wäre, dann…«
    Sie wich langsam in Richtung Tür zurück.
    »Wer bist du wirklich, Jon? Warum tust du das?« fragte sie. »Warum verbrüderst du dich mit den Meeghs?«
    »Verbrüdern?« Er lachte auf. »So kann man das kaum nennen.«
    »Wie nennt man es dann?«
    Sie hatte den Ausgang beinahe erreicht. Sie sah das Schattenfeld um ihn herum wieder verlöschen. Darunter war er unversehrt. Aber hinter ihm hatte abfließende Energie Zerstörungen in der ›Imbißstube‹ angerichtet.
    »Wir arbeiten zusammen«, sagte er. »Wir helfen einander beim Überleben.«
    »Du verrätst deine Mitmenschen. Wundert es dich da, daß sie ein zorniges Volk geworden sind, wie du es nennst?«
    »Du siehst es falsch. Weil du nicht weißt, was hier geschieht. Du denkst wie alle anderen in zu einfachen Bahnen. Es ist ganz anders.«
    »Dann erklär es mir. Oder…« Sie schluckte. »Nein, vielleicht will ich es gar nicht wissen. Ich will einfach nur zurück, wieder dorthin, wohin ich gehöre. Danach kannst du meinetwegen tun, was du willst.«
    »Das tue ich ohnehin«, sagte er. »Vertraue mir. Ich werde versuchen, auch dir zu helfen. Aber dazu mußt du mich nicht mit der Waffe bedrohen, Eve. Gib sie mir endlich zurück, dann erzähle und zeige ich dir, was hier geschieht. Und danach bringe ich dich dorthin, wohin du willst.«
    Sie antwortete nicht, sondern fuhr einfach herum.
    Sprang hinaus in den Korridor und lief den Weg zurück, den sie eben gekommen waren, bis sie die Schleusenkammer erreichte.
    Die Tür war noch geöffnet.
    Carlotta schwang sich hindurch. Sie sah sich um.
    Am Ende des Korridors tauchte Jon auf. Er folgte ihr langsam.
    Sie wußte immer noch nicht so ganz, was sie von ihm zu halten hatte, doch sie war sicher, daß sie ihm nicht trauen durfte. Auch wenn er ein Mensch war.
    Wie wurde diese Tür geschlossen?
    Vorhin, zum Öffnen, hatte Jon eine Hand gegen eine bestimmte