0594 - Maniac und Marylin
Gedanken Tag und Nacht um Mary, seine Frau.
Einen langen Tag hatten wir geredet, den Fall durchgesprochen, hin und her gewälzt, über mögliche Verstecke nachgedacht, aber da wäre die ganze Welt in Frage gekommen. Mein Vater wußte auch, daß Mallmann mich einige Male geleimt und hatte laufen lassen, er hatte mit meiner Furcht und dem Entsetzen Scherz getrieben.
Ergebnislos hatten wir uns auf den langen Rückweg gemacht, natürlich in Sukos BMW-Rakete, die er mal wieder auf volle Touren bringen konnte, was ihm stets Spaß bereitete.
Mir weniger, denn ich saß schweigend neben ihm und starrte aus glänzlosen Augen ins Leere. Ich sah aus wie jemand, der nicht bemerkte, ob wir Tag oder Nacht hatten.
Daß Suko mich hin und wieder von der Seite anschaute, ahnte ich mehr, als ich es sah.
»Es hat keinen Sinn, John, in Depressionen zu verfallen. Du mußt versuchen, cool zu bleiben.«
»Klar, das muß ich. Aber denk an dich, als man dir Shao nahm. War es da nicht ähnlich?«
»Ja.« Suko nickte. »Es war eine verdammt schlimme Zeit. Und es hat lange gedauert, bis ich sie überwunden hatte. Ich weiß jetzt, daß Shao lebt. Ihr geht es auch relativ gut.«
»Das hast du mir voraus.«
»Meinst du, daß Mallmann deine Mutter zu einer Blutsaugerin gemacht hat, John?«
»Ich will es nicht hoffen!« flüsterte ich und ballte die rechte Hand zur Faust. »Nur, Suko, denk mal nach. Meine Mutter ist nicht mehr die Jüngste. Wie würde sie eine wochenlange Gefangenschaft überstehen? Kannst du mir das sagen?«
»Nein.«
»Ich weiß es auch nicht und befürchte das Schlimmste, weil sich Mallmann nicht gemeldet hat.«
»Er wird damit beschäftigt sein, die Aktion Dracula weiter auszubauen. Denke an seine Ziele. Er will Vampire, er will regelrechte Blutsauger-Armeen, um die Welt beherrschen zu können. Das ist pervers, das ist Wahnsinn, aber dieser Wahnsinn hat gleichzeitig eine teuflische Methode, John.«
Suko sagte mir nichts Neues. Das wußte ich alles selbst, und es war so verdammt schlimm.
Wir kamen aus nördlicher Richtung. Die nächste größere Stadt würde London sein, von der wir uns ungefähr noch fünfzig Meilen entfernt befanden. Dort fanden wir ein paar Stunden Schlaf, dann ins Büro, wo auch Sir James auf unseren Bericht wartete. Auch er litt natürlich darunter, daß es Mallmann gelungen war, seine Chance zu nutzen und er es bestimmt schaffen würde, eine Vampir-Armee aufzubauen.
Meinem Vater hatte ich noch angeboten, Lauder zu verlassen und nach London zu ziehen, um wenigstens nicht von den Erinnerungen an seine Frau umgeben zu sein, das hatte er sofort abgelehnt. Er wollte in Lauder bleiben und alles durchstehen. Zudem hatte er dort neue Freunde und Bekannte gefunden, die ihm dabei halfen, die schweren Zeiten etwas leichter zu machen. Außerdem hatten die Menschen in der kleinen, schottischen Bergstadt ebenfalls einiges von den Vorgängen mitbekommen und waren hineingezogen worden.
Selbst Lauder war nicht mehr wie sonst.
»Müde?« fragte Suko, der mitbekam, wie ich über meine Stirn strich.
»Etwas viel. Irgendwie steckt mir der Tag in den Knochen. Es kann auch das Wetter sein.«
»Bleib am besten heute ganz aus dem Laden weg. Du hast dir doch zuletzt noch ohne mich ein Wochenende um die Ohren geschlagen. Dienstlich, meine ich.«
»Ein Wochenende war es nicht gerade, mehr eine Nacht.«
»Wer nimmt das schon so genau?«
Suko hatte recht. Der letzte Fall war allein auf meine Kappe gegangen. Da hatte ich mich mit der Mystik der Kabbala herumschlagen müssen und hatte mit Erz- und Todesengeln Kontakt bekommen, nicht mit Vampiren, aber zu unserem Job gehörte eben alles. Die Allgemeinheit der dämonischen Welt.
Auf der Bahn herrschte eine fast nächtliche Ruhe. Die Wagen, die wir sahen, konnten wir fast an einer Hand abzählen. Ein sehr warmer Tag lag hinter uns, in Schottland nicht so sehr, hier überkam mich das Gefühl, in eine Dunstglocke hineinzufahren.
Suko wollte durchziehen. Für ihn war es noch immer ein Vergnügen, in seinem BMW zu sitzen und die langen Reisen zu genießen.
Zudem hatte er den Wagen noch in einem Preisausschreiben gewonnen und nicht zu bezahlen brauchen.
Suko fuhr nur schnell, wenn, es die Umgebung erlaubte. Im Moment waren wir so ziemlich allein auf weiter Flur, hinter uns schimmerte kaum ein Licht. Erst weiter vorn huschten Scheinwerferpaare eine Auffahrt hoch.
Wir achteten nicht bewußt darauf, uns fiel nur auf, daß es sich bei einem Fahrzeug um einen Truck handelte,
Weitere Kostenlose Bücher