0596 - Feuer-Furie
er, »aber ich konnte eines nicht sehen. Was ist mit ihr? Hat dieser verfluchte Vampir sie ebenfalls zu einem Blutsauger gemacht? Hat er ihr Blut getrunken? Läuft sie jetzt als Vampir umher? Sag es mir.«
Die Flammenfrau starrte ihn an. »Nein! Du wirst die Antwort nicht jetzt bekommen. Erst wenn du sie siehst und ihr gegenüberstehst, wird sich alles klären.«
Sinclair schüttelte den Kopf, verzog die Mundwinkel und knetete mit müden Bewegungen sein Gesicht.
Hoffnung kann auch Terror sein, dachte er. Ein verdammter Psycho-Terror, der ihn noch tiefer treffen sollte, als die langen Tage und Nächte zuvor. Die Gegenseite wußte genau, was sie tat. Sie war mit allen Wassern gewaschen, sie war grausam und brutal.
Die Flammenfrau deutete auf das Telefon. »Und jetzt, Horace F. Sinclair, wirst du jemand anrufen. Du wirst ihm nur wenig sagen, nur die Worte, die ich dir vorspreche.«
»Wen soll ich anrufen?«
»Deinen Sohn, Sinclair…«
***
Den Rest des Tags waren wir auf der Stelle getreten, obwohl wir einiges erfahren hatten, was die Beginen anging. Suko und ich waren zu einem Geschichtsprofessor gefahren, der uns erklärte, daß die mittelalterlichen Beginenhöfe seit kurzem wieder eine Renaissance erlebten, einen gewissen Neuanfang und von bestimmten Frauengruppen übernommen wurden, weil sie autonom leben wollten.
»Auch hier auf der Insel?« fragte ich.
»Nein!« erwiderte der noch junge Professor und schob seine Lesebrille ein Stück höher. »In England habe ich noch nichts davon gehört. Wäre dem so, hätte ich es erfahren.«
»Dann kommt nur das Festland in Frage.«
»Ja.«
Er hatte uns herausgeschrieben, wo wir die Höfe finden konnten.
Sie verteilten sich im niederländischen Raum, also in Holland, aber auch in Belgien. In der Nähe von Brügge und Gent gab es welche, außerdem bei Amsterdam und Breda.
»Wie sind sie belegt?« fragte Suko. »Können Sie uns darüber vielleicht Auskunft geben?«
Der Historiker wiegte den Kopf. »Da verlangen Sie einfach zuviel von mir, Gentlemen. Ich habe mich zwar mit dieser Art von Lebensform beschäftigt, aber ich selbst konnte die Höfe kaum besuchen. Wenigstens in der letzten Zeit nicht. Viele glichen verfallenen Klöstern, doch wenn sie einmal übernommen wurden, dann setzten die Frauen alles daran, um sie wieder wohnlich zu gestalten.«
»Können Sie etwas über die Besetzung sagen, über die Anzahl der Personen?«
»Das ist unterschiedlich. Es gibt sehr kleine Gruppen mit fünf oder sechs Beginen. Es existieren aber auch die größeren Gemeinschaften von meinetwegen mehr als einem Dutzend Beginen. Das ist sehr unterschiedlich. Es kommt einfach darauf an, wie sich die Frauen zusammenfinden.«
»Kann man es als eine Mode ansehen?« wollte Suko wissen.
»Ja, wenn Sie es so sehen. Ich würde den Begriff Lebensform benutzen und noch das Adjektiv alternativ davor setzen, aber bitte schön, jeder denkt anders darüber.«
»Alternativ sagen Sie«, sprach ich weiter. »Womit verdienen die Beginen ihren Lebensunterhalt?«
Der Professor lächelte. »Oh, das ist sehr interessant, meine Herren. Diese Frauen haben sich wieder auf die alten Handwerkskünste besonnen. Sie klöppeln, sie sticken, sie nähen. Was sie aus reinen Naturprodukten herstellen, ist ausgezeichnete Ware. Wer bei ihnen Spitze kauft, wird kein Schild entdecken, auf dem ›Made in Hongkong‹ steht. Das kann ihnen beim Touristennepp in Brüssel passieren. Außerdem sind sie auch landwirtschaftlich sehr orientiert. Sie leben autark, bauen alles selbst an, versorgen sich selbst.«
»Manche Frauengruppen habe ich als fanatisch kennengelernt. Sind das die neuen Beginen auch?«
Der Professor lächelte. »Mr. Sinclair, irgendwo ist jeder von uns fanatisch. Natürlich gibt es auch bei den Beginen einen gewissen Fanatismus, aber der mündet nicht in Gewalt. Sie leben ihr Leben und sind auch auf keine bestimmte Religion fixiert.«
»Wie sieht es dann mit den Ersatzreligionen bei ihnen aus? Ich denke da an New Age, New Wave und alles, was nun mal dazugehört.«
»Da werden sicher einige Dinge laufen. Ob sie allerdings zu den modernen Hexen zählen, kann ich Ihnen nicht sagen. Man könnte unter Umständen davon ausgehen.«
Suko und ich schauten uns an. »Hast du noch eine Frage, John?«
»Nein, nicht mehr.« Wir erhoben uns, auch der Professor stand auf.
»Tut mir leid, daß ich Ihnen nicht mehr helfen konnte, aber die Beginen leben doch auf ihren klosterähnlichen Höfen und Refugien sehr
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