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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Turban befreit hatte. Sie stand vornübergeneigt und kämmte sich, statt eine Bürste zu benutzen, das Haar mit den Fingern, als er von neuem zu sprechen begann. Er wählte seine Worte mit Sorgfalt.
    »Das ist eine Frage der Semantik. Wie können wir das, was zwischen uns ist, sonst nennen? Verstimmung? Disput? Diese Worte scheinen mir nicht sehr treffend zu sein.«
    »Und wir dürfen doch um Gottes willen nicht ungenau sein, wenn wir wissenschaftliche Begrifflichkeiten verteilen.«
    »Das ist nicht fair.«
    »Nein?«
    Sie richtete sich auf, kramte einen Moment in ihrer Toilettentasche und zog dann das flache Heftchen mit der Pille heraus. Sie drückte eine heraus, hielt sie zur Demonstration zwischen Daumen und Zeigefinger hoch und schob sie in den Mund. Sie drehte den Wasserhahn so resolut auf, daß das Wasser vom Boden des Beckens wie eine Fontäne aufspritzte.
    »Deborah!«
    Sie ignorierte ihn. Sie schluckte die Pille mit Wasser. »So. Jetzt kannst du ganz beruhigt sein. Ich habe das Problem soeben aus dem Weg geräumt.«
    »Ob du die Pille nimmst oder nicht, ist deine Entscheidung, nicht meine. Ich kann natürlich aufpassen wie ein Schießhund. Ich kann versuchen, dich zu zwingen. Aber das möchte ich nicht. Ich möchte nur sicher sein, daß du meine Sorge verstehst.«
    »Worum?«
    »Um deine Gesundheit.«
    »Das machst du mir bereits seit zwei Monaten klar. Und ich habe getan, was du wolltest, und habe die Pille genommen. Ich werde nicht schwanger werden. Bist du damit nicht zufrieden?«
    Ihre Haut fing an fleckig zu werden, immer das erste Zeichen, daß sie sich in die Enge getrieben fühlte. Und ihre Bewegungen wurden linkisch. Er wollte nicht der Anlaß zu Panik sein, gleichzeitig jedoch wollte er klare Verhältnisse zwischen ihnen schaffen. Er wußte, daß er genauso störrisch war wie sie, dennoch ließ er nicht locker. »So wie du das sagst, klingt es, als wollten wir nicht dasselbe.«
    »Das tun wir auch nicht. Oder willst du von mir verlangen, so zu tun, als erkenne ich das nicht?«
    Sie ging an ihm vorbei ins Schlafzimmer, um möglichst umständlich den elektrischen Heizofen einzustellen. Er folgte ihr, wahrte den Abstand, indem er sich wieder in den Ohrensessel setzte.
    »Es geht doch um die Familie«, sagte er. »Um Kinder. Am liebsten zwei. Und vielleicht auch drei. Das war es doch, was wir beide wollten, nicht wahr?«
    »Ja, unsere Kinder, Simon. Nicht zwei Kinder, die uns gnädigerweise vom Jugendamt überlassen werden, sondern zwei, die wir gezeugt haben. Das ist es, was ich möchte.«
    »Und warum?«
    Sie sah auf. Ihre Haltung wurde starr, und er erkannte, daß er mit einer Frage, die zu stellen ihm vorher einfach nicht eingefallen war, den Nerv getroffen hatte. Bisher war er in ihren Disputen stets zu stark darauf bedacht gewesen, seine eigenen Argumente durchzubringen, um sich über ihre eigensinnige Entschlossenheit, um jeden Preis ein Kind zur Welt zu bringen, Gedanken zu machen.
    »Warum?« fragte er wieder und neigte sich vor, die Ellbogen auf seine Knie gestützt. »Kannst du mit mir nicht darüber sprechen?«
    Sie sah wieder zum Heizlüfter hinunter, legte ihre Finger um einen seiner Knöpfe und drehte ihn heftig. »Sei nicht so gönnerhaft. Du weißt, das kann ich nicht ausstehen.«
    »Ich bin nicht gönnerhaft.«
    »Doch, bist du schon. Du psychologisierst. Du stocherst in allem herum und drehst und wendest es nach allen Seiten. Warum kann ich nicht einfach fühlen, was ich fühle, und wollen, was ich will, ohne mich unter einem deiner verdammten Mikroskope sezieren lassen zu müssen?«
    »Deborah...«
    »Ich möchte ein eigenes Kind. Ist das vielleicht ein Verbrechen?«
    »Das habe ich doch gar nicht gesagt.«
    »Bin ich deshalb vielleicht verrückt?«
    »Nein. Natürlich nicht.«
    »Ist es vielleicht erbärmlich von mir, daß ich gern ein Kind mit dir möchte? Daß ich mir wünsche, auf diese Weise Wurzeln zu schlagen? Daß ich gerne wissen möchte, daß wir es gezeugt haben - du und ich? Daß ich mir eine Verbindung zu diesem Kind wünsche? Wieso ist das alles ein solches Verbrechen?«
    »Ist es doch gar nicht.«
    »Ich möchte eine richtige Mutter sein. Ich möchte es erleben. Ich möchte das Kind.«
    »Es sollte nicht um die Befriedigung des eigenen Egoismus gehen«, sagte er. »Denn dann, denke ich, hast du nicht wirklich verstanden, was es heißt, Mutter oder Vater zu sein.«
    Mit einem Ruck wandte sie sich nach ihm um. Ihr Gesicht war brennend rot. »Wie gemein, mir das zu

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