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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Vater, meine ich. Pam sagt, ihr graust's, wenn sie sich ihre Mutter und ihren Vater so vorstellt. Aber ich finde sie süß. Die Zwillinge, meine ich.«
    »Und wie organisiert ihr euren Rundumschlaftag?« fragte Lynley.
    »Ach, wir organisieren eigentlich gar nichts. Wir tun's einfach.«
    »Ganz ohne Plan?«
    »Na ja, wir wissen, daß es immer am dritten Freitag im Monat ist. Und es geht nach dem Alphabet, wie ich schon gesagt hab. Josie - Maggie - Pam. Pam ist die nächste. Diesen Monat haben wir schon bei mir geschlafen. Ich hab gedacht, daß die Eltern von Josie und Pam mich vielleicht diesmal nicht bei sich übernachten lassen würden, aber sie haben's doch getan.«
    »Wegen der Leichenschau, meinst du?«
    »Die war natürlich schon vorbei, aber die Leute im Dorf...«
    Sie sah zum Fenster hinaus. Zwei grauschopfige Dohlen hatten sich auf dem Fensterbrett niedergelassen und pickten wie die Wilden auf ein paar Brotrinden ein, wobei jeder der Vögel versuchte, den anderen wegzudrängen. »Mrs. Crone mag Vögel gern. Sie füttert sie immer. Sie hat in ihrem Garten so ein großes Ding, wie ein Käfig, und da züchtet sie Finken. Und sie legt hier immer Körner oder irgendwas zu essen aufs Fensterbrett. Ich finde das nett. Aber die Vögel streiten sich immer um ihr Futter. Ist Ihnen das schon mal aufgefallen? Die tun immer so, als wär nicht genug da. Ich versteh gar nicht, warum.«
    »Und die Leute im Dorf?«
    »Ich merke, daß sie mich manchmal beobachten. Sie hören auf zu reden, wenn sie mich kommen sehen. Aber die Mütter von Josie und Pam tun das nicht.«
    Sie wandte den Blick von den Vögeln und sah ihn mit einem schiefen Lächeln an. Das Grübchen machte ihr Gesicht ein wenig schief und sehr liebenswert. »Vorigen Frühling haben wir mal im Herrenhaus geschlafen. Meine Mutter hat's uns erlaubt. Sie sagte, wir dürften nur keine Unordnung machen. Wir haben Schlafsäcke mitgenommen. Und dann haben wir im Eßzimmer geschlafen. Pam wollte eigentlich raufgehen, aber Josie und ich hatten Angst, daß uns dann das Gespenst begegnen würde. Da ist Pam mit einer Taschenlampe nach oben gegangen und hat allein im Westflügel geschlafen. Aber später haben wir dann rausgekriegt, daß sie überhaupt nicht allein war. Josie fand das gar nicht gut. Sie hat gesagt, das war doch nur für uns, Pamela. Männer verboten. Pam hat gesagt, du bist ja nur eifersüchtig, weil du noch nie einen Mann gehabt hast, stimmt's? Und Josie hat gesagt, ich hab schon massig Männer gehabt, du alte Angeberin - aber das hat in Wirklichkeit gar nicht gestimmt -, und dann haben sie sich so gestritten, daß Pam in den nächsten zwei Monaten nicht mehr mit uns zusammen übernachtet hat. Aber dann ist sie doch wieder gekommen.«
    »Wissen eure Mütter immer, wann ihr euren Rundumschlaftag habt?«
    »Immer am dritten Freitag im Monat. Das wissen alle.«
    »Hast du gewußt, daß du ein Abendessen mit dem Pfarrer verpassen würdest, wenn du an dem Abend zu Josie gingst?«
    Sie nickte. »Aber ich hab irgendwie gedacht, er wollte mit meiner Mutter allein sein.«
    »Warum?«
    Sie spielte am Ärmel ihres Pullovers. »Mr. Shepherd will doch auch immer mit ihr allein sein. Ich dachte, das wär vielleicht auch so was.«
    »Hast du es gedacht oder gehofft?«
    Sie sah ihn mit ernsthafter Miene an. »Er war schon vorher mal bei uns gewesen, Mr. Sage, meine ich. Da hat meine Mutter mich zu Josie geschickt, drum hab ich gedacht, sie wär interessiert. Sie haben miteinander geredet, er und meine Mutter. Dann kam er wieder. Ich hab mir gedacht, wenn sie ihm gefällt, wär's gut, wenn ich verschwinde. Aber dann kam ich dahinter, daß sie ihm überhaupt nicht gefallen hat. Nein, meine Mutter hat ihm gar nicht gefallen. Und er ihr auch nicht.«
    Lynley runzelte die Stirn. Ein Alarmsignal schrillte in seinem Kopf. »Wie meinst du das?«
    »Na ja, sie haben doch überhaupt nichts getan. Ich meine, nicht so wie sie und Mr. Shepherd.«
    »Aber sie hatten einander doch auch nur wenige Male gesehen.«
    Sie nickte zustimmend. »Aber er hat nie mit mir über meine Mutter geredet, wenn ich mit ihm zusammen war. Er hat auch nie gefragt, wie ich gedacht hab, daß er es tun würde, wenn er sich für sie interessierte.«
    »Worüber hat er denn mit dir gesprochen?«
    »Er ist gern ins Kino gegangen, und er hat gern gelesen. Er hat über Filme und Bücher geredet. Und über die Bibel. Manchmal hat er mir Geschichten aus der Bibel vorgelesen. Ganz besonders mochte er die Geschichte von den

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