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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Rezept. Pastinakeneintopf nenn ich es. Alle sagen, er schmeckt zum Sterben gut.«
    Jenseits des Tors war die Straße...
    »Man nennt mich Dr. Crippen, aber lassen Sie sich davon nicht vom Essen abhalten.«
    ... war die Rettung. Maggie begann zu laufen.
    Sie rannte keuchend in Richtung Ortsmitte, als sie ihn rufen hörte. Sie lief weiter, hetzte die Hauptstraße hinauf, überquerte sie, jagte zum Parkplatz am Fuß des Hügels hinunter. Was sie dort tun wollte, hätte sie nicht sagen können. Wichtig war nur wegzukommen.
    Ihr Herz hämmerte gegen die Brust. Sie hatte Seitenstechen. Sie rutschte auf einer eisigen Stelle aus und stolperte, fing sich jedoch an einem Laternenpfahl und rannte weiter.
    »Vorsichtig, Kind«, warnte ein Bauer, der am Straßenrand gerade aus seinem Auto stieg.
    »Maggie!« rief jemand anders.
    Sie hörte sich aufschluchzen. Die Straße verwischte sich vor ihren Augen. Immer noch stürzte sie vorwärts.
    Sie rannte an der Bank vorbei, an der Post, an mehreren Läden, an einem Tearoom. Sie wich einer jungen Frau mit Kinderwagen aus. Sie hörte das Knallen schneller Schritte hinter sich, dann wieder ihren Namen. Sie schluckte die Tränen hinunter und rannte weiter.
    Die Angst beflügelte sie. Sie glaubte, sie verfolgten sie. Sie lachten und zeigten mit den Fingern auf sie. Sie warteten nur auf die Gelegenheit, sie einzukreisen und wieder anzufangen zu tuscheln: ... was ihre Mutter getan hat... weißt du das, weißt du das... Maggie und der Pfarrer... ein Pfarrer?... Was, der?... Mensch, der war doch alt genug, um...
    Nein! Wirf den Gedanken weg, trampel ihn nieder, vergrab ihn, stoß ihn weg. Maggie raste die Straße hinunter. Bis ein blaues Schild, das vor einem niedrigen Backsteinbau herabhing, sie zum Stehen brachte. Sie hätte es gar nicht gesehen, hätte sie nicht den Kopf gehoben, weil sie hoffte, daß dann ihre Augen aufhören würden zu tränen. Und selbst da war das Wort ganz verschwommen, aber sie konnte es dennoch entziffern. Polizei. Abrupt blieb sie stehen und fiel gegen eine Mülltonne. Das Schild schien größer zu werden. Das Wort flirrte vor ihren Augen.
    Sie schreckte vor ihm zurück, duckte sich auf dem Bürgersteig, versuchte zu atmen und nicht zu weinen. Ihre Hände waren gefühllos. Ihre Finger waren um die Riemen ihrer Tasche gekrampft. Ihre Ohren waren so kalt, daß sie das Gefühl hatte, spitze Nadeln des Schmerzes schossen ihren Hals hinunter. Es war das Ende des Tages, es begann kälter zu werden, und nie in ihrem Leben hatte sie sich so allein gefühlt.
    Sie hat es nicht getan, sie hat es nicht getan, sie hat es nicht getan, dachte Maggie.
    Aber irgendwo schrie eine Menge im Chor: Sie hat es doch getan.
    »Maggie!«
    Sie schrie auf. Sie versuchte, sich ganz klein zu machen, so klein wie eine Maus. Sie verbarg ihr Gesicht in den Händen und rutschte an der Seite der Mülltonne abwärts, bis sie auf dem Bürgersteig saß, zog sich ganz klein zusammen, als könnte das sie schützen.
    »Maggie, was ist denn los? Warum bist du weggelaufen? Hast du mich nicht rufen hören?«
    Jemand setzte sich neben sie aufs Pflaster. Legte einen Arm um sie.
    Sie roch das alte Leder seiner Jacke, noch ehe ihr Gehirn die Tatsache verarbeitete, daß es Nicks Stimme war, die sie da hörte. Sie mußte unvermittelt daran denken, wie er die Jacke während der Schulstunden, wenn er Uniform tragen mußte, immer zusammengeknüllt in seinem Rucksack aufbewahrte, wie er sie stets in der Mittagspause herausnahm, um »sie zu lüften«, wie er sie jede Minute trug, wenn er nicht in der Schule war. Komisch eigentlich, daß sie seinen Geruch noch vor seiner Stimme erkannte. Sie umfaßte sein Knie.
    »Ihr seid einfach weg. Du und Josie.«
    »Weg? Wohin denn?«
    »Die andern haben gesagt, ihr wärt weg. Ihr wärt mit. du und Josie. Die andern haben's gesagt.«
    »Wir waren im Bus wie immer. Wir haben dich weglaufen sehen. Du hast total fertig ausgesehen, drum bin ich dir nachgelaufen.«
    Sie hob den Kopf. Ihre Haarspange hatte sie irgendwo unterwegs verloren. Das Haar hing ihr lose um und ins Gesicht.
    Er lächelte. »Du siehst ganz erledigt aus, Mag.«
    Er schob seine Hand in seine Jackentasche und zog seine Zigaretten heraus. »Du schaust aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.«
    »Ich geh nicht zurück«, sagte sie.
    Er neigte den Kopf, um Zigarette und Flamme vor dem Wind zu schützen, und schnippte das abgebrannte Streichholz auf die Straße hinaus. »Das wär auch sinnlos.«
    Mit Genuß sog er den

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