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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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hier im Pfarrhaus, wie ich gehört habe. Der Pfarrer hatte sie offenbar sehr gern.«
    »Ja, ich glaub schon.«
    »Waren die beiden meistens allein?«
    »Allein?«
    »Der Pfarrer und Maggie. Waren sie hier meistens allein? Im Wohnzimmer? Oder in einem anderen Raum? Oben?«
    Polly sah sich im Zimmer um, als suchte sie die Erinnerung. »Meistens hier, würde ich sagen.«
    »Allein?«
    »Ja.«
    »War die Tür offen oder geschlossen?«
    Sie ging daran, einen der Kartons zu öffnen. »Geschlossen. Meistens.«
    Ehe Lynley eine weitere Frage stellen konnte, fuhr sie fort: »Die zwei haben gern miteinander geredet. Über die Bibel. Die Bibel war ihr ein und alles. Ich hab ihnen immer den Tee gebracht. Er saß da in dem Sessel.«, sie wies auf einen Polstersessel, auf dem jetzt drei weitere Kartons gestapelt waren. »und Maggie da auf dem Hocker. Vor dem Schreibtisch.«
    Diskrete anderthalb Meter entfernt, stellte Lynley fest. Er hätte gern gewußt, wer den Hocker dort hingestellt hatte: Sage, Maggie oder Polly. Er sagte: »Hat der Pfarrer auch von anderen jungen Leuten aus der Gemeinde Besuch bekommen?«
    »Nein. Nur von Maggie.« »Fanden Sie das ungewöhnlich? Soviel ich weiß, gab es doch eine Jugendgruppe. Mit den anderen hat er sich nie privat getroffen?«
    »Gleich am Anfang, als er herkam, war in der Kirche eine Versammlung für die Jugendlichen. Da haben sie die Gruppe gegründet. Ich hab Brötchen gebacken dafür. Das weiß ich noch.«
    »Aber hier ins Haus kam immer nur Maggie? Und ihre Mutter?«
    »Mrs. Spence?«
    Polly kramte in den Sachen in dem Karton, studierte eingehend die enthaltenen Papiere. »Mrs. Spence war nie hier.«
    »Hat sie angerufen?«
    Polly ließ sich die Frage durch den Kopf gehen. Ihr gegenüber sah St. James ein Bündel Papiere und Flugblätter durch.
    »Einmal. Abends. Maggie war noch hier. Sie sagte, sie solle sofort nach Hause kommen.«
    »War sie böse?«
    »Wir haben nur kurz miteinander gesprochen. Ich kann es nicht sagen. Sie fragte nur, ob Maggie da sei, ein bißchen kurz und aufgebracht vielleicht. Ich hab ja gesagt und hab Maggie geholt. Dann hat Maggie mit ihr am Telefon gesprochen, eigentlich nur ja, Mom, und nein, Mom, und dann ist sie nach Hause gegangen.«
    »War sie aufgeregt oder ängstlich?«
    »Ein bißchen blaß war sie und wollte sofort los. So, als sei sie bei was Verbotenem erwischt worden. Sie hat den Pfarrer gern gemocht, und er hat sie auch gern gemocht. Aber ihre Mutter war damit nicht einverstanden. Deshalb hat Maggie ihn heimlich besucht.«
    »Und ihre Mutter kam dahinter. Wie denn?«
    »Die Leute. Sie sehen alles. Und dann reden sie. In einem Dorf wie Winslough gibt es keine Geheimnisse.«
    Das nun schien Lynley eine höchst leichtfertige Behauptung zu sein. Soweit er bisher erfahren hatte, schien es in Winslough Geheimnisse in Hülle und Fülle zu geben, und beinahe alle hatten mit dem Pfarrer, Maggie, dem Constable und Juliet Spence zu tun.
    »Suchen wir das hier?« fragte St. James und hielt einen kleinen Terminkalender in schwarzem Plastikumschlag mit einem Spiralrücken hoch. Er reichte Lynley das Büchlein und fuhr fort, in dem Karton zu kramen, den er geöffnet hatte.
    »Dann laß ich Sie jetzt allein«, sagte Polly. Wenig später hörten sie, daß sie in der Küche Wasser in einen Topf laufen ließ.
    Lynley setzte seine Brille auf und blätterte den Terminkalender vom Dezember an nach rückwärts durch. Unter dem Dreiundzwanzigsten war ein Vermerk über die Townley-Young-Trauung, unter dem Zweiundzwanzigsten stand Power/Townley-Young, halb elf, aber das Abendessen mit Juliet Spence am selben Tag war nicht eingetragen. Doch für den Vortag gab es einen Eintrag. Der Name Yanapapoulis zog sich diagonal über die ganze Seite.
    »Wann ist Deborah ihm begegnet?« fragte Lynley.
    »Als wir beide in Cambridge waren. Im November. Es war ein Donnerstag. Kann es so um den Zwanzigsten gewesen sein?«
    Lynley blätterte weiter. Die Seiten waren gefüllt mit Anmerkungen zum Leben des Pfarrers. Versammlungen der Altargesellschaft, Besuche bei Kranken, Zusammentreffen der Jugendgruppe, Taufen, drei Beerdigungen, zwei Hochzeiten, Gespräche, die nach Eheberatung rochen, Besprechungen mit dem Kirchenvorstand, zwei geistliche Veranstaltungen in Bradford.
    Das, was er suchte, fand er unter Donnerstag, dem Sechzehnten. SD, stand da in der Rubrik Dreizehn Uhr. Von dort führte die Spur jedoch nicht weiter zurück. Auf den nachfolgenden Seiten bis zum Tag von Sages Ankunft in

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