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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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dabei.«
    Lynley steckte den Zettel ein. »Wie oft war Mr. Sage in London?«
    »Viermal, vielleicht auch fünfmal. Ich kann in seinem Terminkalender nachsehen, wenn Sie es genau wissen wollen.«
    »Sein Terminkalender ist noch hier?«
    »Alle seine Sachen sind hier. In seinem Testament stand, daß alle seine Sachen einem wohltätigen Verein übergeben werden sollen, aber es stand nicht dabei, welchem. Die Leute vom Kirchenvorstand haben gesagt, ich soll schon mal alles einpacken, sie würden dann bestimmen, wohin die Sachen gehen sollen. Möchten Sie sie mal durchsehen?«
    »Wenn das möglich ist.«
    »Im Arbeitszimmer.«
    Sie führte sie wieder durch den Korridor, an der Treppe vorbei. Sie hatte an diesem Tag offenbar den Teppich gereinigt; Lynley fielen feuchte Flecken auf, die er beim Eintritt ins Haus nicht gesehen hatte: Von der Tür führten sie in einer unregelmäßigen Spur bis zur Treppe, wo auch eine der Wände gewaschen worden war. Unter einem Blumenständer gegenüber der Treppe lag ein bunter Stoffetzen. Während Polly weiterging, ohne ihn zu sehen, hob Lynley ihn auf. Es war ein dünner Stoff, Gaze ähnlich, von goldschimmernden Metallfäden durchzogen. Er erinnerte ihn an die indischen Kleider und Röcke, die er häufig auf Märkten gesehen hatte. Nachdenklich drehte er den Stoffstreifen um seinen Finger, bemerkte eine ungewöhnliche Steifheit und hielt ihn gegen das Deckenlicht, das Polly gerade eingeschaltet hatte. Der Stoff hatte mehrere große rostrote Flecken. An den Rändern war der Stoffstreifen ausgefranst, also von einem größeren Stück Stoff abgerissen und nicht abgeschnitten worden. Lynley war nicht sonderlich überrascht. Er steckte das Stück Stoff ein und folgte St. James in das Arbeitszimmer des Pfarrers.
    Polly stand neben dem Schreibtisch. Sie hatte die Tischlampe angeknipst, sich jedoch so gestellt, daß ihr Haar ihr Gesicht beschattete. Überall im Zimmer standen zugeklebte und mit Etiketten versehene Kartons; nur einer von ihnen war offen. Er enthielt Kleider, ihm hatte Polly offensichtlich die Hose entnommen, die sie trug.
    Lynley sagte: »Er scheint ja eine Menge Dinge gehabt zu haben.«
    »Ja, aber nichts wirklich Wertvolles. Er konnte sich nur nie von den Dingen trennen. Immer wenn ich etwas wegwerfen wollte, mußte ich es ihm erst auf den Schreibtisch legen und ihn entscheiden lassen. Die meisten Sachen behielt er, besonders alles, was mit London zu tun hatte. Die Eintrittskarten für die Museen, die U-Bahnfahrscheine. Als wären es Souvenirs. Er hat alles mögliche gesammelt. Manche Leute sind so, nicht wahr?«
    Lynley ging von Karton zu Karton und las die Etiketten. Bücher, Toilette, Gemeindeangelegenheiten, Wohnzimmer, Amtsgewänder, Schuhe, Arbeitszimmer, Schreibtisch, Schlafzimmer, Predigten, Briefe, Zeitschriften, Verschiedenes... »Was ist in dem Karton?« fragte er, sich auf den letzten beziehend.
    »Sachen aus seinen Taschen und so. Theaterprogramme zum Beispiel.«
    »Und der Terminkalender? Wo finde ich den?«
    Sie wies auf die Kartons mit den Etiketten Arbeitszimmer, Schreibtuch und Bücher. Es waren mindestens ein Dutzend Kartons. Lynley schob sie erst einmal auf die Seite, um besser an sie heranzukommen. Er sagte: »Wer hat außer Ihnen noch die Sachen des Pfarrers durchgesehen?«
    »Niemand«, antwortete sie. »Die Leute vom Kirchenvorstand haben mir gesagt, ich soll alles einpacken und verschließen und etikettieren, aber sie haben sich noch nichts angesehen. Ich vermute, sie werden den Karton mit den Gemeindesachen behalten wollen, nicht wahr, und vielleicht wollen sie auch die Predigten dem neuen Pfarrer übergeben. Die Kleider können dafür...«
    »Und bevor Sie die Sachen eingepackt haben?« fragte Lynley. »Wer hat sich die Sachen da angesehen?«
    Sie zögerte. Sie stand neben ihm. Er roch ihren Schweiß, der sich in der Wolle ihres Pullovers festgesetzt hatte.
    »Ich meine, nach dem Tod des Pfarrers«, erläuterte Lynley, »während des Ermittlungsverfahrens, hat da jemand seine Sachen durchgesehen?«
    »Der Constable«, antwortete sie.
    »Hat er sich die Sachen allein angesehen? Oder waren Sie dabei? Oder vielleicht sein Vater?«
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die Oberlippe. »Ich hab ihm immer Tee gebracht. Jeden Tag. Ich war mal drinnen und mal draußen.«
    »Er hat also allein gearbeitet?«
    Als sie nickte, sagte er: »Ich verstehe«, und öffnete den ersten Karton, während St. James sich einen anderen vornahm. Er sagte: »Maggie Spence war oft

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