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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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bitte mitkommen würden.«
    Sie führte sie durch eine niedrige Tür neben dem offenen Kamin. Die Temperatur fiel mit einem Schlag um gut fünf Grad, statt nach Zigarettenrauch und Ale roch es hier nach frisch gebackenem Brot. Sie führte sie zu einem Tisch neben einem glühenden Heizkörper und sagte: »Sie haben heute abend den ganzen Saal für sich allein. Wir haben außer Ihnen keine Gäste. Ich geh mal rasch in die Küche und sag denen, was Sie -«, worauf ihr endlich bewußt zu werden schien, daß sie niemandem etwas zu sagen hatte. Sie biß sich betreten auf die Unterlippe. »Ach, entschuldigen Sie«, sagte sie. »Ich bin ganz durcheinander. Sie haben ja noch gar nicht bestellt.«
    »Ist denn etwas nicht in Ordnung?« erkundigte sich Deborah.
    »Nicht in Ordnung?«
    Wieder schob sie den Bleistift in ihr Haar, mit der Mine voraus diesmal, und zog ihn hin und her, als mache sie eine Zeichnung auf ihrer Kopfhaut.
    »Ich meine, gibt es ein Problem?«
    »Problem?«
    »Ist jemand in Schwierigkeiten?«
    »In Schwierigkeiten?«
    Simon machte dem Spiel ein Ende. »Ich glaube, ich habe noch nie erlebt, daß ein Polizist ein Gasthaus so schnell geleert hat. Ohne daß Polizeistunde war, meine ich.«
    »Ach nein«, sagte Josie. »Wegen Mr. Shepherd ist das nicht. Ich meine - jedenfalls eigentlich nicht. Es ist nur. Wissen Sie, hier sind ein paar Sachen passiert, und Sie wissen ja, wie das in einem Dorf ist, und. Aber jetzt sollte ich vielleicht wirklich Ihre Bestellung aufnehmen. Mr. Wragg wird immer stocksauer, wenn ich zuviel mit den Gästen rede. ›Die Leute sind nicht nach Winslough gekommen, damit jemand wie du ihnen Geschichten erzählt, Miss Josephine.‹ So sagt er immer. Mr. Wragg, mein ich.«
    »Ist es wegen der Frau, die mit dem Constable hier war?« fragte Deborah.
    Josie warf einen Blick zu der Schwingtür, die in die Küche zu führen schien. »Ich sollte wirklich nicht soviel reden.«
    »Durchaus verständlich«, sagte Simon und sah in seine Speisekarte. »Also dann, für mich zuerst die gefüllten Champignons und dann die Seezunge. Und was möchtest du haben, Deborah?«
    Aber Deborah wollte sich nicht einfach so abwimmeln lassen. Sie sagte sich, wenn Josie über das eine Thema nicht sprechen wollte, dann würde vielleicht der Wechsel zu einem anderen Thema ihr die Zunge lösen.
    »Josie«, sagte sie daher, »kannst du uns etwas über den Pfarrer sagen, Mr. Sage?«
    Josie hob mit einem Ruck den Kopf von ihrem Block. »Woher wissen Sie denn davon?«
    »Wovon?«
    Sie schlenkerte ihren Arm in Richtung zur Gaststube. »Da draußen. Woher wissen Sie das?«
    »Wir wissen gar nichts. Außer, daß er tot ist. Wir sind auch deshalb hierher, nach Winslough, gekommen, weil wir ihn besuchen wollten. Kannst du uns erzählen, was passiert ist? War sein Tod unerwartet? War er vorher krank?«
    »Nein.«
    Josie senkte den Blick wieder zu ihrem Block und konzentrierte sich ganz darauf, die Bestellung aufzuschreiben. »Krank war er nicht direkt. Jedenfalls nicht lang.«
    »Wieso? War es eine plötzliche Krankheit?«
    »Plötzlich war's, ja. Richtig plötzlich.«
    »Ein Herzanfall? Oder ein Schlaganfall? Etwas in dieser Richtung?«
    »Etwas - es ist jedenfalls sehr schnell gegangen. Er ist ganz schnell gestorben.«
    »Eine Infektion? Ein Virus?«
    Josie machte ein gequältes Gesicht. Sie war offensichtlich hin und her gerissen zwischen dem Gefühl, diskret sein zu müssen, und der Lust, richtig auszupacken. Sie wedelte unschlüssig mit ihrem Bleistift.
    »Er ist doch nicht ermordet worden?« fragte Simon.
    »Nein!« stieß Josie entsetzt hervor. »Nein, ganz bestimmt nicht. Es war ein Unfall. Wirklich. Ganz ehrlich. Sie wollte nicht... Sie kann gar nicht..... Ich meine, ich kenne sie doch. Wir kennen sie alle. Sie hat ihm bestimmt nichts Böses gewollt.«
    »Wer?« fragte Simon.
    Josies Blick glitt zur Tür.
    »Mrs. Spence, nicht wahr?« sagte Deborah.
    »Aber es war kein Mord«, beteuerte Josie.

    Während sie das Essen brachte, Wein einschenkte, das Käsebrett auftrug und ihnen den Kaffee hinstellte, erzählte sie in Bruchstücken die Geschichte.
    Eine Lebensmittelvergiftung, berichtete sie. Im vergangenen Dezember. Während sie in kurzen, abgerissenen Sätzen erzählte, flog ihr Blick immer wieder zur Küchentür. Sie wollte offensichtlich nicht dabei ertappt werden, daß sie klatschte. Mr. Sage hatte regelmäßig seine Runden in der Gemeinde gemacht, jede einzelne Familie besucht, entweder nachmittags zum Tee oder abends

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