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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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sofort, nachdem sie ihnen vom Tod des Pfarrers berichtet hatte. Auf Deborahs bestürzte Fragen antwortete sie zurückhaltend: »Tja, Genaues kann ich Ihnen da nicht sagen. Sie waren mit ihm befreundet?«
    Nein. Natürlich nicht. Befreundet waren sie nicht gewesen. Sie hatten lediglich an einem regnerischen, windigen Novembertag ein paar Minuten zusammen in der National Gallery verbracht. Aber Deborah, die sich gut an Robin Sages freundliche Art erinnerte, fühlte sich von der Nachricht wie gelähmt.
    »Das tut mir wirklich leid, Liebes«, sagte Simon, nachdem Mrs. Wragg die Tür hinter sich geschlossen hatte. Deborah sah die Besorgnis, die seine Augen verdunkelten, und sie wußte, daß er ihre Gedanken las, wie dies nur ein Mensch konnte, der sie ihr Leben lang gekannt hatte. Sie wußte, daß er nicht sagte, was er gern gesagt hätte: Es hat nichts mit dir zu tun, Deborah. Du bist kein Todesbringer, ganz gleich, was du denkst. Statt dessen nahm er sie einfach in die Arme und hielt sie fest.
    Später, um halb acht, stiegen sie die Treppe zwischen der Bar und dem Büro hinunter. Das Pub hatte sich gefüllt. Bauern standen in lebhaftem Gespräch am Tresen. An einigen Tischen saßen Hausfrauen, die sich einen freien Abend gönnten. Zwei ältere Ehepaare unterhielten sich über die Qualität von Spazierstöcken, während in einer Ecke sechs junge Leute laut ihre Witze machten und rauchten.
    Aus dieser Gruppe junger Leute - unter denen sich ein Pärchen befand, das ganz ungeniert schmuste und höchstens eine Pause einlegte, wenn das blutjunge Mädchen einen Schluck aus der Flasche nehmen oder der Bursche an seiner Zigarette ziehen wollte - löste sich Josie Wragg. Sie hatte sich für den Abend umgezogen, trug jetzt eine Art Arbeitstracht. Doch an ihrem schwarzen Rock war ein Stück Saum heruntergerissen, und die rote Schleife an ihrem Haar saß völlig schief.
    Sie verschwand kurz hinter dem Tresen, wo sie zwei Speisekarten holte, und sagte dann sehr förmlich, mit einem etwas ängstlichen Blick auf den fast kahlköpfigen Mann, der mit der selbstverständlichen Autorität des Wirts das Bier zapfte: »Guten Abend, Sir. Guten Abend, Madam. Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit?«
    »Vollkommen«, antwortete Simon.
    »Dann möchten Sie jetzt sicher die Speisekarte sehen.«
    Sie reichte ihnen die Karten und fügte mit gesenkter Stimme hinzu: »Aber vergessen Sie nicht, was ich Ihnen über das Bœuf gesagt habe.«
    Sie gingen an den Bauern vorbei, von denen einer mit rotem Kopf und drohend erhobener Faust erklärte: »... ihm sagen, daß es ein öffentlicher Fußweg ist - öffentlich, wohlgemerkt...«, und suchten sich ihren Weg zwischen den Tischen hindurch zum offenen Kamin, in dem mehrere Birkenscheite brannten. Neugierige Blicke folgten ihnen auf ihrem Weg durch die Gaststube - Touristen waren um diese Zeit in Lancashire eine Seltenheit -, und auf ihr freundliches »Guten Abend« nickten die Männer brüsk und wortlos, die Frauen neigten leicht die Köpfe. Nur die Teenager in ihrer Ecke zollten ihnen keinerlei Beachtung. Ihr ganzes Interesse galt dem Schauspiel, das die kesse kleine Blondine und ihr Freund boten, der seine Hand gerade unter ihr gelbes Sweat-Shirt schob.
    Deborah setzte sich auf eine Bank unter einer verblaßten Petit-Point-Wiedergabe von Sonntag nachmittag auf der Grande Jatte. Simon nahm auf dem Stuhl ihr gegenüber Platz. Sie bestellten Sherry und Whisky, und als Josie ihnen die Getränke an den Tisch brachte, stellte sie sich so, daß ihnen der Blick auf das innig umschlungene Liebespärchen versperrt war.
    »Tut mir leid, das da drüben«, sagte sie mit einem Naserümpfen, als sie Deborah ihren Sherry hinstellte und Simon seinen Whisky. »Das ist Pam Rice, spielt zur Abwechslung mal das leichte Mädchen. Fragen Sie mich nicht, warum. Sie ist kein schlechter Kerl. Nur wenn sie mit Todd zusammen ist. Der ist schon siebzehn.«
    Sie sagte es, als erklärte das Alter des Jungen alles. Aber vielleicht fürchtete sie, es könnte doch nicht genügen, denn sie fügte hinzu: »Und dreizehn. Pam, meine ich. Sie wird im nächsten Monat vierzehn.«
    »Und irgendwann im nächsten Jahr zweifellos fünfunddreißig«, meinte Simon trocken.
    Josie sah sich mit zusammengekniffenen Augen nach dem Pärchen um. Trotz ihres vorher so verächtlichen Blickes stieß sie jetzt einen zitternden Seufzer aus. »Ja. Na ja...«
    Und dann wandte sie sich, mit einer Anstrengung, wie es schien, wieder ihnen zu.
    »Also, was darf es sein?

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