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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Unterstellung, für die Sie keinerlei Beweise finden werden -, so darf ich Sie darauf aufmerksam machen, Sergeant, daß ich Freundschaft im allgemeinen nicht kaufe.«
    »Womit Sie sagen wollen, daß Sie die Leute bar bezahlt haben und ihnen wahrscheinlich auch noch eine Prämie dafür gegeben haben, daß sie den Mund halten.«
    Sie beugte sich vor und schlug mit einer Hand leicht gegen seinen Schreibtisch. »Ich will Ihre Hilfe nicht, Sir, jedenfalls nicht auf diese Art. Ich möchte nichts von Ihnen haben, was ich nicht zurückgeben kann. Und außerdem... Auch wenn es nicht so wäre, ich bin einfach noch nicht so weit -«
    Sie verlor plötzlich die Nerven und hielt seufzend inne.
    Manchmal vergaß sie, daß er ihr Vorgesetzter war. Schlimmer, manchmal vergaß sie, was sie sich geschworen hatte, in seinem Beisein niemals zu vergessen: Der Mann war von Adel, er hatte einen Titel, es gab in seinem Leben Leute, die ihn Mylord nannten. Zugegeben, unter seine Kollegen im Yard sah seit nunmehr zehn Jahren keiner etwas Besonderes in ihm, aber ihr fehlte eben diese Kaltblütigkeit, die es ihr erlaubt hätte, sich mit einem Mann auf eine Stufe zu stellen, dessen Familie mit Leuten verkehrte, die es gewohnt waren, mit Euer Hoheit und Euer Gnaden angesprochen zu werden. Ihr sträubten sich die Haare, wenn sie daran dachte, und sie wurde wütend, wenn sie länger bei der Vorstellung verweilte. Und wenn sie es vergessen hatte und es ihr dann unversehens wieder einfiel - so wie jetzt -, kam sie sich vor wie eine Vollidiotin. Man schüttete nicht einem Blaublütigen sein Herz aus. Man konnte ja nicht einmal sicher sein, ob die Blaublütigen überhaupt selber ein Herz besaßen.
    »Und auch wenn es nicht so wäre«, führte Lynley ihren Gedanken weiter, »bekommt die Aussicht, Acton zu verlassen, etwas immer Bedrohlicheres, je näher der Stichtag rückt. Es ist schön, einen Traum zu haben, o ja. Aber wenn der Traum dann Wirklichkeit wird, sieht die Sache wieder ganz anders aus.«
    Sie ließ sich in ihrem Sessel zurücksinken und starrte ihn an. »Mann o Mann«, sagte sie, »wie, zum Teufel, hält Helen es nur mit Ihnen aus?«
    Er lächelte flüchtig, nahm die Brille ab und steckte sie ein. »Tut sie ja nicht. Jedenfalls im Augenblick nicht.«
    »Die Reise nach Korfu findet nicht statt?«
    »Leider nein. Es sei denn, sie reist allein. Was sie ja, wie wir beide wissen, schon einmal getan hat.«
    »Warum?«
    »Ich habe sie aus dem Gleichgewicht gebracht.«
    »Ich meine nicht, warum damals. Ich spreche von heute.«
    »Ach so.«
    Er drehte seinen Sessel, aber nicht zum Aktenschrank, auf dem Helens Bild stand, sondern zum Fenster, wo man die oberen Etagen des öden grauen Nachkriegsbaus sehen konnte, in dem das Innenministerium untergebracht war. Er legte unter dem Kinn seine Hände aufeinander. »Wir sind leider über eine Krawatte gestolpert.«
    »Eine Krawatte?«
    Zur Verdeutlichung griff er sich an den Schlips, den er trug. »Ich hatte gestern abend eine Krawatte über den Türknauf gehängt.«
    Barbara runzelte die Stirn. »Macht der Gewohnheit, meinen Sie? So wie man die Zahnpasta aus der Mitte der Tube drückt? So was, das dem anderen auf die Nerven geht, wenn der erste romantische Glanz ein bißchen verblaßt ist?«
    »Ich wünschte, es wäre das.«
    »Was ist es dann?«
    Er seufzte.
    »Lassen Sie nur«, sagte sie. »Es geht mich ja gar nichts an. Es tut mir leid, daß es nicht geklappt hat. Ich meine, mit dem Urlaub. Ich weiß, daß Sie sich darauf gefreut haben.«
    Er spielte mit dem Krawattenknoten an seinem Hals. »Ich habe meine Krawatte am Türknauf hängen lassen - außen an der Tür -, bevor wir zu Bett gegangen sind.«
    »Und?«
    »Ich habe mir nicht überlegt, daß sie es vielleicht bemerken könnte. Ich tu das gelegentlich einfach.«
    »Und?«
    »Tatsächlich hat sie es auch nicht bemerkt. Aber sie hat mich gefragt, wie es kommt, daß Denton uns nicht ein einziges Mal morgens überrascht hat, seit wir - wir zusammen sind.«
    Barbara ging ein Licht auf. »Ach so, jetzt begreif ich. Er sieht die Krawatte. Sie ist ein Zeichen. Er weiß dann, daß jemand bei Ihnen ist.«
    »Äh - ja.«
    »Und das haben Sie ihr gesagt? Du meine Güte, was sind Sie doch für ein Idiot, Inspector.«
    »Ich habe nicht darüber nachgedacht. Ich befand mich in einem Zustand der Euphorie, in dem keiner überlegt. Und da sagte sie: Tommy, wie kommt es eigentlich, daß Denton an den Tagen, an denen ich hier übernachtet habe, nicht ein einziges Mal

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