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06 - Der Schattenkrieg

06 - Der Schattenkrieg

Titel: 06 - Der Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Schmerz und bedauerten, ihr weh tun zu müssen. Auch Moira war ein Opfer, aber auch eine Spur. Und Spuren brauchten sie jetzt.
Moira Wolfe nahm den Rest ihrer Würde zusammen und gab ihnen mit brüchiger Stimme die genaueste Beschreibung eines Mannes, die sie je gehört hatten. Dann brach sie weinend zusammen. Shaw ließ sie von seinem Assistenten nach Hause fahren.
»Cortez«, meinte Murray, als sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte. »Ziemlich wahrscheinlich«, stimmte der stellvertretende Direktor zu. »In seiner Akte steht, er verstünde es vorzüglich, Menschen zu kompromittieren. Das hat er jetzt wirklich unter Beweis gestellt.« Shaw griff kopfschüttelnd nach einer Kaffeetasse. »Er konnte aber nicht gewußt haben, was sie taten, oder?«
»Nein, wenn er Bescheid gewußt hätte, wäre sein Besuch hier überflüssig gewesen«, sagte Murray. »Aber seit wann handeln Kriminelle logisch? Gut, überprüfen wir Paßkontrollstellen, Hotels, Fluggesellschaften. Sehen wir zu, daß wir diesem Kerl auf die Spur kommen. Ich will mich drum kümmern. Was fangen wir mit Moira an?«
»Sie hat gegen kein Gesetz verstoßen.« Seltsam, das. »Besorgen wir ihr einen Arbeitsplatz, an dem sie kein Geheimmaterial zu sehen bekommt, vielleicht bei einer anderen Behörde. Dan, wir dürfen sie nicht vernichten.«
»Finde ich auch.«
    Moira Wolfe kam kurz vor elf nach Hause. Ihre Kinder waren noch auf und deuteten ihre Tränen als verspätete Reaktion auf die Beerdigung. Auch sie hatten Emil Jacobs gekannt und trauerten um ihn wie alle, die für das FBI arbeiteten. Moira sagte nicht viel, sondern ging gleich nach oben, um sich ins Bett zu legen; die Kinder blieben vorm Fernseher sitzen. Allein im Bad starrte sie im Spiegel die Frau an, die sich hatte verführen und ausnutzen lassen. Wie eine dumme Gans kam sie sich nun vor; schlimmer noch, blöde, eitle, alte Frau, die noch einmal jung sein wollte. So sehr hatte sie sich nach Liebe gesehnt, daß sie sieben Menschen zum Tode verurteilt hatte.
Alles meine Schuld. Ich habe mitgeholfen, sie zu töten. Sie öffnete den Spiegelschrank. Wie die meisten Leute warf sie alte Medikamente nicht weg, und da stand das Fläschchen Placidyl. Es waren noch sechs Schlaftabletten drin. Das sollte reichen.
    »Was führt dich diesmal zu uns?« fragte Timmy Jackson seinen großen Bruder.
»Ich muß raus zur Ranger, um eine Flottenübung zu beobachten. Wir üben eine neue Abfangtaktik, an der ich mitgearbeitet habe. Wie läuft’s bei der leichten Infanterie?«
»Wir schleppen noch immer unseren Kram die Berge rauf und runter. Zuletzt ist mir eine Übung total in die Hose gegangen. Da hat mir Chavez sehr gefehlt.«
»Wer?« fragte Robby Jackson. »Ein Zugführer, den sie mir abgenommen haben. Seltsam ist nur, daß er irgendwie verschütt gegangen ist. Eigentlich sollte er Ausbilder werden, aber inzwischen höre ich, daß er in Panama aufgetaucht ist. Wie auch immer, seine Akte fehlt, und auf der Schreibstube springen sie im Dreieck, weil sie sie nicht finden können. Fort Benning, wo er eigentlich hinsollte, erkundigt sich, wo er abgeblieben ist, aber kein Mensch weiß, wo Ding steckt. Kommt so was bei der Navy auch vor?«
»Wenn ein Mann verschollen ist, ist das im allgemeinen sein Wunsch.« Tim schüttelte den Kopf. »Ding nicht. Der reißt seine zwanzig Jahre ab und bleibt vielleicht noch länger. Das ist kein Deserteur.«
»Vielleicht hat jemand seine Akte falsch abgelegt«, schlug Robby vor. »Kann sein. Ich bin in solchen Dingen noch unerfahren«, gestand Tim. »Trotzdem komisch, daß er so einfach da unten im Dschungel auftaucht. Na, genug davon. Was macht unsere Schwester?«
    Positiv war nur das kühle Wetter. Die Höhe war etwas geringer als jene, auf der sie geübt hatten, aber das lag nun Wochen hinter ihnen, und es würde ein paar Tage dauern, bis die Soldaten sich reakklimatisiert hatten.
Die Berge waren steil und dicht bewaldet günstig, weil das die Sichtweite begrenzte. Das Nachtsichtgerät, das auf seinem Kopf hing wie eine schlechtsitzende Mütze, ließ ihn höchstens hundert Meter weit sehen, und das dichte Blätterdach schloß das Licht praktisch aus. Eine furchteinflößende Umgebung, in der sich Chavez aber zu Hause fühlte.
Er hielt nicht geradewegs auf ihr Ziel in dieser Nacht zu, sondern in Schlangenlinien. Jede halbe Stunde machte er halt, schlich zurück und wartete, bis der Rest des Zuges in Sicht kam. Dann machten die Männer kurz Rast und prüften nach, ob jemand Interesse an

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