Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
06 - Der Schattenkrieg

06 - Der Schattenkrieg

Titel: 06 - Der Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
zitternd die Hand seiner Mutter hielt. Der erste Feuerwehrmann schob ihn beiseite, prüfte erst die Luftröhre, dann die Augen, schließlich den Puls. »Vierzig und schwach, Atem acht und flach. Placidyl«, erklärte er. »Ausgerechnet dieses Dreckszeug!« Der zweite Mann wandte sich an Dave. »Wie viele Tabletten waren in der Packung?« »Das weiß ich nicht. Sie gehörten meinem Vater, und der ist…«
»Los, Charlie.« Der erste Sanitäter hob sie an den Armen hoch. »Platz, Junge, das ist eilig.« Der große, massige Mann hielt sich gar nicht erst mit einer Bahre auf, sondern nahm Moira auf den Arm wie ein Kind und trug sie hinaus. »Sie können mit ins Krankenhaus kommen.«
»Wie geht es…«
»Sie atmet noch. Mehr kann ich im Augenblick nicht sagen«, meinte der zweite Sanitäter beim Hinausgehen.
    Was ist denn hier los? wunderte sich Murray, der bei Moira vorbeifahren und sie abholen wollte, um die Schuldgefühle, die sie sicherlich empfand, etwas lindern zu helfen. Gewiß, sie hatte gegen die Sicherheitsvorschriften verstoßen und etwas sehr Dummes getan, aber andererseits war sie auch das Opfer eines Mannes, der sie mit fachmännischem Geschick ausgewählt hatte, um dann ihre Schwächen auszunutzen. Und Schwachstellen hatte jeder Mensch, wie Murray im Lauf der Jahre beim FBI gelernt hatte.
Er kannte Moiras Kinder nicht, hatte aber viel von ihnen gehört, so daß er sofort wußte, wer da dem Sanitäter aus dem Haus folgte. Murray ließ seinen Dienstwagen in zweiter Reihe stehen und sprang hinaus.
»Was ist hier los?« fragte er den zweiten Sanitäter und wies seinen Dienstausweis vor. »Selbstmordversuch mit Tabletten. Wollen Sie sonst noch was wissen?« fragte der Mann und setzte sich ans Steuer.
»Nein, fahren Sie los.« Murray drehte sich um, um sicherzugehen, daß sein Auto dem Krankenwagen nicht den Weg blockierte. Als er sich wieder zu den Kindern umdrehte, wurde ihm klar, daß das häßliche Wort »Selbstmord« noch nicht ausgesprochen worden war.
Cortez, du Schwein! Hoffentlich krieg ich dich nie in die Finger! »Hört mal, ich bin Dan Murray und ein Kollege eurer Mutter. Soll ich euch ins Krankenhaus fahren?« Der Fall konnte warten. Die Toten waren tot und konnten sich Geduld leisten. Emil verstand das bestimmt.
Er setzte sie vor dem Eingang zur Notaufnahme ab und fuhr weiter, um sich einen Parkplatz zu suchen und sein Autotelefon zu benutzen. »Geben Sie mir Shaw«, sagte er zum Wachoffizier. »Dan, hier Bill. Was gibt’s?«
»Moira hat letzte Nacht versucht, sich mit Tabletten umzubringen.«
»Was tun Sie?«
»Jemand muß bei den Kindern bleiben. Hat sie Freunde, die wir verständigen können?« »Ich will mich erkundigen.«
»Bis jemand hier ist, bleibe ich bei ihnen. Ich meine…«
»Alles klar. Halten Sie mich auf dem laufenden.«
»Gut.« Murray legte auf und ging hinüber zum Krankenhaus. Die Kinder saßen im Wartezimmer. Dave kannte sich hier schon aus. Er wußte auch, daß die goldene Dienstmarke eines FBI-Agenten fast alle Türen öffnete. Das war auch diesmal der Fall.
»Bei Ihnen ist gerade eine Frau eingeliefert worden«, sagte Murray zum ersten Arzt, der ihm in die Quere kam. »Moira Wolfe.«
»Ach ja, die Überdosis.« Verflucht noch mal, das ist ein Mensch und keine Überdosis! hätte Murray am liebsten gebrüllt, nickte aber nur und sagte: »Wo liegt sie?«
»Da können Sie jetzt nicht…« Murray hielt ihm seine goldene Dienstmarke hin. »Und ob. Sie ist in einen hochwichtigen Fall verwickelt. Ich muß wissen, was vorgeht.«
Der Arzt führte ihn in eine Behandlungskabine. Moira bot keinen schönen Anblick. Sie hatte bereits den Schlauch des Beatmungsgerätes im Hals und Infusionsschläuche in beiden Armen; bei näherem Hinsehen stellte sich heraus, daß ihr Blut durch einen der Schläuche entnommen, durch ein Gerät gepumpt und dann wieder in ihren Körper zurückgeführt wurde. Sie war ausgezogen und hatte mit Klebeband befestigte EKG-Sensoren auf der Brust. Murray schämte sich, sie so anzustarren. »Kommt sie durch?« fragte er. »Wer sind Sie eigentlich?« knurrte der Arzt, ohne sich umzudrehen. »FBI, und ich verlange eine Antwort. Ich muß das wissen.« Der Doktor drehte sich immer noch nicht um. »Ich auch. Sie hat Placidyl genommen, ein starkes Schlafmittel, das wegen seiner Gefährlichkeit heute kaum noch verschrieben wird. LD 50, das ist die letale Dosis bei fünfzig Prozent der Personen, die das Medikament nehmen, liegt zwischen fünf und zehn Kapseln. Wieviel sie

Weitere Kostenlose Bücher