06 - Der Schattenkrieg
einer Übereinkunft mit dem Kartell gekommen war. Der Kubaner parkte den Jeep und ging zu dem Beamten hinüber.
»Guten Morgen, Capitán. Haben Sie den Typ der Bombe schon feststellen können?« »Eindeutig eine Autobombe«, erwiderte der Mann ernsthaft. »Das vermutete ich auch schon«, erwiderte Cortez geduldig. »Und der Sprengstoff?«
Der Mann zuckte die Achseln. »Keine Ahnung.«
»Vielleicht sollten Sie versuchen, das im Zuge Ihrer Ermittlungen festzustellen«, schlug Cortez vor und verabschiedete sich. Eine lokal hergestellte Bombe konnte Dynamit enthalten haben das gab es in den Bergwerken der Umgebung zuhauf Plastiksprengstoff oder gar eine Mixtur mit nitrathaltigem Düngemittel. Steckte aber M-19 dahinter, erwartete Cortez den tschechischen Plastiksprengstoff Semtex, der von Terroristen in aller Welt bevorzugt wurde. Die Art des Sprengstoffs war also ein wichtiger Hinweis für ihn, und den sollte ihm nun ausgerechnet die Polizei besorgen; ein Gedanke, der Cortez auf der Fahrt bergab lächeln ließ.
Es gab auch noch andere positive Aspekte. Die Ausschaltung der vier Kartellhäuptlinge betrübte ihn nicht mehr als den Polizisten. Immerhin waren sie nur Geschäftsleute gewesen und hatten einer Klasse angehört, die Cortez nicht sonderlich hoch einschätzte. Er nahm ihr Geld, und damit hatte es sich. Diese Bombe war ein Meisterstück gewesen, dachte er und fragte sich nun, weshalb es eigentlich nicht die CIA gewesen sein konnte. Nein, vom Töten verstanden diese Leute nicht viel. Über die Tatsache, daß er beinahe mit umgekommen wäre, war Cortez weniger empört, als man hätte annehmen sollen. Immerhin waren verdeckte Operationen sein Geschäft, und er kannte die Risiken. Außerdem wäre er das Hauptziel dieses eleganten Plans gewesen, würde er jetzt wohl kaum Gelegenheit haben, ihn zu analysieren. Wie auch immer, die Eliminierung von Untiveros, Wagner, Fernandez und d´Alejandro bedeutete vier freie Plätze an der Kartellspitze und vier Männer mit Macht und Prestige weniger, die ihm im Weg stehen konnten, falls er… Falls es soweit kommt, sagte er sich. Warum eigentlich nicht? Das mindeste war ein Sitz am Tisch. Vielleicht sogar mehr. Doch nun hatte er seine Arbeit zu tun und ein »Verbrechen« aufzuklären.
Als er wieder in Medellin eintraf, waren die beiden Überlebenden aus Untiveros’ Haus verarztet und bereit zum Verhör, zusammen mit sechs Bediensteten aus dem Stadthaus des toten Drogenbarons. Alle waren mit Handschellen an Stühle gefesselt.
»Wer von euch wußte über das Treffen gestern abend Bescheid?« fragte er freundlich. Nicken. Sie hatten es natürlich alle gewußt. Untiveros war gesprächig gewesen, und Dienstboten sind unweigerlich gute Lauscher.
»Nun gut. Wer von euch hat es weitergesagt, und wem?« fragte er weiter. »Niemand verläßt den Raum, bis ich das weiß.«
Zur Antwort bekam er eine Flut von Unschuldsbeteuerungen. Damit hatte er gerechnet. Die meisten stimmten auch. Das wußte Cortez ebenfalls. Zu schade.
Felix schaute einen Wächter an und wies auf ein Mädchen am linken Ende der Stuhlreihe. »Fangen wir mit ihr an.«
Gouverneur Fowler verließ die Hotelsuite mit dem Bewußtsein, daß das Ziel, dem er die letzten drei Jahre seines Lebens gewidmet hatte, nun in Reichweite lag. Ein Kongreßabgeordneter aus Kentucky hatte seine an ihn gebundenen Delegierten gegen einen Kabinettsposten eingetauscht und Fowler damit eine sichere Mehrheit verschafft.
Nun stand der Gouverneur vor den Fernsehkameras und gab sechs Minuten lang Worthülsen und Leerformeln von sich. Es habe einen »interessanten Meinungsaustausch« über »große Fragen, die unser Land bewegen« gegeben; er und der Kongreßabgeordnete »stünden vereint in dem Wunsch nach einem Neubeginn an der Spitze« des Landes. Dann kamen die Fragen der Reporter. Von den ersten war Fowler überrascht. Die Scheinwerfer und Blitze blendeten ihn so, daß er nicht sehen konnte, wer sie gestellt hatte, aber er glaubte, daß der Frager von einer großen überregionalen Zeitung kam.
»Gouverneur, Berichten aus Kolumbien zufolge wurde ein wichtiges Mitglied des Medellin-Kartells zusammen mit seiner Familie bei einem Sprengstoffanschlag getötet. Dies folgte knapp auf das Attentat, bei dem der Direktor des FBI und unser Botschafter in Kolumbien ums Leben kamen. Haben Sie einen Kommentar?«
»Wegen des Treffens mit dem Kongreßabgeordneten bekam ich heute vormittag leider keine Gelegenheit, mir die Nachrichten anzusehen. Worauf wollen Sie
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