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06 - Der Schattenkrieg

06 - Der Schattenkrieg

Titel: 06 - Der Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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sich seine durch Zukneifen eines Auges zu bewahren, wie man es ihm beigebracht hatte, mußte aber feststellen, daß das nicht funktionierte. Im Wald blitzten helle, zylindrische Flammen auf, die die rennenden Männer wie Blinklichter illuminierten. Die Leuchtspurgeschosse der MG erfaßten Menschen, Leuchtspurgeschosse aus Gewehren hingegen bedeuteten, daß das Magazin fast leer war. Ein Getöse wie dieses hatte Chavez noch nie gehört: das Rattern der M-16, die langsame Schußfolge der AK-47, gebrüllte Befehle, Schmerzens-, Wut- und Todesschreie.
»Lauft!« rief Captain Ramirez. Wieder setzten sie sich in Paaren ab oder versuchten es zumindest. Zwei Männer des Zuges waren bei dem Feuerwechsel getroffen worden. Chavez stolperte über einen Verwundeten, der sich kriechend zu entfernen versuchte. Er warf sich den Mann über die Schultern und stürmte bergauf. Der Verwundete es war Ingeles starb am Sammelpunkt. Zur Trauer war keine Zeit; die unbenutzten Magazine des Toten wurden verteilt. Während Captain Ramirez bemüht war, wieder Ordnung in die Einheit zu bringen, waren von unten Schüsse und Schreie zu hören. Nur noch ein Mann schaffte es zum Sammelpunkt. Team MESSER hatte zwei Tote und einen Schwerverwundeten zu beklagen. Olivero kümmerte sich um den Mann und brachte ihn zum Verwundeten-Sammelpunkt in der Nähe der LZ. Binnen fünfzehn Minuten hatten sie weitere zwanzig Gegner ausgeschaltet, aber auch dreißig Prozent ihrer Stärke verloren. Hätte Captain Ramirez Zeit zum Nachdenken gehabt, so hätte er erkannt, daß er trotz seines taktischen Geschicks nicht gewinnen konnte. Doch zum Denken kam er nicht.
Die Männer von BANNER wehrten mit mehreren Feuerstößen eine andere Gruppe von Feinden ab, aber einer von ihnen fiel beim Rückzug. Die nächste Verteidigungslinie war vierhundert Meter entfernt. Sie war dichter als die zweite und ihrer letzten Verteidigungsposition unangenehm nahe. Zeit, die letzte Karte auszuspielen.
Wieder besetzte der Feind geräumtes Terrain und wußte noch immer nicht, welche Verluste er diesen bösen Geistern zugefügt hatte, die jäh aus der Dunkelheit auftauchten, töteten, und dann wieder verschwanden. Zwei Anführer waren gefallen. Nun machten die Kolumbianer halt, um sich umzugruppieren, während die überlebenden Führer sich berieten.
Bei den Amerikanern sah es ähnlich aus. Nachdem die Gefallenen identifiziert waren, glich Ramirez die Verluste durch Veränderung der Aufstellung aus und war insgeheim froh, daß zur Trauer keine Zeit war, daß er sich auf das anstehende Problem konzentrieren mußte. Der Hubschrauber kam also nicht rechtzeitig. Oder vielleicht doch? Kam es darauf an? Was war überhaupt noch wichtig? Nun mußte er den Feind weiter schwächen, wenn ein Fluchtversuch eine annehmbare Erfolgschance haben sollte. Ramirez hatte seine Explosivwaffen in Reserve gehalten. Bisher hatte kein Mann eine Granate abgeschossen oder geworfen, und die Schützenlöcher dieser Stellung waren mit Minen geschützt.
»Worauf wartet ihr?« rief Ramirez. »Los, kommt doch, wir sind mit euch noch nicht fertig! Erst legen wir euch um, und dann ficken wir eure Weiber!«
»Quatsch, die haben gar keine Weiber«, brüllte Vega. »Die treiben es miteinander. Auf, ihr Arschficker, Zeit zum Sterben!«
Und dann kamen sie. Wie ein Puncher, der unbarmherzig auf einen Boxer losgeht und ihn gegen die Seile drängt, wurde der Feind von seiner Wut vorangetrieben, von den höhnischen Stimmen angezogen. Doch die Gegner hatten aus der Erfahrung gelernt. Sie gingen nun behutsamer vor, suchten hinter Bäumen Deckung, gaben sich gegenseitig Feuerschutz und zwangen die Verteidiger mit Feuerstößen, in Deckung zu bleiben.
    »Da drüben im Süden ist etwas los«, meinte Larson. »Sehen Sie die Blitze? In zwei Uhr am Hang.« »Ich sehe es.« Sie hatten seit zwei Stunden erfolglos versucht, mit Team BANNER Kontakt aufzunehmen. Clark verließ das Gebiet nur ungern, hatte aber keine andere Wahl. Wenn das Team dort in ein Feuergefecht verwickelt war, mußten sie näher heranfliegen, denn die Reichweite der kleinen Funkgeräte betrug weniger als zehn Meilen.
»Drücken Sie drauf«, wies er den Piloten an. Larson fuhr die Klappen ein und schob die Leistungshebel nach vorne.
    Man bildete einen Feuersack. Der Begriff stammte aus dem Sprachgebrauch der Roten Armee und beschrieb die Funktion dieses taktischen Arrangements perfekt. Der Zug war in einem weiten Halbkreis in Stellung gegangen. Jeder Mann stand in seinem Loch.

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